C&A-Deutschlandchef Carsten Horn „Sogar meine Töchter kaufen mittlerweile bei uns“

Interview | Düsseldorf · Der neue Deutschlandchef des Düsseldorfer Modehändlers C&A, Carsten Horn, über Modernisierung, das neue Laden-Konzept – und die Rückkehr von XL.

 C&A-Deutschlandchef Carsten Horn an der Schadowstraße: Außer der Uhr hat er sein komplettes Outfit beim neuen Arbeitgeber gekauft – für unter 250 Euro. „Und das ist preislich schon High-End bei uns.“

C&A-Deutschlandchef Carsten Horn an der Schadowstraße: Außer der Uhr hat er sein komplettes Outfit beim neuen Arbeitgeber gekauft – für unter 250 Euro. „Und das ist preislich schon High-End bei uns.“

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Im Düsseldorfer C&A-Hauptquartier arbeiten im Augenblick 1500 Menschen. Deutschlandchef Carsten Horn ist im August angetreten. Wir treffen ihn zum ersten Interview in der Filiale an der Schadowstraße.

Herr Horn, Hand aufs Herz: Waren Sie vor Ihrem Jobwechsel Kunde bei C&A?

Carsten Horn Nein.

Warum sollte man als modischer Mensch dort hingehen?

Horn Mittlerweile finde ich bei jedem Ladenbesuch drei oder vier Teile. Denn ich bekomme schicke Sachen in guter Qualität, unsere Baumwolle ist zertifiziert – und all das gibt’s zu einem guten Preis.

Hat sich das denn auch in der Fußgängerzone rumgesprochen?

Horn Wir werden als modischer wahrgenommen, das ist messbar.

An welchen Wettbewerbern messen Sie sich?

Horn Mit unserem Sortiment für die ganze Familie stehen wir neben Playern wie H&M oder Zara…

…die aber eine viel jüngere Kundschaft ansprechen und auf sozialen Medien wie Instagram deutlich mehr Reichweite haben als C&A.

Horn Was die Marktanteile im deutschen Bekleidungsmarkt betrifft, waren wir 2022 bei Männern Marktführer, bei Frauen und Kindern auf Platz zwei. Mit unserer Marke Clockhouse erreichen wir Jugendliche, weil das Design cool ist. Und für moderne Menschen, die sich für den Alltag, für die Arbeit oder fürs Ausgehen ankleiden wollen, haben wir ein breites Angebot.

Wer zu breit aufgestellt ist, bekommt Probleme: 2023 haben knapp 100 Modehändler in Deutschland Insolvenz angemeldet, darunter große Namen wie P&C.

Horn Von der derzeitigen Krise sind vor allem Multimarken-Anbieter betroffen. Wir dagegen steuern Design, Produktion, Lieferung und Verkauf selbst. Außerdem gibt es noch eine Sache, die mich überzeugt hat, zu C&A zu gehen: Wir sind in einem Transformationsprozess, der die Marke wirklich verändert.

Die Transformation ist nötig, weil das Unternehmen vor Jahren in die Krise kam: sinkende Umsätze, zu geringer Online-Anteil, Filialen an unattraktiven Standorten. Was hat Sie gereizt, jetzt einzusteigen?

Horn Schauen Sie sich meine vorherige Führungserfahrung an: Nordsee war kein Süßwasser-Teich, Cinemaxx ist mit der Netflix-Konkurrenz sicher kein Selbstläufer, die Herausforderungen bei Tchibo muss ich Ihnen nicht erklären. Das alles sind tolle und bekannte Marken, die Veränderung brauchen. Und genau das mag ich. C&A ist ikonisch, das Logo hat einen unfassbaren Wiedererkennungswert. Das Management-Team ist eines der professionellsten und internationalsten, mit denen ich je zusammengearbeitet habe. Die wollen den Wandel wirklich.

Wie weit ist C&A auf dem Weg der Veränderung?

