Flüchtlinge in Düsseldorf Bürger haben viele Fragen an Geisel

Düsseldorf · Der Oberbürgermeister nahm gestern erstmals an einem Informationsabend zu den geplanten Flüchtlingsheimen im Osten der Stadt teil. Es wurde deutlich: Die Stadt steht unter hohem Zeitdruck.

 Thomas Geisel spricht zu den Bürgern: Die rund 400 Sitzplätze in der Aula des Gymnasiums Am Poth reichten bei weitem nicht aus.

Thomas Geisel spricht zu den Bürgern: Die rund 400 Sitzplätze in der Aula des Gymnasiums Am Poth reichten bei weitem nicht aus.

Foto: Andreas Bretz

Thomas Geisel nimmt sich zu Beginn das Mikrofon, um ein "einleitendes Statement" abzugeben. Dessen Inhalt erfreut nicht alle im Saal. "Das Land soll die Bergische Kaserne bis 2020 als Erstaufnahme nutzen können", berichtet er. Es gibt Unruhe unter den Zuhörern, bislang hieß es, auf dem Gelände könnten ab 2018 Wohnungen entstehen. Geisel versichert, der neue Termin sei sicher: "Auf 2020 besteht die Stadt."

Auch in Bezug auf die beiden Standorte für Wohncontainer an der Bergischen Landstraße hat der Oberbürgermeister nicht die Nachricht mitgebracht, die der protestierende Teil der Anwohner hören will. Grundsätzlich halte die Stadt an der "dezentralen Unterbringung" der Flüchtlinge fest, sagt Geisel. Er meint damit, dass die Unterkünfte über die Stadt verteilt werden. Es gibt Zwischenrufe - Anwohner in Ludenberg haben den Eindruck, dass ihr Stadtteil überproportional beansprucht wird. "Nun hören Sie mir doch mal zu", sagt Geisel. Nur einer der beiden Standorte solle mit "Priorität 1" bebaut werden. Der zweite würde nur genutzt, wenn sich der Platzmangel nicht anders lösen lässt. "Wir halten an der dezentralen Unterbringung fest, so lange es mit den knappen Ressourcen möglich ist", sagt Geisel.

Das Thema bewegt seit Wochen den Stadtteil. Der Info-Abend ist der erste, zu dem auch der Oberbürgermeister gekommen ist. Die Stadt hat die Aula des Gymnasiums Am Poth ausgewählt, weil dort viel Platz ist. Aber auch die 400 Sitzplätze reichen lange nicht aus. Die Menschen stehen bis in den Vorraum. Es gibt drei Mikrofone für Fragen. Vor allen bilden sich Schlangen. Nicht alle, die wollen, werden am Schluss ihre Frage gestellt haben - obwohl die Veranstaltung fast drei Stunden dauert.

Etliche Anwohner wollen Geisel die seit Wochen wiederholten Bedenken vortragen: Warum bis zu 1000 Flüchtlinge in einem Stadtteil? Wie sollen die Kinder beschult werden? Wo sollen die Menschen einkaufen? Einer sorgt sich um die unter Naturschutz stehenden Fledermäuse am Bongard. Eine Anwohnerin beklagt, den Alten im Pflegeheim an der Blanckertzstraße würde der "Lebensraum weggeschnitten". Die Senioren wollten lieber "Enten füttern und Hunde streicheln". Da widerspricht Geisel: "Ein Seniorenheim ist kein Ausschlusskriterium, sondern eher das Gegenteil", sagt er. "In welche Nähe dürfen die Flüchtlinge sonst überhaupt?"

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Foto: dpa, jst fdt

Während der Veranstaltung muss sich Geisel korrigieren: Es soll doch die Blanckertzstraße sein, an der zuerst Container aufgestellt werden und nicht das Gelände am Bongard. Das hatte er zuvor andersherum gesagt. Ein Besucher ruft "Lügner!" Geisel sagt: "Auch ein Oberbürgermeister macht mal Fehler."

Andere Anwohner kritisieren die ablehnende Stimmung, die sich in manchen Äußerungen zeige. Eine Dame vom Flüchtlingsrat fordert, man solle "menschlich bleiben". "Für die Senioren ist es schöner, mit Kindern zu spielen als Enten zu füttern" - auch dafür gibt es Applaus.

Was der Abend deutlich macht: Die Stadt steht unter hohem Zeitdruck, es wird keine ausgiebige Bürgerbeteiligung geben. Geisel rechnet vor: Bei seinem Amtsantritt waren 1800 Flüchtlinge in der Stadt, davon lebten schon 600 in Hotels. Zu Ende 2015 sollen es insgesamt 5000 Flüchtlinge sein. Als eine Besucherin fragt, warum die Containeranlagen bis zu 200 Plätze haben sollen, während in Köln eine Höchstgrenze von 80 gelte, sagt Geisel, man sei nicht glücklich über die Container: "Aber anders geht es nicht."

(arl)
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