Goetz-Ulf Jungmichel "Die Messe Boot ist jünger geworden"

Düsseldorf · Der Chef der Wassersportmesse spricht über den Erfolg, inzwischen auch Besucher unter 50 Jahren zu erreichen, über besondere Mitmach-Aktionen auf der Messe und das Problem, dass immer mehr Gebrauchtboote auf den Markt kommen.

 Der Projektverantwortliche für die Boot, Götz-Ulf Jungmichel, am Steuer einer Segeljacht vom Typ Hallberg Rassy 43' in Halle 16.

Der Projektverantwortliche für die Boot, Götz-Ulf Jungmichel, am Steuer einer Segeljacht vom Typ Hallberg Rassy 43' in Halle 16.

Foto: Andreas Endermann

Herr Jungmichel, in den 1980er Jahren hatte die Messe mit 400 000 Besuchern fast doppelt so viele wie heute. Düsseldorf war das Mekka der jugendlichen Surfer. Wo sind die Surfer geblieben? Werden die Boot-Besucher im Schnitt immer älter?

jungmichel Dieses Phänomen mussten wir vor gut sechs oder sieben Jahren tatsächlich beobachten Die Surferwelle zwischen 1985 und 1990 spülte junges Publikum in die Messehallen. Mit dem Abflauen des Windsurf-Booms gingen uns diese Menschen verloren. Was blieb, war das treue Stammpublikum, das jedes Jahr kam und mit der Boot jedes Jahr ein Jahr älter wurde. Vor zwei, drei Jahren lag das Durchschnittsalter bei 48 Jahren, das Durchschnittsalter der Skipper sogar bei 56 Jahren. Wir mussten eine Wende schaffen, um nicht nur noch klassische Jachtbesitzer zu bedienen. Für die hatten wir ein attraktives Angebot. Es galt also, jüngere, breitere Schichten anzusprechen. Jeder, der gerne schwimmt, angelt oder paddelt, ist ein Wassersportler. Das mussten wir erst verinnerlichen.

Wie wollen Sie das Problem angehen? Oder konkreter: Welche Mittel setzten Sie ein, um andere Bevölkerungsschichten als grauhaarige Herren in blauen Bläsern und mit goldenen Knöpfen anzusprechen?

Jungmichel Die Boot war früher eine klassische Präsentationsmesse. Dann haben wir einen Wandel angestoßen. Unter dem Motto "360 Grad Wassersport erleben" machen wir die Messe spannender. Der erste Versuch war die Beachworld, ein Bereich für Windsurfer, Wake-Boarder und die Trendsportart Stand-up-Paddling. Und dieser erste Versuch kam erstaunlich gut an. Inzwischen bietet die Messe Boot 18 diese Erlebniswelten — Themen sind unter anderem Tauchen, Powerboote, das Refit-Center für Instandhaltung von Booten, aber auch die Erlebniswelt für Angler mit lebensechten Bachläufen, Teichen und Aquarien. Sehr gut kommt bei den Gästen auch der Tauchturm an. Dort können Anfänger erste Erfahrungen unter Wasser machen. Neu in diesem Jahr ist die Boot-Segelschule. In einem 10 mal 25 Meter großen Becken können Kinder in kleinen Booten echtes Segeln ausprobieren. Der Wind kommt aus einem großen Gebläse. Und wir messen erste Erfolge mit unserem Wandel. Das durchschnittliche Besucheralter lag vergangenes Jahr bei etwas mehr als 47 Jahren. Das Publikum wird jünger.

Wird die Boot zur Show?

jungmichel Das könnte man so sagen. Mit reiner Präsentation kann man nicht alle Menschen erreichen. Aber der Mitmach-Effekt zieht.

Bei den vielen Pressekonferenzen der vergangenen Tage war viel die Rede vom Wassertourismus. Gerät der sportliche Aspekt des Segelns ins Hintertreffen?

Jungmichel Die Zahl der Regatta-Segler, da kann ich Sie beruhigen, bleibt stabil. Das ist keine Modewelle. Aber der Zugang zum Bootssport hat sich verändert. Viele Menschen chartern heute ein Boot, anstatt es zu kaufen. Die gehen gezielt zu einem Bootshersteller auf einem Stand, checken ein Boot, gehen zur nächsten Halle und erfragen, wo sie es für einen Törn etwa im Mittelmeer chartern können. Auch Tagestouren in Clubs werden immer populärer. So werden viele Menschen an den Wassersport herangeführt, die ihn sonst nicht entdeckten.

Macht die wachsende Zahl der Gebrauchtboote den Herstellern von Jachten zu schaffen?

Jungmichel Diesen Prozess beobachten wir seit einigen Jahren. Viele ältere Eigner geben ihr Boot auf und verkaufen es. Gleichzeitig ist die Mittelschicht heute nicht mehr so zahlungskräftig wie einst. Für ein eigenes Boot reicht es auch bei einem guten Einkommen nicht immer. Das führt zu einer Schwemme von gebrauchten Booten. Dieser Trend wird durch die Krise der Mittelmeerstaaten noch einmal verstärkt.

Wie ist die Akzeptanz der Boot in der Stadt Düsseldorf selbst?

Jungmichel Die Boot war bei den Düsseldorfern immer anerkannt und beliebt. Viele Händler und Restaurants stellen sich darauf ein. Heute etwa hängt ein Motorboot frei schwebend in den Schadow Arkaden. Ich stand mit Schausteller Oscar Bruch zusammen, als der meinte, seine neuen Gondeln am Riesenrad auf dem Burgplatz seien Boots-Blau und er eine Zusammenarbeit vorschlug. Als Resultat prangt heute das blaue Boot-Logo in der Nabe des Riesenrades. Und das bleibt bis zum Ende der Messe am 26. Januar in Betrieb. Viele Boot-Besucher, gerade am Wochenende, nutzen die Reise nach Düsseldorf auch zu einem Stadtbummel. Davon profitieren Händler und Gastronomen gleichermaßen.

Gibt es eine ähnliche Überbelegung der Hotels wie bei der Drupa?

Jungmichel Nein, ich kenne nicht die genaue Auslastung, aber nach unseren Erkenntnissen gibt es noch in allen Kategorien freie Hotelzimmer. Natürlich liegen die Preise über denen von Wochen ohne Messe, aber das ist normal.

Wo sehen Sie die Boot-Messe in zehn Jahren?

Jungmichel Wir sind schon heute die bedeutendste Hallenmesse der Wassersportbranche und wir werden uns noch stärker von unseren Wettbewerbern in Großbritannien und Frankreich absetzen.

THORSTEN BREITKOPF FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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