Entscheidung über Abriss Tausendfüßler: Warten auf Gutachter

Düsseldorf · Vor seinem Entscheid über einen Abriss der denkmalgeschützten Hochstraße will Bauminister Voigtsberger den Sanierungsbedarf des Bauwerks prüfen lassen. Doch fünf Wochen nach seiner Ankündigung wird im Ministerium noch immer an der Ausschreibung für das Gutachten gefeilt.

In wenigen Wochen wird sich entscheiden, ob die Stadt die denkmalgeschützte Hochstraße "Tausendfüßler" abreißen darf und damit die Möglichkeit hat, die frei gewordene Fläche in der Innenstadt neu zu gestalten. Bis Ende März will Bau- und Verkehrsminister Harry Voigtsberger (SPD) den im Streit zwischen dem Düsseldorfer Rathaus und dem inzwischen pensionierten Landeskonservator Udo Mainzer eingeleiteten Ministerentscheid treffen. An diesem Zeitrahmen soll sich laut Ministeriumssprecherin Mirjam Grotjahn nichts ändern.

Ob es jedoch — wie es noch vor einem Monat hieß — bis Ende Februar klappt, ist fraglich. Denn Voigtsberger will zuvor von einem unabhängigen Gutachter klären lassen, wie es um den Tausendfüßler steht. "Ich möchte wissen, in welchem Zustand das Denkmal ist und ob es im Fall einer Sanierung überhaupt als Denkmal erhalten werden kann. Das konnte mir bisher keine Seite beantworten", sagte Voigtsberger vor einigen Wochen im Gespräch mit der RP. Um das zu klären, sollen mit einem Ultraschallverfahren Materialfehler, Korrosionsschäden oder Defekte festgestellt und die Folgen statisch berechnet werden.

Doch fünf Wochen nachdem der Minister das Gutachten angekündigt hat, ist dafür noch immer keine Ausschreibung erfolgt. Laut Grotjahn wird ministeriumsintern noch an dem Text für die Auftragsvergabe gefeilt. Daran seien verschiedene Abteilungen beteiligt — und das dauere eben eine gewisse Zeit. Von dem Text der Ausschreibung wird auch abhängen, wie viel das Gutachten schließlich kosten wird und wie lange es dauert, bis es vorliegt.

Oberbürgermeister Dirk Elbers (CDU) bleibt zuversichtlich, betont aber auch: "Ich wünsche mir natürlich, dass das Ergebnis so schnell wie möglich vorliegt." Schließlich hängt davon auch der weitere Zeitplan ab. Zwar hat der Rat mit der Mehrheit von CDU und FDP Mitte Dezember bereits den Bebauungsplan für den zweiten Teil des Kö-Bogens mit dem geplanten Abriss des Tausendfüßlers beschlossen. Doch selbst wenn der Minister dem Abbruch zustimmt, kommt es zu einer Verzögerung von mindestens zwei Monaten und die Abrissarbeiten in der Innenstadt könnten sich bis ins Weihnachtsgeschäft ziehen.

Eine Sorge muss Elbers bei diesem Projekt zumindest nicht haben: dass gegen den Abriss der Hochstraße ein Bürgerbegehren initiiert wird. Dies wäre seit der am 8. Dezember 2011 vom Landtag beschlossenen Gesetzesänderung prinzipiell möglich. Demnach darf ein Begehren jetzt auch gegen Bauleitplanungen gestartet werden — jedoch nicht bei bereits laufenden oder abgeschlossenen Verfahren wie Kö-Bogen 2. Zudem wurde das Quorum gesenkt, ab dem ein Bürgerentscheid (dazu kommt es, wenn der Stadtrat dem Bürgerbegehren nicht folgt) als erfolgreich gilt. Statt bisher 20 Prozent der Stimmberechtigten müssen in einer Stadt von der Größe Düsseldorfs nur noch zehn Prozent an der Abstimmung teilgenommen haben.

Der Bürgerentscheid gegen den Verkauf des Jan-Wellem-Platzes (wo jetzt die Libeskind-Bauten entstehen) im Jahr 2008 wäre nach diesen Kriterien erfolgreich gewesen: Damals hatte sich zwar eine Mehrheit gegen den Verkauf ausgesprochen, es waren jedoch nur 14 Prozent der 457 289 Stimmberechtigten. Der Entscheid scheiterte somit am Quorum.

Elbers kritisiert das neue Gesetz scharf: "Wenn die Bürger über alles abstimmen, bedeutet das Stillstand bei der Stadtentwicklung." Die repräsentative Demokratie werde damit überflüssig.

(RP/jco)
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