Angriff auf Helferin in Düsseldorf Clan-Kriminalität - es geht um Macht und Ehre

Düsseldorf · Der Angriff auf eine 49-Jährige in Düsseldorf, die bei einem Unfall Streit schlichten wollte, sorgt für Bestürzung. Die Tatverdächtigen gehören möglicherweise einem Familienclan an. Besonders im Ruhrgebiet und in Köln gibt es viele Clans, die die Polizei nicht akzeptieren.

Zeugin nach Unfall mit Kind in Düsseldorf angegriffen
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Zeugin nach Unfall mit Kind in Düsseldorf angegriffen

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Foto: Gerhard Berger

Noch immer ist das Entsetzen groß über die Brutalität, mit der nach einem Unfall mit einem fünfjährigen Kind in Düsseldorf auf eine eigentlich unbeteiligte Zeugin eingeschlagen worden ist. Die 49-jährige Frau erlitt durch Schläge auf ihren Kopf eine Augenhöhlenfraktur und mehrere Blutergüsse im Gesicht. Bei den beiden Tatverdächtigen handelt es sich laut Polizei um den 54 Jahre alten Großvater und den 31 Jahre alten Vater des Unfallopfers. Den Behörden zufolge sollen die beiden Männer aus Südosteuropa stammen.

Möglicherweise gehören sie einem größeren Familienclan an und sind Armutsflüchtlinge. In NRW sind besonders Duisburg, Dortmund, Gelsenkirchen Essen und Köln von dieser Armutszuwanderung betroffen. Einige Roma-Familien sind miteinander verfeindet. In ihren Heimatländern, wo sie meist in Armut leben, enden Clan-Fehden oft tödlich. In Deutschland müssen sie sich arrangieren, obwohl sie zum Teil Wohnung an Wohnung leben. In Duisburg gibt es zum Beispiel auf einer Straße zwei sogenannte rumänische Sippen mit je einem Oberhaupt: den Clans der Barbulescht und der Cindera. Beide sind eigentlich verfeindet. Wegen des Elends, in dem sie leben, lassen sie ihren Zwist vorübergehend ruhen. In den meisten Roma-Clans herrschen schwerreiche Chefs über bettelarme Untergebene. Die Bosse nutzen dabei die Not ihrer Leute aus, für die es keine Alternative zur Clan-Zugehörigkeit gibt.

Etwas anders verhält es sich bei den kriminellen arabischen Großfamilien, die sich in einigen Ruhrgebietsstädten sowie in Köln ausbreiten und ganze Straßenzüge für sich reklamieren. Bei ihnen geht es laut Polizei nur um Macht und Geld. Sie gehen brutal und rücksichtslos vor, um ihre Interessen durchzudrücken. Sie wähnen sich außerhalb von deutschen Gesetzen. Auch bei diesen Clans kommt es gelegentlich zu Massenschlägereien. Dann geht es aber um Interessenskonflikte und die Vorherrschaft im kriminellen Milieu.

Demnach streben Familienclans danach, Plätze und Straßenzüge zu kontrollieren. Sie versuchen, Anwohner und Geschäftsleute einzuschüchtern. Äußerlich erkennbar ist das Phänomen an einem verstärkten Straßen-Drogenhandel, die Anzeichen der kriminellen Strukturen dort sind oft Türsteher oder Shisha-Bars. Die Clans stammen aus dem Libanon, Bulgarien, Rumänien oder bestehen aus Sinti und Roma.

Die Struktur dieser Clans ist laut Polizei streng hierarchisch. Es gibt ein Oberhaupt, oftmals der älteste Sohn, der dafür sorgt, dass alle Familienangehörigen zusammenhalten. Viele der heute als kriminell eingestuften Clanmitglieder kamen in den 70er Jahren als Flüchtlinge aus dem Libanon nach Deutschland. Aus Sicht vieler Experten trug auch eine verfehlte Integrationspolitik dazu bei, dass sie sich von Anfang an vom Rechtssystem abwandten. Ihr großer Zusammenhalt sorgt dafür, dass es der Polizei enorm schwer fällt, ihnen Straftaten nachzuweisen. Auch verdeckte Ermittler könnten in diese Familien nicht eingeschleust werden.

Ein einheitliches polizeiliches Lagebild über die Strukturen und Vernetzungen der Clans gibt es in NRW bislang nicht.

(csh)
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