Düsseldorf Bekenntnisschule: Wohnort schlägt Glaube?

Düsseldorf · Eine Mail des Schulministeriums, nach der die Aufnahme an einer bekenntnisorientierten städtischen Grundschule künftig anders geregelt werden kann, sorgt weiter für Verwirrung. Der Ball liegt nun bei den Schulleitungen.

 Hofft auf die Beibehaltung der bislang eingeübten Spielregeln: Oliver Bauer vor der katholischen Carl-Sonnenschein-Schule in Düsseltal

Hofft auf die Beibehaltung der bislang eingeübten Spielregeln: Oliver Bauer vor der katholischen Carl-Sonnenschein-Schule in Düsseltal

Foto: Bernd Schaller

Wohnort oder Bekenntnis? — Die Frage, welches dieser beiden Kriterien künftig bei der Aufnahme an Bekenntnisschulen Vorrang hat, sorgt bei Düsseldorfer Eltern zu Jahresbeginn weiter für Verunsicherung. Zu ihnen gehört Oliver Bauer (45). Der Bau-Ingenieur hat seinen katholisch getauften Sohn Daniel an der katholischen Carl-Sonnenschein-Schule in Düsseltal angemeldet. "Bis zu einer ,Schul-Mail' des NRW-Schulministeriums im November war klar, dass Daniel dort hinkommen wird. Doch seitdem hängen wir in der Luft, weil wir weiter weg von der Schule wohnen als andere Kinder ohne katholisches Bekenntnis. Und das Ganze mitten im laufenden Verfahren", sagt Bauer. Sein Problem teilt er mit anderen Betroffenen wie Jan Schäfer. Auch er weiß noch nicht, ob Tochter Johanna den ursprünglich sicher geglaubten Platz bekommen wird.

Die RP erklärt, wie der Ärger entstand und welche Lösungen denkbar sind:

Die Ausgangslage Bislang galt: Gab es beispielsweise an einer städtischen katholischen Grundschule für 54 Plätze in den beiden ersten Klassen 40 Anmeldungen katholischer Kinder sowie weitere 40 Anmeldungen von Kindern aus anderen Konfessionen oder Religionen oder ohne jede Religion, hatten die 40 tatsächlich auch katholisch getauften Kinder Vorrang und waren so gut wie aufgenommen. Die restlichen 14 Plätze wurden dann auf die anderen Kinder verteilt.

Die Schul-Mail Mit einer landesweit versandten Mail stellte das Schulministerium am 5. November klar, dass es vor dem Hintergrund einer gerichtlichen Entscheidung in Münster möglich sei, die Aufnahme künftig stärker am Wohnort zu orientieren. Demnach würden Jungen und Mädchen mit dem an der Schule jeweils vermittelten Bekenntnis nicht mehr in jedem Fall Vorrang genießen. Kinder anderer Religionen oder ohne jedes Bekenntnis müssten künftig gleichbehandelt werden, sofern ihre Eltern keine grundsätzlichen Einwände gegen die an diesen Schulen praktizierte christliche Orientierung haben. "Wer näher zur Schule wohnt, bekommt bei einem Anmeldeüberhang dann eben auch den besseren Listenplatz", erläutert eine Schulleiterin den neuen Ansatz.

Konsequenzen Im Fall der verärgerten Düsseldorfer Familien würde das bedeuten: Ihre Kinder schauen in die Röhre, weil sie etwas weiter wegwohnen als Jungen und Mädchen ganz ohne oder mit anderem Bekenntnis. Übrigens: Die Entfernung Wohnort-Schule wird sehr genau vermessen. 100 Meter könnten also über Erfolg oder Misserfolg einer Anmeldung entscheiden.

Klarstellung Nach Protesten stellte das Schulministerium in Schreiben an betroffene Eltern, die der RP vorliegen, noch einmal klar, dass die Änderung der Aufnahmekriterien zwar "vertretbar", aber eben nicht zwingend ist. Auch die bislang geltenden Vorschriften könnten weiter angewandt werden. Im Übrigen verweist das Ministerium auf das für Düsseldorf zuständige Schulamt.

Stadt/Schulaufsicht Nach deutlicher Kritik am Zeitpunkt der Schul-Mail (genau am 5. November begannen in Düsseldorf die Grundschul-Anmeldungen) gibt sich die Stadt aktuell eher einsilbig und verweist auf die Schulleiter. Sie entschieden im Rahmen der Gesetze und Erlasse darüber. Und für die Schulaufsicht stellt die Bezirksregierung fest, "dass es in Streitfällen immer auf den Einzelfall ankommt".

Schulleiter Die Rektoren der bekenntnisorientierten Grundschulen sind nun massiv verunsichert. Wie genau sie weiter verfahren, ist offen. Dem Vernehmen nach soll eine Konferenz Ende des Monats für mehr Klarheit sorgen.

(RP)
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