Ulrike Schneider Und Friedhelm Kückemanns "Beim Wohnen wollen wir feste Quoten"

Düsseldorf · Die Vorsitzenden des Düsseldorfer Seniorenbeirats wenden sich auch gegen mögliche Kürzungen im Sozialetat.

 Ulrike Schneider, Vize-Vorsitzende des Seniorenbeirats, und Vorsitzender Friedhelm Kückemanns beim Gespräch mit RP-Redakteur Jörg Janßen

Ulrike Schneider, Vize-Vorsitzende des Seniorenbeirats, und Vorsitzender Friedhelm Kückemanns beim Gespräch mit RP-Redakteur Jörg Janßen

Foto: Ender mann

Der Düsseldorfer Seniorenbeirat begeht am kommenden Donnerstag seinen 35. Geburtstag mit einem Festakt im Rathaus. Brauchen wir tatsächlich ein eigenes Gremium für die Generation 50 plus oder könnten sich diese Interessen nicht genauso gut über allgemeinpolitische Mandate Gehör verschaffen?

Schneider Nein, könnten Sie nicht. Und das hat einen ganz einfachen Grund: Der Seniorenbeirat versteht sich als überparteiliches Gremium. Die Bedürfnisse Älterer stehen im Mittelpunkt. Und nicht Strategien oder Taktiken, wie sie häufig genug den politischen Tagesbetrieb dominieren.

Kückemanns Damit kein Missverständnis aufkommt: Natürlich dürfen sich unsere Mitglieder parteipolitisch engagieren. Nur sollte dieses Engagement nicht der rote Faden für die Arbeit im Beirat sein.

Es gab in der letzten Wahlperiode Konflikte, die auch entlang parteipolitischer Orientierungen verliefen und zum Rücktritt des damaligen Vorsitzenden führten.

Kückemanns Auf den ersten Blick mag das so aussehen. Nach meiner Einschätzung ging es aber vor allem um zwischenmenschliche Disharmonien. Letztlich fehlte es an Einvernehmen zwischen den Akteuren an der Spitze. Doch das liegt hinter uns.

Wo drückt denn Senioren in einer wohlhabenden Stadt wie Düsseldorf der Schuh?

Kückemanns Ein großes Thema ist das Wohnen im Alter. Für Rentner mit kleinem oder normalem Einkommen, die umziehen müssen oder wollen, wird es zunehmend schwieriger, eine bezahlbare Wohnung zu finden.

Schneider Ich kenne viele ältere Menschen, die sich gerne verkleinern wollen, nach einem Umzug aber für die neue Wohnung mehr bezahlen müssten als für die alte. Und deshalb am Ende bleiben, wo sie sind.

Für Neubau-Vorhaben in Düsseldorf gibt es seit kurzem die Vorgabe, dass ein Anteil von 20 Prozent öffentlich gefördert und damit erschwinglich sein muss. Weitere 20 Prozent sollen preisgedämpft errichtet werden. Reicht Ihnen das?

Kückemanns Nein. Es gibt Schlupflöcher. Mir wäre eine verbindliche Quote für Vorhaben aller Größenordnungen lieber. Ich hätte auch keine Einwände, wenn es mittelfristig nicht 20, sondern 30 Prozent wären, die in Düsseldorf öffentlich gefördert werden müssen.

Schneider Auch jenseits von Preisfragen gibt es in diesem Bereich Altersdiskriminierung. Versuchen Sie mal, als 80-Jähriger umzuziehen. Viele Vermieter sprechen nicht darüber. Aber Sie denken daran, dass der Ältere Probleme haben könnte, die Wohnung ordentlich zu halten. Oder bald umkippt und dann aus gesundheitlichen Gründen rasch wieder ausziehen muss. Am Ende erhalten andere den Zuschlag.

Was kann der Seniorenbeirat tun, um diese Zustände zu verbessern?

Kückemanns Eines unserer Herzensprojekte entsteht gerade an der Witzelstraße/Ecke Moorenstraße. Dort wird ein Gebäudekomplex mit 39 barrierefreien Wohnungen gebaut, die als "Seniorengerechtes Wohnen" von der Firma Boss Bau vermarktet werden. 16 dieser Wohnungen sind öffentlich gefördert. Vor fünf Jahren war die Idee für ein Mehrgenerationenwohnen in Bilk erstmals aufgetaucht. Seitdem macht sich unser "Arbeitskreis Wohnen im Alter" für dieses Projekt stark.

