Arzt-Praxen verpflichten Patienten auf klare Regeln Methadon-Ausgabe beunruhigt Bürger

Düsseldorf · Arztpraxen, die Drogenabhängige mit Ersatz-Präparaten versorgen, bereiten Anwohnern Kopfzerbrechen. Sie klagen über Unrat und Gelage im Umfeld. Mit klaren Regeln versuchen Praxen, mögliche Belästigungen zu vermeiden.

 Sylvia Meinhold ärgert sich über Gelage an ihrer Wohnstraße. Sie und einige Nachbarn glauben, dass die Situation auch mit der Methadon-Ausgabe zu tun hat.

Sylvia Meinhold ärgert sich über Gelage an ihrer Wohnstraße. Sie und einige Nachbarn glauben, dass die Situation auch mit der Methadon-Ausgabe zu tun hat.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Die geplante Schließung der städtischen Methadon-Ambulanz an der Flurstraße verunsichert Bürger, die in der Nähe anderer Ausgabestellen leben. „Therapien für Drogenabhängige sind wichtig, aber das, was sich hier abspielt, macht mir und vielen Nachbarn große Sorgen. Es geht hoch her mit Bier und Schnaps, oft ist es laut bei diesen Gelagen, überall bleibt Unrat liegen, man fühlt sich nicht wohl“, sagt Sylvia Meinhold. Die 70-Jährige wohnt in der Heinz-Schmöle-Straße, nicht weit vom Hauptbahnhof, in einer Eigentumswohnung. Die Seniorin und einige ihrer Nachbarn sind davon überzeugt, dass es jenseits der allgemeinen Probleme rund um den Bahnhof einen Zusammenhang zwischen den Gelagen und der nahe gelegenen Niederlassung der Praxis von Thomas Schappert und Kollegen gibt. Die zählt zu den derzeit acht Standorten, an denen neben der Stadt verschiedene niedergelassene Ärzte harte Drogen, vor allem Heroin, durch Ersatz-Medikamente wie Methadon oder Diamorphin ersetzen („substituieren“). „Wenn die Stadt in wenigen Monaten die Flurstraße schließt, werden die dortigen Patienten auf die Praxen dieser niedergelassenen Ärzte verteilt, dann wird das alles womöglich noch schlimmer“, befürchtet Meinhold.

Mit ihren Ängsten steht die Oberbilkerin nicht alleine da. Massive Beschwerden hatte es unter anderem am Kamper Acker in Holthausen (die dortige Ausgabestelle gibt es nicht mehr) sowie an der Roßstraße in Derendorf gegeben. „Es gab mal zu Beginn unserer Arbeit eine Phase, wo sich dort unmittelbar nach der Ausgabe mehr als 30 Menschen um ein Büdchen herum versammelten und Nachbarn beunruhigt waren“, sagt Christian Plattner, dessen gemeinsam mit Claus Lamprecht betriebene Praxisgemeinschaft knapp 400 Substituierte an drei Standorten (Roß-, Kölner und Bendemannstraße) betreut. Nicht alle aus der auffälligen Gruppe waren Patienten, aber ein Teil eben doch. „Eine klare Ansage mit der Botschaft, wer bei uns betreut werden will, hat im Dunstkreis des Büdchens nichts verloren, zeigte schließlich Wirkung“, sagt Plattner. Allerdings sei das Thema komplex. „Wir sind keine Ordnungsbehörde und wollen es auch nicht sein. Vertrauen ist für uns ein sehr entscheidender Faktor.“

Die Einhaltung von Regeln ist auch Thomas Schappert wichtig. Dass Problem mit der Belästigung rund um die Heinz-Schmöle-Straße ist ihm bekannt. Allerdings geht er nicht davon aus, dass es sich um seine Patienten handelt. Denn Abhängige, die von seinem Team substituiert werden, setzen gleich zu Beginn der Behandlung ihre Unterschrift unter einen Verhaltenskodex. Der legt fest, dass sie sich nach Aushändigung der Medikamente nicht mehr im Umfeld der Ausgabestelle aufhalten. „Wir fragen bei Nachbarn nach, sprechen gezielt Menschen an, die sich auffällig verhalten. Dabei stellen wir fest, dass es sich nicht um unsere Patienten handelt“, sagt Schappert. Außerdem wirke ein Sozialarbeiter der Praxis auf die Substituierten ein, die vereinbarten Regeln zu beachten. „Selbstverständlich kann es keine lückenlose Kontrolle geben. Und das wäre auch nicht unsere Aufgabe“, sagt Thomas Schappert.

Das Ordnungsamt kennt die Sorgen der Bürger. „Gruppen, in denen es laut zugeht und die offen Alkohol konsumieren, verunsichern natürlich – unabhängig davon, ob es sich um Substituierte oder um Menschen handelt, die soziale oder andere Suchtprobleme haben“, sagt Amtsleiter Michael Zimmermann. Einschreiten können seine Kollegen erst, wenn es tatsächlich zu Ordnungswidrigkeiten kommt. Dazu zählten „lautes Gegröle, wilde Müll-Entsorgung auf der Straße, Urinieren im öffentlichen Raum und die Belagerung von Haltestellen ohne Fahrtabsichten“. Denkbar seien in diesen Fällen Platzverweise, eher selten würden Bußgelder verhängt, „weil viele Betroffene diese Strafen ohnehin nicht begleichen können“. Den Rückmeldungen aus seinem Team entnimmt Zimmermann, „dass die Beschwerden im Umfeld von Ausgabestellen eher rückläufig sind“. Genaue Zahlen dazu lägen seinem Amt allerdings nicht vor.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort