Markus Beumer Commerzbank baut 147 Stellen ab

Düsseldorf · Der Firmenkundenvorstand des Instituts, Markus Beumer, kündigt den Abbau von 147 Vollzeitstellen in der Region bis 2016 an. Die 78 Filial-Standorte in der Region, davon 25 im Düsseldorfer Stadtgebiet, sollen aber erhalten bleiben.

 Commerzbank-Firmenkundenvorstand Markus Beumer sieht die Region Düsseldorf als wichtigsten Mittelstandsmarkt Deutschlands.

Commerzbank-Firmenkundenvorstand Markus Beumer sieht die Region Düsseldorf als wichtigsten Mittelstandsmarkt Deutschlands.

Foto: Bretz

Herr Beumer, die Commerzbank steht vor einem großen Stellenabbau. Wie viele Mitarbeiter werden in Düsseldorf betroffen sein?

BEUMER In der Düsseldorfer Region baut die Commerzbank bis zum Jahr 2016 insgesamt 147 Vollzeitstellen ab. Unser Ziel ist es, den Stellenabbau ohne betriebsbedingte Beendigungskündigungen zu realisieren. Aktuell haben wir hier knapp 1700 Mitarbeiter in Voll- und Teilzeit. Das von mir verantwortete Firmenkunden- und Großkundengeschäft ist vom Stellenabbau allerdings nicht betroffen.

Ist ein so massiver erneuter Stellenabbau das richtige Signal an Kunden und Mitarbeiter?

BEUMER Wir müssen die Commerzbank an veränderte Rahmenbedingungen anpassen. Immer weniger Kunden trennen zwischen Filiale und Direktbank. Die Filiale ist und bleibt erster Ansprechpartner bei der Beratung. Die Verwaltung des eigenen Kontos dagegen wird immer öfter online erledigt. Diesen Veränderungen tragen wir Rechnung, indem wir gleichzeitig in das Filialnetz und in das Online-Angebot investieren. Wir haben gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern einen Weg gefunden, auf der Kostenseite deutliche Einsparungen vorzunehmen. Durch die Investitionen sichern wir unsere Wettbewerbsfähigkeit und Ertragskraft ab.

Werden im Zuge des Stellenabbaus auch Niederlassungen in Düsseldorf oder der Region geschlossen?

BEUMER Nein, keinesfalls. Das schließen wir zum jetzigen Zeitpunkt aus. Unsere 78 Filialstandorte in der Region bleiben erhalten. 25 davon liegen im Düsseldorfer Stadtgebiet. Es wäre das vollkommen falsche Signal, sich jetzt aus der Fläche zurückzuziehen. Wir pilotieren im Privatkundengeschäft allerdings neue Filialmodelle, denn nicht überall muss jede Beratungsleistung vorgehalten werden. Übrigens: Die vieldiskutierten angeblichen Standortschließungen der vergangenen Jahre waren ja eigentlich keine. Durch die Übernahme der Dresdner Bank lagen an vielen Orten zwei Niederlassungen der Commerzbank in unmittelbarer Nachbarschaft oder an derselben Straße. Das machte natürlich keinen Sinn. Diese Filialen wurden sukzessive zusammengelegt.

Sie sind Vorstand der Gesamtbank in der Zentrale in Frankfurt. Wie wichtig sind aus Ihrer Sicht noch Standort und Markt in Düsseldorf?

BEUMER Düsseldorf ist für die Commerzbank im Firmenkundengeschäft von zentraler Bedeutung. Die Region ist der wichtigste Mittelstandsmarkt Deutschlands, der höchstens noch mit Frankfurt selbst vergleichbar ist. Hier am Rhein haben wir bei mittelständischen Unternehmen eine Marktreichweite von 60 Prozent. Das ist eine Traumzahl. Der Raum um Düsseldorf ist durch seine Dichte, auch an mittelständischen Unternehmen, einmalig und nicht mit anderen Regionen– etwa im Süden Deutschlands – vergleichbar.

Die Stadtsparkasse Düsseldorf, einer Ihrer stärksten Wettbewerber vor Ort, hat für das vergangene Jahr die Wertberichtigungen auf Kredite verdoppelt. Haben Sie ähnliche Risiken in den Büchern?

BEUMER Wir mussten unsere Risikovorsorge in Düsseldorf nicht erhöhen. Sie bewegt sich auf einem normalen Niveau. Die Commerzbank in Düsseldorf ist nachhaltig profitabel. Was der ganzen Branche aber zurzeit zusetzt, ist das extrem niedrige Zinsniveau, das Teile der Erträge weg brechen lässt.

Profitieren Sie von der hohen Baunachfrage auch im Firmenkundengeschäft?

BEUMER Aus der gewerblichen Immobilienfinanzierung haben wir uns zurückgezogen, und auch klassisches Bauträgergeschäft betreiben wir nicht. Wenn aber einer unserer Kunden hier eine neue Lagerhalle braucht, dann finanzieren wir diese Investition gerne. Wir beobachten voller Sorge die hohen Leerstände bei Bürogebäuden von zurzeit 12,5 Prozent in Düsseldorf. Bei Wohnimmobilien in bestimmten Lagen, etwa bei Luxusobjekten in Oberkassel, sehe ich sogar Ansätze einer Immobilienblase.

Beobachten Sie eine Abwanderung Ihrer Mittelstandskunden in Länder mit niedrigeren Lohnkosten?

BEUMER Das Problem ist heute nicht mehr so brandaktuell wie vor einigen Jahren. Heute liegt der Schlüssel der regionalen Industrie in den Energiepreisen. Und damit konkurriert der Standort Düsseldorf nicht mit infrastrukturschwachen Schwellenländern, sondern mit anderen Industrieländern, die aber wesentlich geringere Stromkosten haben. Viele orientieren sich nach Frankreich mit seinem billigen Atomstrom. Wir brauchen deshalb schnellstmöglich eine Lösung für das Problem der energieintensiven Industrien in Deutschland. Die deutsche Energiewende gerät ins Stocken.

Seit Jahren wirft der Mittelstand den Kreditinstituten vor, eine Kreditklemme zu verursachen ...

BEUMER Die Kreditklemme ist eine Mär. Das Gegenteil ist der Fall. Im Schnitt sind nur 55 Prozent der Kreditlinien von Firmenkunden ausgeschöpft. Normal wären 70 Prozent. Da ist also noch Luft nach oben. Wir würden sehr gern mehr Kredit geben – aber derzeit ist die Nachfrage eher gering.

Wie wirkt sich die Eurokrise auf Ihre Firmenkunden in der Region aus?

BEUMER Düsseldorfs Mittelständler werden bei Auslandsinvestitionen vorsichtiger, insbesondere die kleineren Firmen. Vor ein paar Jahren wollten noch 20 Prozent der kleinen Mittelständler ins Ausland expandieren, heute sind das nur noch neun Prozent. Diejenigen Firmen, die schon jetzt im Ausland engagiert sind, wollen dieses Geschäft allerdings ausbauen. Und dies ist meiner Ansicht nach der richtige Weg.

IKB und WestLB waren einst Düsseldorfer Finanzinstitute mit Rang und Namen. Die eine gibt es nicht mehr, die andere wird auf eine Minimalgröße geschrumpft. Auch die Börse hat beständig an Umsätzen verloren. Hat Düsseldorf als Finanzstandort verloren?

BEUMER Düsseldorf hatte in den 1970er Jahren seinen Höhepunkt als Bankenstandort. Aber das ist Geschichte. Und das wird auch nicht wiederkommen. Es ist eine Folge der Strukturpolitik mit Frankfurt als dem Finanzzentrum Deutschlands.

Ihr größter Wettbewerber, die Deutsche Bank, baut derzeit ihr Firmenkundengeschäft um und schafft praktisch eine neue Einheit für das Mittelstandsgeschäft, die näher am Gewerbekundengeschäft ist. Das erinnert an Ihr Geschäftsmodell. Ärgert Sie das?

BEUMER (lacht) Nein, keineswegs. Wenn Wettbewerber unser erfolgreiches Geschäftsmodell kopieren, ehrt uns das eher. Ein größeres Kompliment gibt es ja eigentlich nicht. Im Übrigen hat sich auch die HypoVereinsbank ähnlich wie wir aufgestellt. Am Ende erhöht das die Vergleichbarkeit. Wir als Commerzbank haben hier allerdings einen großen Vorsprung und sind nicht umsonst Marktführer.

Die Deutsche Bank zieht mit ihren Verwaltungs-Büros von der Kö in die Gebäude der ehemaligen WestLB. Die Filiale bleibt an der Kö. Sie haben in der Innenstadt gleich zwei riesige Repräsentativbauten. Lohnt das?

BEUMER Grundsätzlich kann es nicht die Kernkompetenz einer Bank sein, Immobilien zu besitzen. Aber wenn Sie darauf abzielen, wir könnten uns von der Kö verabschieden, dann haben Sie sich getäuscht. Die Gebäude an der Kö und der Breite Straße haben eine 124-jährige Tradition. Eine Bank braucht so etwas, das sind Geist und Herz einer Bank. Solche Gebäude sind viel wichtiger als ein hoher Turm in Frankfurt am Main.

THORSTEN BREITKOPF FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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