Japan-Tag Das Fest der Verwandlungskünstler

Düsseldorf · Beim Japan-Tag machten bunt verkleidete Manga-Fans einen großen Teil der Besucher aus. Aufwändige Kostüme und viel Make-Up sind für die so genannten Cosplayer aber nicht nur Verkleidung, sondern machen für sie die Zugehörigkeit zu einer ständig wachsenden popkulturellen Szene aus.

Mädchen in bunten, aufwändigen Kleidern mit vielen Rüschen und meist dunklem Make-Up, dazu junge Männer in Kostümen, die aussehen, als wären sie einem Manga entsprungen, einem japanischen Comic also. Ein Taxifahrer blickt skeptisch auf die Szenerie: "Ist das ein Grufti-Treffen?" Dann jedoch stellt sich Erleichterung ein – es sind nur Besucher des Japan-Tags. Denn vor allem am Rheinufer, aber auch in der Innenstadt, prägen an diesem Samstag Hunderte so genannter Cosplayer (Kostümspieler) das Bild des Freundschaftfests.

Die Anhänger der japanischen Popkultur machen einen immer größer werdenden Bestandteil des Japan-Tags aus. Sie stellen entweder Manga-Figuren aus einem japanischen Comic nach oder kleiden sich im Stil japanischer Musiker aus der so genannten Visual-Kei-Szene. "Mir gefällt der Kleidungsstil und die Art, wie sich die Menschen in der Szene schminken", sagt Anna Linkenheil.

Zwei Sicherheitsnadeln sind unter ihrem linken Auge auf schwarz-weißem Make-Up platziert. Es scheint, als habe sie sich die Nadeln tatsächlich durch die Haut gestochen. "Die sind nur angeklebt – das würde dann doch viel zu weh tun", erklärt die 16-Jährige verwunderten Betrachtern. Ihr schwarzes Kleid, das dunkle Make-Up und die gefärbten Kontaktlinsen sollen sie als "Gothic-Lolita" ausweisen – ein beliebtes Motiv.

Eintauchen in eine andere Welt

Seit knapp einem Jahr gehört sie der Visual-Kei-Szene an, die auf der japanischen Musikszene fußt und sich durch auffällige Kleidung ausdrückt. Mittlerweile findet sie auch bei deutschen Jugendlichen immer mehr Zuspruch. "Ich lese gerne Mangas und habe dann im Internet japanische Rockmusik für mich entdeckt. So bin ich an diese Szene gekommen", sagt Tanja Höftmann (18). Für sie ist der Japan-Tag eine Möglichkeit, sich mit Freunden zu treffen und ihrem Hobby nachzugehen.

Das Schminken, Verkleiden und Eintauchen in eine andere Welt ist für die beiden genau so ein Hobby wie das Interesse für die japanische Kultur generell. "Und hier kann man das ausleben, ohne belächelt zu werden", sagt Linkenheil, die sich in der Szene Yu-ki nennt, was übersetzt Schnee bedeutet.

An diversen Ständen können die Cosplayer durch eine große Auswahl neuer Kostüme, Accessoires und auch Mangas stöbern. Vor allem die Kostüme stehen im Vordergrund: Bei einer Modenschau werden die ausgefallensten Kreationen sogar mit einem Flugticket nach Japan belohnt. "Ich habe an meinem Kostüm fast vier Tage ohne Unterbrechung gearbeitet. Alles ist selbstgenäht und bemalt", sagt Stefanie P. Sie trägt ein schwarzes, mit Rosen geschmücktes Rüschenkleid und eine pinkfarbene Perücke. Im vergangenen Jahr hat sie schon einmal an der Modenschau teilgenommen und wurde Zweite. Doch auch in diesem Jahr hat sie kein Glück, denn das Ticket nach Japan gewinnt Sandra Müller (20), die die Sängerin Jasmin-You der japanischen Gruppe Versailles darstellt.

Dass sie wegen ihrer auffälligen Kostüme von vielen Besuchern fotografiert werden, freut die Visual-Keis. "Die Aufmerksamkeit ist toll. Und es ist schön zu sehen, dass es besonders den Japanern gefällt, dass wir uns ihrer Kultur annähern", sagt Anna Linkheil – und posiert schon für das nächste Foto.

Mangas, Animes und Co.

Die meisten so genannten "Cosplayer" – Costume Play bedeutet Kostümspiel – sind über japanische Comics oder japanische Musik zu dem Verkleidungstrend gekommen, der seinen Ursprung in den 1980-er Jahren in Japan hat.

Mangas Aus Japan stammende Comics werden Mangas genannt. Anders als westliche Comics werden sie von hinten gelesen und weisen einen bestimmten Zeichnungs-Stil auf. Durch animierte Mangas (so genannte Animes) wie "Dragonball" oder "Sailor Moon" gelang den japanischen Comics um die Jahrtausendwende der Durchbruch auch in Deutschland. Anders als westliche Zeichentrickserien sind Animes nicht auf ein junges Publikum ausgerichtet, sondern behandeln ein breites Themenspektrum für viele Altersstufen.

Visual Kei Cosplayer, die sich nicht wie Figuren aus Animes oder Mangas kleiden, gehören meist der Visual-Kei-Szene an. Der Name setzt sich aus dem englischen Wort "visual" (visuell, optisch) und dem japanischen Wort "Kei" (Herkunft, Clique) zusammen. Mitglieder dieser Szene kleiden sich wie ihre Lieblingsmusiker, die sich durch optisch auffällige Kleidung – etwa extreme Frisuren – in Verbindung mit ihrer Musik einen Namen gemacht haben. Die meisten Visual-Kei-Musiker gehören in Japan einer musikalischen Subkultur an, bilden im internationalen Musikgeschäft jedoch eine der bekanntesten Formen japanischer Populärmusik.

(RP)
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