Düsseldorfer Stadtdechant beurlaubt Bestürzung über Belästigungsvorwürfe gegen Hennes

Düsseldorf · Stadtdechant Ulrich Hennes ist beurlaubt worden. Ihm wird sexuelle Belästigung vorgeworfen. Die Reaktionen der Stadtgesellschaft reichen von Fassungslosigkeit bis Schweigen.

 Stadtdechant Ulrich Hennes bei seinem Einführungsgottesdienst im Oktober 2015. Das Erzbistum hat ihn bis auf Weiteres beurlaubt.

Stadtdechant Ulrich Hennes bei seinem Einführungsgottesdienst im Oktober 2015. Das Erzbistum hat ihn bis auf Weiteres beurlaubt.

Foto: Schaller,Bernd (bs)/Schaller, Bernd (bs)

„Die Nachricht hat uns vollkommen unvorbereitet getroffen. Ich hoffe, dass an dem Vorwurf nichts dran ist. Mit Blick auf die Gesamtkirche bin ich bestürzt darüber, welche Ausmaße dieser Diskurs annimmt“, sagte Martin Philippen, Vorsitzender des Katholikenrates. Ende Februar hatte die Interessenvertretung der Laien zu einer Podiumsdiskussion über den Umgang der Kirche mit Übergriffen eingeladen. In der Debatte hatte Hennes seinerzeit einen schweren Stand. Damals hatte der Seelsorger gesagt: „Es ist total daneben, was wir als Kirche gemacht haben.“

Michael Szentei-Heise, Verwaltungsdirektor der Jüdischen Gemeinde, sagte auf Anfrage, die Nachricht habe ihn entsetzt. „Ich bin aber auch Jurist genug, um zu wissen, dass die Unschuldsvermutung gilt, bis jemand verurteilt ist“, sagte er. Szentei-Heise hatte zuletzt zusammen mit Hennes sowie Vertretern der evangelischen Kirche und dem Kreis der Düsseldorfer Muslime mit einem interreligiösen Wagen am Rosenmontagszug teilgenommen. Mit dabei war auch Dalinc Dereköy, Vorsitzender des Kreises der Düsseldorfer Muslime. Auch er warnt vor einer Vorverurteilung des Stadtdechanten. „Es gilt die Unschuldsvermutung und man sollte jetzt die Staatsanwaltschaft ihre Arbeit machen lassen. Natürlich muss der Sachverhalt aufgeklärt werden“, sagte er. Heinrich Fucks, Superintendent der evangelischen Kirche in Düsseldorf, sagte, man gebe zu dem Sachverhalt keine Stellungnahme ab. Völlig überrascht haben die Vorwürfe auch Oberbürgermeister Thomas Geisel. „Ich bin von den Vorwürfen gegen Ulrich Hennes tief betroffen. Natürlich gilt die Unschuldsvermutung. Ich bin mit ihm befreundet und kann mir nicht vorstellen, dass die Anschuldigungen zutreffen“, sagte er am Dienstag.

Erzbischof Rainer Maria Woelki hat am Dienstag den Seelsorger, der seit 2015 in Düsseldorf arbeitet, bis auf Weiteres beurlaubt. Gegen ihn sei, so das Erzbistum, der Vorwurf der sexuellen Belästigung eines erwachsenen Praktikanten im Jahr 2012 erhoben worden. Der Hinweis sei an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet, ein innerkirchliches Verfahren eröffnet worden. Es gelte die Unschuldsvermutung. Der Stadtdechant bestreitet den Vorwurf. „Ich bin unschuldig“, sagte er.

Auf Anfrage unserer Redaktion bestätigte das Erzbistum, dass Hennes bereits in den 1990er Jahren in Wuppertal mit dem Vorwurf einer sexuellen Belästigung eines fast volljährigen Jugendlichen konfrontiert war. Damals sei er zu einer Therapie verpflichtet worden, „die dann auch absolviert wurde“, so ein Sprecher.

Hennes Aufgaben wird vorübergehend Pfarrer Frank Heidkamp übernehmen. Er ist schon jetzt einer seiner beiden Stellvertreter. Die Beurlaubung des Priesters, der auch Pfarrer der vier Standorte umfassenden Innenstadt-Pfarrei sei, reiße eine große Lücke in die Seelsorge der Landeshauptstadt. Man sei mit den Dominikanern im Gespräch und hoffe, dass diese in der City einige Aufgaben und Gottesdienste vorübergehend übernehmen könnten.

Da sich der aktuelle Vorfall in Hennes Hildener Zeit ereignet haben soll, reagieren auch die dortigen Katholiken fassungslos. Hennes hatte unter anderem die Syrienhilfe der dortigen St. Jacobus-Gemeinde mit ins Leben gerufen und gemeinsam mit anderen auch persönlich für syrische Flüchtlinge gebürgt.

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