Düsseldorf Bürgerstiftung fördert junge Migranten

Düsseldorf · Ein Start-Stipendium erhalten sozial engagierte Jugendliche aus Zuwandererfamilien mit geringem Einkommen.

 Suzanne Oetker-von Franquet (M.) mit den Stipendiaten Kevin Demir,Anita Atieno Oulo, Marie Thanh Van Nguyen und Yasmina Aoulad-Ali (v.l.)

Suzanne Oetker-von Franquet (M.) mit den Stipendiaten Kevin Demir,Anita Atieno Oulo, Marie Thanh Van Nguyen und Yasmina Aoulad-Ali (v.l.)

Foto: Bernd Schaller

Ihr Vater floh mit einem Schiff aus Vietnam, wurde als einer der "Boat-People" von der Cap Anamur aus dem Pazifischen Ozean gerettet. "Er wollte nicht als Soldat sterben, kam mit der Politik in seiner Heimat nicht klar", erzählt seine Tochter Marie Thanh Vân Nguyen gut drei Jahrzehnte später. Ein weiteres Motiv ihres Vaters: Seinen Kindern sollte es einmal besser gehen.

Die Chancen dafür stehen gut. Tochter Vân (so ihr Rufname), eines von fünf Kindern, geht in die 11. Klasse des Lore-Lorentz-Berufskollegs, absolviert dort einen dualen Bildungsgang. "Ich lerne gestaltungstechnische Assistentin und werde — wenn alles klappt — 2016 mein Abitur machen." Ihr Notenschnitt ist gut, ihr soziales Engagement beachtlich: Streitschlichterin, Schulsanitäterin, Messdienerin, Helferin in der Schulbibliothek.

"Auch deshalb fördern wir Vân mit einem Start-Stipendium", sagt Suzanne Oetker-von Franquet, Vorsitzende der Düsseldorfer Bürgerstiftung, die 5000 Euro pro Jahr und Schüler an die Start-Stiftung weiter überweist. Die fördert bundesweit engagierte und bedürftige Schüler aus Familien mit Migrationshintergrund — ideell und materiell.

Die Auswahl-Kriterien sind streng. "Von zuletzt 500 Bewerbern aus NRW, wurden 100 zum Auswahlgespräch eingeladen, davon erhält maximal die Hälfte eine Zusage", berichtet Oetker-von Franquet. Wer gefördert wird, bekommt jährlich 500 Euro auf sein Start-Konto, plus 100 Euro pro Monat extra. Geld, das unter anderem für Seminare, Theaterbesuche, Bücher oder das Schokoticket ausgegeben wird.

Zu den so Geförderten zählt auch Kevin Demir. Seine Mutter stammt aus Polen, der Vater ist Türke. Kita und die Hälfte der Grundschulzeit verbrachte er in Deutschland. Dann ging es für drei Jahre in die Türkei. Dort war alles anders. "Sobald ein Lehrer das Klassenzimmer betrat, mussten wir aufspringen und laut grüßen." In der sechsten Klasse kehrte Demir, der drei Brüder hat, zurück nach Düsseldorf. "Ich musste mich komplett neu orientieren." Heute besucht der im Jugendrat, einem Debattierclub und der Schülervertretung engagierte Junge die Dieter-Forte-Gesamtschule, wo er 2014 sein Abi machen will. Am Start-Stipendium schätzt er die Rhetorik-Seminare und die Assessment-Center-Trainings, die ihn auf Bewerbungen vorbereiten. "Ich bin heute viel selbstbewusster und kann mich besser ausdrücken", sagt Demir, der im vierten Jahr unterstützt wird und gerne "ins Management möchte".

Sechs Schüler aus Düsseldorf und Umgebung hat die Bürgerstiftung in der Vergangenheit gefördert, fünf sind es aktuell. An der Auswahl der Kandidaten ist Oetker-von Franquet beteiligt. "Mit 25 000 Euro pro Jahr, die wir an die Start-Stiftung weiterreichen, ist dies ein größeres Engagement", sagt die gelernte Pädagogin. Sorgen macht sich die Vorsitzende der Bürgerstiftung um den Anteil der Düssseldorfer an den Start-Stipendiaten. "Der war mal höher", meint sie. Schüler und deren Lehrer ermuntert sie, den Hut in den Ring zu werfen. "Auch wenn es zunächst eine Absage gibt, sollten die Schulen das Projekt nicht einfach links liegen lassen."

Das sehen Anita Atieno Oulo (sie wurde in Kenia geboren) und Yasmina Aoulad-Ali (ihre Eltern stammen aus Marokko) genauso. "Wir werden über Start erstklassig gefördert und erschließen uns ganz neue Perspektiven."

(RP)
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