Horn Wir haben zwei Drittel unserer 1300 Läden in Europa modernisiert. Das Sortiment ist spitzer geworden. Und wir werden auf allen Verkaufskanälen größer. Seitdem ich hier bin, beschäftige ich mich nur mit Wachstum.

Aktuell hat C&A 394 Läden in Deutschland, vor Corona waren es noch zehn Prozent mehr. Wie viele neue Standorte wollen Sie hierzulande neu eröffnen?

Horn Wir wollen in Europa in den nächsten drei Jahren 100 neue Filialen eröffnen. Entscheidend sind die richtigen Immobilien in großen Städten: In Hamburg, Berlin und Ostdeutschland zum Beispiel gibt es noch Potenzial für uns.

Wie groß ist Ihr Budget für das Wachstum in Deutschland?

Horn Darüber darf ich nicht mit Ihnen sprechen. Aber allein in den vergangenen Monaten haben wir ja schon in Städten wie Hamburg, Heilbronn und Singen neu oder wiedereröffnet. Daran sehen Sie die Dynamik.

Planen Sie Neues für Ihre Läden an der Schadowstraße und in den Düsseldorf Arcaden?

Horn Aktuell nicht. Das Geschäft an der Schadowstraße haben wir zwischen 2021 und Frühjahr 2023 schrittweise modernisiert, das ist erst mal abgeschlossen.

Sind Ihre Umsätze denn schon wieder auf Vor-Corona-Niveau?

Horn Wir sind auf einem guten Weg. Aber ehrlicherweise messen wir uns gar nicht so sehr mit 2019. Denn das war ein völlig anderes Geschäft, mit der teilweisen Tendenz zu Discounter-Preisen, breiterem Sortiment und mehr Marken als heute.

Musste vor dem Wachstum also zunächst eine Diät kommen? Auch der Laden an der Schadowstraße ist ja im Vergleich zu früher um eine Etage geschrumpft.

Horn Wir haben die Marke gestärkt und geschaut, was die Kunden bei uns suchen. Sie wollen sich nicht über sechs Etagen in Textilmassen bewegen, sondern beim Einkauf inspiriert werden und neue Outfits entdecken. Weniger Masse auf Kleiderständern, mehr Bühne für Mode: Das ist das neue Konzept in den Läden.

An welche Zielgruppen richtet sich das neue C&A?

Horn An alle, die gut aussehen wollen und dabei aufs Preis-Leistungs-Verhältnis achten. Ich habe vier Töchter, ab 25 aufwärts – auch die fangen jetzt an, begeistert bei C&A einzukaufen.

Weil der Papa da arbeitet.

Horn Weil sie sich damit beschäftigen. Meine Frau zum Beispiel ist schon länger Kundin, aber da spricht man eben kaum drüber. Wenn Sie sich unsere Läden anschauen, finden Sie die volle Bandbreite an der Kasse: ältere Kunden mit Sechserpacks Socken genauso wie Menschen, die man vielleicht eher in einer Oberkasseler Boutique erwarten würde – und die bei uns Kaschmir-Pullis kaufen. Idealerweise erwischen wir beide: Bedarfs- und Inspirationskunden.

Besteht denn bei aller Modernisierung nicht auch das Risiko, die Stammkundschaft zu überfordern? So hat C&A im Jahr 2022 entschieden, Übergröße-Kollektionen aus dem stationären Sortiment zu nehmen. Nach heftigem Protest der Kundschaft kehrt der XL-Bereich jetzt wieder in die Läden zurück.

Horn In jeder Transformation ist die Herausforderung, eine Brücke von der Vergangenheit in die Zukunft zu bauen. Manchmal funktioniert das fantastisch, manchmal noch nicht – so wie bei Ihrem Beispiel. Weil wir wahrnehmen, was uns Kunden und Mitarbeiter spiegeln, können wir schnell darauf reagieren.

Angenommen, wir würden in drei Jahren erneut sprechen; worauf wollen Sie als C&A-Deutschlandchef stolz sein?

Horn Dass Sie Ihre neue Jacke bei uns gekauft haben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort