Landgericht Ex-BLB-Chef nach Verurteilung im Gerichtssaal verhaftet

Düsseldorf · Der Ex-Chef des landeseigenen Baubetriebs BLB, Ferdinand Tiggemann, ist unmittelbar nach seiner Verurteilung noch im Gerichtssaal verhaftet worden. Das Düsseldorfer Landgericht sah Fluchtgefahr.

 Ex-BLB-Chef Ferdinand Tiggemann vor Gericht (Archivbild).

Ex-BLB-Chef Ferdinand Tiggemann vor Gericht (Archivbild).

Foto: dpa, mb pil

Der Ex-Boss des größten Landesbetriebs Nordrhein-Westfalens ist wegen massiver Korruption zu langer Haft verurteilt worden. Mindestens 178.000 Euro Schmiergeld habe der ehemalige Chef des Baubetriebs BLB, Ferdinand Tiggemann, kassiert, befand das Landgericht Düsseldorf am Montag. "Einer der bestbezahlten Funktionsträger des Landes Nordrhein-Westfalen hat sich federführend an einem kriminellen Komplott zu Lasten der Steuerzahler beteiligt", sagte der Vorsitzende Richter Guido Noltze.

Das Gericht verurteilte Tiggemann wegen Bestechlichkeit und Untreue zu sieben Jahren und sechs Monaten Haft. Damit gingen die Richter sogar über die Forderung der Staatsanwaltschaft von sechs Jahren Haft hinaus. Tiggemann wurde noch im Gerichtssaal verhaftet.

In dem Prozess ging es um eine millionenschwere Korruptionsaffäre bei landeseigenen Bauprojekten in NRW. In mehreren Fällen, bei denen das Land durch den Baubetrieb BLB als Bauherr auftrat, sollen dem Steuerzahler Schäden in Millionenhöhe entstanden sein. Auch beim Bau des Gerichtsgebäudes, in dem der Fall verhandelt wurde, floss nach Überzeugung des Gerichts Schmiergeld.

Tiggemann habe über etliche Jahre Informationen über anstehende Bauprojekte an einen mehrfach vorbestraften Berufskriminellen "durchgestochen", sagte Noltze. Dem Steuerzahler sei dabei allein in den abgeurteilten drei Tatkomplexen ein Schaden von sechs Millionen Euro entstanden. "Wir gehen davon aus, dass wir hier nur den Gipfel des Eisbergs gesehen haben. Das hier würde für mehrere Verurteilungen reichen."

Der Richter attestierte Tiggemann, während seiner Einlassungen mindestens elf Mal gelogen zu haben. An seine Verteidiger gerichtet sagte er, sie seien offenbar dem Irrtum erlegen, dass das Gericht alles glauben müsse, was ihm als "alternative Fakten" präsentiert werde.

Tiggemann sei in herausgehobener Stellung mit einem damaligen Jahresgehalt von 232.000 Euro verantwortlich und habe sich persönlich erheblich bereichert. Sein Komplize, ein adliger Rechtsanwalt aus Rheinland-Pfalz, wurde zu zwei Jahren Haft auf Bewährung und zur Zahlung von 200.000 Euro verurteilt. Er habe bei der Verteilung des Geldes eine untergeordnete Rolle gespielt, dabei aber seine Stellung als Rechtsanwalt missbraucht.

Die Verteidiger hatten die Vorwürfe zurückgewiesen und Freispruch beantragt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Verteidiger kündigten Rechtsmittel an.

Die spektakulärste Korruptionsaffäre seit Jahrzehnten in NRW wurde seit April vergangenen Jahres vor dem Düsseldorfer Landgericht aufgerollt. Öffentlich wurde der Verdacht bereits 2010 durch die Kostenexplosion beim Bau des NRW-Landesarchivs in Duisburg. Dieser Komplex ist in der aktuellen Anklage allerdings nicht enthalten. Die Staatsanwaltschaft ermittelt noch in weiteren Tatkomplexen.

In den ursprünglich fünf angeklagten Fällen summierte sich der Gesamtschaden für den Steuerzahler laut Anklage auf mehr als 16 Millionen Euro. Dabei geht es um das Justizzentrum Düsseldorf, das Gelände für den Neubau einer Fachhochschule in der Landeshauptstadt, das Polizeipräsidium Köln, Schloss Kellenberg in Jülich und das ehemalige Landesbehördenhaus in Bonn. Die Komplexe zum Kölner Polizeipräsidium und zu Schloss Kellenberg wurden aber vom Gericht eingestellt.

Ermittler des Landeskriminalamts, auf Korruption spezialisierte Staatsanwälte in Wuppertal, der Landesrechnungshof und ein Untersuchungsausschuss des Landtags hatten sich jahrelang mit den Vorgängen beschäftigt. Der Untersuchungsausschuss hatte seinen mehr als 800 Seiten starken Schlussbericht am Freitag veröffentlicht.

(lsa/klik/lnw)
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