Events in Düsseldorf Schminken muss sich jeder selbst

Ab 18. Dezember gastiert der Cirque du Soleil in Gerresheim. Die RP warf beim Gastspiel in Den Haag einen Blick hinter die Kulissen.

 Die Anfangsszene von „Totem“: Als Frösche verkleidete Artisten turnen an einer Reck-Konstruktion, die dem Skelett einer Schildkröte nachempfunden ist.

Die Anfangsszene von „Totem“: Als Frösche verkleidete Artisten turnen an einer Reck-Konstruktion, die dem Skelett einer Schildkröte nachempfunden ist.

Foto: ©OSAIMAGES/Matt Beard

78 Trucks werden bald das alte Glashüttengelände in Gerresheim ansteuern. Dort wird der Cirque du Soleil sein Programm „Totem“ zeigen – vom 18. Dezember bis 2. Februar, mindestens. Denn schon jetzt sei die Nachfrage nach Karten so groß, dass sich eine Verlängerung über die ursprünglich angepeilten vier Wochen hinaus geradezu aufdränge, heißt es vom Veranstalter.

Der kanadische Zirkus braucht viel Platz für sein Grand Chapiteau, das riesige weiße Zelt für mehr als 2000 Zuschauer, für die insgesamt 120 Mitarbeiter aus 28 Nationen, darunter 48 Artisten, die Technik, die Küche, für alles drumherum. Denn der Cirque du Soleil ist wie ein kleine Stadt, auch wenn die Artisten selbst schon längst nicht mehr in Wohnwagen hausen, sondern in Hotels übernachten. Nachdem die Kanadier bei den letzten Gastspielen in Düsseldorf immer das halbfertige Grafental-Gelände benutzt hatten, war es nur logisch, nun nach Gerresheim zu kommen. Die Fläche liegt brach, das dort geplante Glasmacherviertel lässt seit vielen Jahren auf sich warten. Acht Tage wird der Aufbau, nur zwei der Abbau dauern.

 Immer und immer wieder proben die jungen Chinesinnen ihre Nummer hinter den Kulissen.

Immer und immer wieder proben die jungen Chinesinnen ihre Nummer hinter den Kulissen.

Foto: Marc Ingel

Das Leben zwischen den Vorstellungen spielt sich vor allem im hell erleuchteten Trainingszelt ab. An einer Wand hängt ein Zettel, auf dem die Namen aller Artisten stehen, jeder, der kommt, muss dort einen Haken hinter seinen Namen setzen – der Cirque du Soleil ist letztlich auch nur ein Arbeitgeber. Für sechs Wochen wird jeder auserwählte Artist vor Arbeitsbeginn nach Montreal geschickt, erzählt Pressechef Olivier Fillion Boutin, dort wird er in seinen Job eingewiesen, und dort lernt er auch, wie man sich selbst schminkt. Das im Vorfeld jeder Show zu erledigen, wird von den Künstlern erwartet.

 Mit solch exotischem Kopfschmuck müssen die Artisten Hochleistungssport betreiben.

Mit solch exotischem Kopfschmuck müssen die Artisten Hochleistungssport betreiben.

Foto: Marc Ingel

„Totem“ heißt das Programm, das in Düsseldorf gezeigt wird. Es erzählt von der Entwicklung des Menschen – von seinen amphibischen Ursprüngen, über den neuzeitlichen Traum vom Fliegen bis hin zum Zustand eines Workaholic mit Handy am Ohr, wobei die Indianer-Völker besonders berücksichtigt werden. Das klingt schon so, als sei dieser Anspruch nicht ohne viele außergewöhnliche Kostüme zu erfüllen, und genauso ist es auch. In 300 verschiedene, speziell in Montreal angefertigte Roben schlüpfen die Künstler, die größtenteils aus dem Hochleistungssport zu dem Zirkus gestoßen sind. Damit diese wie eine zweite Haut passen, wird von jedem Artisten ein Bodyscan gemacht, erzählt Boutin, zumal immer damit gerechnet werden muss, dass Mann oder Frau durch das intensive Training an Gewicht verlieren.

 Schön aufgereiht liegen die Affenmasken zur Anprobe bereit.

Schön aufgereiht liegen die Affenmasken zur Anprobe bereit.

Foto: Marc Ingel

Die Faszination am Cirque du Soleil ist von vielen Faktoren abhängig. Natürlich lebt die Show von den einzelnen Künstlern, der Choreografie, den Kostümen, aber auch die Kulissen, die aufwändige Bühnentechnik sind von entscheidender Bedeutung. „Es gibt jeden Tag eine Inspektion. Das Risiko ist immer da, aber wir versuchen es zu minimieren“, sagt Franck Hanselman, Company Manager. Und dann ist da noch die Musik, die stets live gespielt wird, größtenteils hinter, zum Teil aber auch auf der Bühne. Nur der Schlagzeuger muss in einer kleinen Kabine mit Videoscreen Platz nehmen und sich dort austoben, die Vibrationen würden dann doch zu sehr stören auf der Bühne.

Aliaksei Liubezny, Anatoli Baravikou und Aliaksei Buiniakou gestalten die Schlussnummer bei „Totem“. Auf dem „Russian Bar“, eine Art Schwebebalken aus Gummi, hüpfen die Weißrussen bis unter die Zeltdecke und vollführen dabei noch diverse Salti und Schrauben. Das Trio kommt aus der Sportakrobatik, seit sechs Jahren sind die Artisten beim Cirque du Soleil, „da wird diese Nummer zur Routine. Dennoch: Ohne diszipliniertes Training stürzt du irgendwann ab“, sagt Aliaksei Liubezny. Nebenan trainieren fünf junge Chinesinnen unentwegt ihre Nummer. Mit dem Fuß kicken sie sich oder ihrem Gegenüber unentwegt Schalen auf den Kopf, meist rückwärts, in der Vorstellung werden sie das dann noch auf dem Einrad zelebrieren – nicht eine Schale wird herunterfallen.

Nicolas Pires wird sich in der Show lange Zeit zurückhalten, scheint eher dafür da zu sein, den frechen Clown zur Räson zu rufen. Bis er seine Diabolos herausholt und damit unfassbar rasante Kunststücke zeigt. „Das ist weit mehr nur als Werfen und Fangen, du wirst eins mit dem Diabolo“, sagt der Franzose, der wie so viele der Künstler beim Cirque du Soleil keine Familie hat. „Das kommt bestimmt noch, irgendwann“, erzählt der 33-Jährige. „Aber momentan ist der Zirkus meine Familie.“

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