Welche anderen Schwerpunkte prägen Ihre Arbeit?

Schneider Kultur und Freizeit – denken Sie nur an den von uns mit organisierten, bewusst niedrigpreisig gestalteten Kulturherbst. Sicherheit und Verkehr sind ein weiteres Thema. Genauso wie der Dialog der Generationen und Kulturen und alles, was sich um Pflege und Gesundheit dreht. Diese Anliegen spiegeln sich auch in den Arbeitskreisen des Seniorenbeirats.

Neuwahlen stehen im kommenden März an. Wer kann sich um ein Mandat bemühen?

Kückemanns Kandidaten müssen das 58. Lebensjahr vollendet und ihren Hauptwohnsitz in dem Stadtbezirk haben, in dem Sie antreten. Pro Stadtbezirk werden ein Delegierter und ein Stellvertreter gewählt. Hinzu kommen Vertreter der freien Wohlfahrtsverbände sowie beratende Mitglieder der Parteien, die auch an unseren Sitzungen teilnehmen.

Gibt es Neuerungen?

Schneider Ja. Von 2014 an verfügen beide im Stadtbezirk gewählten Vertreter über ein Stimmrecht. Bislang war es so, dass der Vertreter nur zum Zuge kam, wenn der an erster Stelle Gewählte krank oder sonst wie verhindert war.

Wie viel Zeit investieren Sie in Ihr Ehrenamt?

Kückemanns Jede Menge. Zum einen treffen wir uns einmal im Monat zu internen Sitzungen, um Themen abzusprechen und Aktionen vorzubereiten. Hinzu kommen die öffentlichen Sitzungen im Rathaus – in aller Regel sechs Mal pro Jahr. Doch dies ist nur eine Seite der Medaille. Hinzu kommen unzählige Telefonate und private Treffen.

Wer ruft denn an?

Schneider Oft geht es um ganz konkrete Fragen. Da lebt beispielsweise eine alte Dame im 3. Stock, kommt nicht mehr vor die Türe. Der Sohn kümmert sich nicht. Wir schauen dann, wie wir helfen können.

Was ist mit Themen, die in der tagespolitischen Debatte nach vorne drängen?

Schneider Die gibt es natürlich auch. Nehmen wir die mögliche neue Kaisers-Filiale am Dreiecksplatz in Kaiserswerth. Als Seniorenvertreterin merke ich da an, dass die künftigen Wege dorthin für gebrechliche Menschen sehr weit wären. Einkaufsmöglichkeiten sollten gerade im höheren Alter fußläufig erreichbar sein.

Gibt es etwas, das Ihnen mit Blick auf die gesamtstädtische Entwicklung Sorgen bereitet?

Kückemanns Mögliche Kürzungen und Sparmaßnahmen im Sozialetat könnten vor allem die Älteren treffen. An dieser Stellschraube kann man nicht ohne Risiko drehen. Für zusätzliche Herausforderungen stellt uns die Zuwanderung aus Südosteuropa. Die Zahl der Menschen mit Hilfsanspruch wird wachsen. Das könnte Mittel an anderer Stelle weiter verknappen.

Apropos Zuwanderung: Sind ältere Migranten ein Thema für den Seniorenbeirat?

Schneider Ja, sicher. Immer mehr Ältere bleiben hier in der Nähe von Kindern und Enkeln. Wir bauen zahlreiche Brücken, planen Veranstaltungen, bei denen sich ältere Menschen aus ganz unterschiedlichen Ländern und Kulturen noch besser kennenlernen können.

Was halten Sie von den Zentren plus?

Kückemanns Sehr viel. 40 000 Besucher pro Monat sprechen für sich. In dieser Form sind die Treffpunkte auf Stadtteil-Ebene ein Alleinstellungsmerkmal, an dem sich andere Großstädte ein Beispiel nehmen.

Wie werden Sie den 35. Geburtstag genau feiern?

Schneider Mit einem Festakt am kommenden Donnerstag um 14 im großen Plenarsaal des Rathauses. OB Dirk Elbers wird sprechen. Und die ehemalige Bundesministerin Ursula Lehr. Ihr Thema lautet: Seniorenbeiräte und ihre Aufgaben in einer Gesellschaft des langen Lebens. Alle Düsseldorfer Senioren sind dazu eingeladen.

JÖRG JANSSEN FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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