Düsseldorf Carlsplatz: Streit um "Rentenvertrag"

Düsseldorf · Händler sind erbost über frühe Vertragsverlängerung des alten Geschäftsführers. Ein erneuter Prozess ist nicht ausgeschlossen.

 Die Gastronomie am Rande des Carlsplatzes: Viele Kunden nutzen das deftige Angebot gern, um sich zu stärken.

Die Gastronomie am Rande des Carlsplatzes: Viele Kunden nutzen das deftige Angebot gern, um sich zu stärken.

Foto: Andreas Bretz

Es brodelt auf dem Carlsplatz: Unzufrieden sind vor allem jene Händler, die seit Jahren zur Kasse gebeten werden, aber nicht im Verein der Markthändler mitreden dürfen. 22 von ihnen haben, wie die RP berichtete, jetzt einen kollektiven Antrag auf Aufnahme gestellt und einen Anwalt eingeschaltet. "Wer die Pflichten erfüllt, sollte auch die gleichen Rechte haben", sagt beispielsweise Roswitha Schatz, die Bürsten und Holzwaren verkauft.

Wodurch wurde der "Aufstand" aufgelöst? Hauptursache ist ein verloren gegangener Prozess, der noch immer für großen Unfrieden sorgt. Fast 130 000 Euro hat der ehemalige Carlsplatz-Geschäftsführer Peter Latzen vom Markt eingeklagt. Ihm fehlte das richtige Händchen im Umgang mit den Händlern. Als sich das Klima immer weiter verschlechterte, setzte ihn Vereinsvorstand Bernd Beilstein kurzerhand im September 2009 vor die Tür. "Das musste ich tun, die Stimmung war explosiv. An Verträge oder negative finanzielle Folgen habe ich dabei nicht gedacht", sagt Beilstein im RP-Gespräch.

Als kurz darauf die Markthändler zur Versammlung kamen, wussten sie nicht, was erst viel später die Runde machen sollte: Einige Monate vor der Kündigung, genauer zu Jahresbeginn 2009, hatte Beilstein den Vertrag mit dem umstrittenen Latzen verlängert. Unterschrieben hatte auch der mittlerweile verstorbene zweite Vereinsvorstand. Das Ganze fast zwei Jahre vor Auslaufen des Vertrags. So konnte Latzen Ansprüche nicht nur bis Ende 2010, sondern sogar bis Ende 2013 geltend machen. Dadurch verdoppelte sich die Streitsumme nahezu.

Viele empfinden Betrag und Umstände dieser Vertragsverlängerung als skandalös, eine Händlerin hat brieflich verlangt, die Haftungsfrage des "Rentenvertrags" zu klären. "Wer unterschreibt, haftet", sagt sie, "auf mich entfielen hier auf einen Schlag 3000 Euro. Warum soll ich das zahlen?" Geschmäckle kommt auch durch eine Personalie ins Spiel. "Ja, es stimmt", bestätigt Beilstein, "bei mir arbeitet die ehemalige Lebensgefährtin von Peter Latzen als Aushilfe." Beilstein ist aber bei allem Zwist von Latzen überzeugt, würde ihn am liebsten zurückholen, wohl wissend, dass er mit dieser Position ziemlich isoliert dasteht.

Die Frage ist nun, ob der Streit um den alten Geschäftsführer zu einem Prozess mit dessen Nachfolger führt. Der heißt Dieter Deimel, ist Jurist, und wirft Beilstein vor, dass er die Vertragsverlängerung für sich behalten habe und diese erst im Prozess herausgekommen sei. Das hat er schriftlich dargelegt. Beilstein behauptet das Gegenteil und nennt als Beweis dafür ein Einschreiben mit Rückschein.

Der Carlsplatz ein Tollhaus? Zumindest wird mit Haken und Ösen gegeneinander gekämpft. Wolfgang Harste, der bekannte "Pfannenmann" des Marktes, hat sich an die Spitze der Händler gestellt, die in den Verein aufgenommen werden wollen. Nun hat man ihm die Schlüssel fürs Carlsplatz-Büro abgenommen und zudem die Regelung aufgekündigt, dass er sich um die Zufahrten auf den Markt kümmert. 100 Euro Mietnachlass gibt es deswegen ab Oktober auch nicht mehr.

Immerhin will der mächtige Vorsitzende des Beirats, Heiner Röckrath, die Zweiklassengesellschaft auf dem Carlsplatz beenden. Im Gespräch ist eine Einmalzahlung von 7500 Euro, mit der die 22 Antragsteller in den Kreis der Händler aufgenommen werden könnten.

(RP/EW/ila)
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