Interview Wolfgang Eder "Böhler-Werke werden kein Wohngebiet"

Düsseldorf · Der Chef des Stahlkonzerns Voestalpine, dem die Böhler-Werke gehören, will dort Forschungstätigkeiten für den Stahl-3D-Druck ausbauen.

Der langjährige Weltstahlpräsident und Voestalpine-Chef Wolfgang Eder: "Wir sehen die Böhler-Werke als industrielle Reserve."

Der langjährige Weltstahlpräsident und Voestalpine-Chef Wolfgang Eder: "Wir sehen die Böhler-Werke als industrielle Reserve."

Foto: voestalpine

Herr Eder, Ihr Stammsitz ist im österreichischen Linz. Dennoch haben Sie Ihr Forschungszentrum für 3D-Druck mit Metallpulver in Düsseldorf, welches für Sie doch ein krasser Außenposten ist. Warum?

Eder Der Standort Düsseldorf hat eine lange Tradition in unserem Konzernportfolio und ist für unsere Forschungsaktivitäten für 3D-Druck oder die sogenannten additiven Verfahren äußerst geeignet. Düsseldorf wird hier auch weiterhin das Innovationszentrum für den Konzern sein, das bleibt der Plan. Deutschland ist unser größter Auslandsmarkt, und deshalb ist Düsseldorf mit seiner zentralen Lage weit mehr als ein Außenposten. Zudem steht Düsseldorf in engem Kontakt mit unseren anderen Forschungseinrichtungen in Singapur, Toronto und Taiwan. Wir sind mit Düsseldorf in Sachen 3D-Metalldruck absolut führend und produzieren inzwischen am Standort nicht nur Prototypen, sondern gedruckte Teile in Serienreife.

Was konkret produzieren Sie in Serie?

Eder Wir produzieren mit unseren neuen Verfahren etwa Scharniere für die Klappen in den Gepäckfächern von Flugzeugen. Die sind deutlich leichter und langlebiger als die traditionell gefertigten. Auch bei Teilen für Autoheckklappen sind wir führend und können in Serienreife herstellen.

Warum haben Sie den Standort Düsseldorf dafür gewählt?

Eder Zum einen haben wir hier seit mehr als 100 Jahren eine Liegenschaft mit hervorragenden Möglichkeiten im Hinblick auf industrielle Fertigung. Wir planen nicht wie andere, uns dort zurückzuziehen und für schnelles Geld Wohnungen zu bauen. Wir sehen die Böhler-Werke als industrielle Reserve. Wir setzen in Sachen Forschung auf dezentrale Standorte. Düsseldorfs Vorteil als Standort für solche Produktionen sind die gute verkehrliche Anbindung und exzellente privat-wirtschaftliche und universitäre Kontakte in der Region. Und für die Forschung wie an diesem Standort brauchen wir ja nicht solche großen Aggregate wie jene, über die wir am Hauptsitz in Linz verfügen.

Wie laufen die Geschäfte bei Ihrer Tochter Eifeler, die im Düsseldorfer Süden ihren Sitz hat?

Eder Unsere Beteiligung Eifeler läuft sehr gut. Wir bauen sie aus, Umsatz und Ergebnis liegen voll im Plan. Dieses Unternehmen, das seine Stärken im Bereich Beschichtung hat, ist eine ideale Ergänzung zu unseren anderen Düsseldorfer Bereichen, die ja nicht nur im 3D-Druck tätig sind, sondern sich auch mit Hochtechnologie im Bereich Edelstahl beschäftigen.

Wie groß ist Düsseldorf innerhalb des Voestalpine-Konzerns?

Eder In den verschiedenen Gesellschaften der Voestalpine vor Ort arbeiten zurzeit etwa 900 Mitarbeiter. Im abgelaufenen Geschäftsjahr erwirtschafteten sie zusammen rund 320 Millionen Euro an Umsatz.

Das Gelände der Böhler-Werke, das ja unter dem Namen Areal Böhler firmiert, wird immer mehr zum Messestandort, insbesondere für Mode. Können Sie sich eine Umnutzung des Industrie-Areals vorstellen? Wird es ein zweites Messegelände?

Eder Ich kenne den Standort seit den 1980er Jahren gut. Und seitdem gibt es solche Diskussionen um eine Umwidmung oder eine Art Masterplan. Die Messe- und Eventaktivitäten sind ein wichtiger Baustein und laufen gut. Aber die Böhler-Werke werden nicht zu einer reinen Happeningmeile. Die Tätigkeiten dort brauchen eine enge Verbindung zur Industrie.

Wie wirken sich politische Krisen auf das Geschäft Ihrer Branche aus?

Eder Ich bin selbst überrascht, wie gering der Einfluss ist, wie wenig sich etwa die Nordkorea-Krise oder die Kriege im Mittleren Osten auf die weltweite Konjunktur auswirken. Ein möglicher höherer Zinssatz ist heute offenbar eine größere Bedrohung als die Politik.

Ihre Branche, wie die Fusion von Thyssen und Tata zeigt, steht vor einer riesigen Konsolidierungswelle, warum beteiligen Sie sich nicht?

Eder Wir werden uns daran nicht beteiligen. Wir setzen schon seit längerem auf eine andere Strategie als die meisten Wettbewerber und konzentrieren uns auf eine wertsteigernde Ausrichtung statt auf Konsolidierung. Entsprechend sind wir heute mehr Technologie- als Stahlkonzern. Nur noch ein Drittel des Umsatzes entfällt auf klassische Stahlproduktion.

Sie sind ein großer Autozulieferer, der Komponenten für Autos fertigt. Fürchten Sie die Elektromobilität?

Eder Das Elektro-Auto hat in meinen Augen kein Bedrohungspotenzial für Voestalpine. Im Gegenteil, ich sehe eher Chancen, weil der Leichtbau vorangetrieben wird, und das geht sehr gut mit hoch- und höchstfesten Stählen, die wir im Angebot haben und bei denen wir in einigen Bereichen führend sind.

THORSTEN BREITKOPF FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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