Kolumne "Made In Düsseldorf" Boomende Stadt mit Arbeitslosenproblem

Düsseldorf · Düsseldorfs Wirtschaft brummt. Mit Gea, Huawei, Cemex und Alltours sind erfolgreiche Firmen hergezogen. BP könnte Folgen. Trotz wirtschaftlicher Erfolge aber ist die Arbeitslosigkeit um ein Drittel höher als im Bundesdurchschnitt. Warum?

 Düsseldorf ist eine boomende Stadt. Nur bei der Arbeitslosigkeit gibt es ein paar Probleme.

Düsseldorf ist eine boomende Stadt. Nur bei der Arbeitslosigkeit gibt es ein paar Probleme.

Foto: dpa, Horst Ossinger

Kaum eine Woche vergeht, in der es nicht positive Nachrichten über den Wirtschaftsstandort Düsseldorf gibt. Da ist etwa die hohe Anzahl von Firmen, die ihren Sitz nach Düsseldorf verlegen, etwa der Anlagenbauer Gea oder der Duisburger Tourismuskonzern Alltours, der in das Dreischeibenhaus zieht. Auch der Essener Mineralölkonzern BP/Aral prüft einen Umzug nach Düsseldorf, was 1000 weitere Verwaltungsjobs in die NRW-Landeshauptstadt bringen würde. Ebenso ziehen internationale Unternehmen an den Rhein, gründen hier ihre Deutschland-Zentralen und schaffen Jobs, etwa der chinesische Mobilfunker Huawei. Kaum ein wirtschaftsinteressierter Mensch in Düsseldorf stellt die wirtschaftliche Attraktivität der Stadt in Frage.

Und beim Arbeitsmarkt? Das Thema Fachkräftemangel ist eines der Lieblingsthemen der Düsseldorfer Manager. Und auch die Frage, ob den Firmen bald die Azubis ausgehen, wird gern diskutiert. Aus Arbeitnehmersicht also eine Insel der Glückseeligen, diese schuldenfreie Stadt am Rhein?

Keineswegs, denn die Zahlen der Agentur für Arbeit zeigen die Schattenseite der wirtschaftlichen Prosperität. Während der nahe Kreis Mettmann nur 7,0 Prozent Arbeitslose im Juli 2014 hatte, liegt die Arbeitslosenquote in Düsseldorf bei 8,9 Prozent. Das ist schlechter als im nordrhein-westfälischen Durchschnitt (8,4 Prozent). Und auch NRW ist ja kein Musterknabe. Denn im Bund ist die Arbeitslosenquote mit 6,6 Prozent im Juli 2014 deutlich niedriger gewesen. Konkret bedeuten dieses Zahlen: In Düsseldorf gibt es ein Drittel mehr Arbeitslose als im Bundesdurchschnitt.

Doch wie passt das zusammen? Boomende Stadt und hohe Arbeitslosigkeit? Ein wichtiger Aspekt ist die Struktur der Düsseldorfer Arbeitgeber. Düsseldorf hat lediglich etwa 25 Prozent aller Jobs im industriellen Sektor. Düsseldorf ist also nicht die typische Industriestadt mit Tausenden von Arbeitern in Blaumännern. Zwar sind Daimler-Werk, Vallourec oder Henkel arbeitskräfte-intensive Industriebetriebe, doch liegt der Schwerpunkt in Düsseldorf zumindest eher bei Arbeitsplätzen für Menschen, die am Morgen mit Schlips und Kragen in ihr Büro fahren.

Das sind nicht nur die Banker an der Kö, die in den regionalen Zentralen der großen deutschen Privatbanken arbeiten. Das sind auch die vielen Versicherungsangestellten bei Arag oder Ergo, die Mobilfunkbediensteten, die Werber in den Dutzenden Agenturen. Und natürlich die Firmen, die in Düsseldorf keine Produktion, sondern nur noch ihre Zentralen unterhalten, etwa Gerresheimer AG oder Rheinmetall. Und natürlich die 12 000 Anwälte, die zig Menschen beschäftigen. Diesen Arbeitgebern ist gemein, dass sie vor allem hoch- oder höher qualifizierte Beschäftigte suchen und einstellen. Sie brauchen Akademiker oder gelernte Fachkräfte. Betrachtet man aber die Düsseldorfer Arbeitslosen, dann verfügt jeder zweite von ihnen über keinen Berufsabschluss, 15 Prozent haben keinen Schulabschluss. Für viele von ihnen ist dadurch der Zugang zu qualifizierten Jobs, von denen es in Düsseldorf viele gibt, verwehrt.

Dass die Arbeitslosenquote im Umland niedriger ist, ist aber nicht nur der Wirtschaftspolitik der Nachbarn zu verdanken. Denn sehr viele qualifizierte Arbeitnehmer in den Kreisen Mettmann oder Neuss haben ihre Jobs in Düsseldorf. 230 000 Menschen pendeln täglich aus dem Umland in die Großstadt. So schöpft Düsseldorf Arbeitskräfte aus der Nachbarschaft ab.

Es ist also Düsseldorfs Problem, dass es zu wenige Arbeitsplätze im einfacheren Segment gibt. Eine Lösung des Arbeitslosenproblems eröffnet das freilich nicht. Doch dass Städte mit ähnlichen Wirtschaftsstrukturen besser dastehen, zeigt das Beispiel München. Die bayrische Landeshauptstadt hat ebenfalls wenig unqualifizierte Jobs, aber nur eine Arbeitslosenquote von 6,3 Prozent.

(RP)
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