Live-Kurse in Düsseldorf Bankerinnen gründen Online-Fitnessstudio

Düsseldorf · Derzeit sind alle Fitnesscenter geschlossen – außer das von Ramona Albrecht und Merima Besic-Krüger. Per Video und live kann man an Kursen teilnehmen. Ein Start-up, das auch nach der Pandemie Zukunft hat, sagen die Gründerinnen.

 Die Gründerinnen Ramona Albrecht (l.) und Merima Besic-Krüger zeigen keine vorgefertigten Videos: Kursleiter und -teilnehmer sind live verbunden, das sei für den Austausch und die Qualität der Kurse wichtig.

Die Gründerinnen Ramona Albrecht (l.) und Merima Besic-Krüger zeigen keine vorgefertigten Videos: Kursleiter und -teilnehmer sind live verbunden, das sei für den Austausch und die Qualität der Kurse wichtig.

Foto: privat

Ramona Albrecht musste immer wieder mitansehen, wie gehetzt, gestresst und manchmal unpünktlich die Kursteilnehmer zu ihren Meditationskursen kamen. Die 42-Jährige, die ausgebildete Meditationslehrerin ist und für ein internationales Bankinstitut in Düsseldorf arbeitet, suchte deswegen schon vor Ausbruch der Corona-Pandemie nach einer Lösung: Wie könnte sie den Menschen lange Anfahrtswege und die Parkplatzsuche ersparen und Müttern wie ihr mit der Herausforderung Kinderbetreuungssuche helfen? So entstand die Idee für ein virtuelles Studio mit Live-Kursen, die gut für Körper und Seele sein sollten – wie zum Beispiel Meditation, Yoga, Qi Gong oder Personal Training. Das Start-up „Lichtbrücke“, das sie jetzt mit ihrer Kollegin und Freundin Merima Besic-Krüger gegründet hat, hat mitten in der Pandemie aber auch weitere Vorzüge: Die Kursteilnehmer können ohne Angst vor einer Ansteckung trainieren und die Kursleiter erhalten eine Jobperspektive.

 „Ramona erzählte mir bei einem Spaziergang im Grafenberger Wald mit unseren Kindern davon“, sagt Besic-Krüger. Die 37-jährige Düsseldorferin, die wie Albrecht zwei Kinder im Grundschulalter hat, war von der Idee sofort begeistert. „Solche Kurse hätte ich mir schon vor ein paar Jahren als frischgebackene Mutter gewünscht“, sagt die Bereichsleiterin für Zahlungsverkehr. Aber auch nach der Rückkehr in den Job sei es einfacher, etwas Zeit für sich zu nehmen, wenn man keine Kinderbetreuung organisieren oder Anfahrtswege einplanen müsse. Wenn die zweifache Mutter nach Feierabend zu Hause Meditationsübungen oder Qi Gong machen möchte, verbinde sie dafür jetzt einfach ihr Tablet mit dem Fernseher.

In den vergangenen Monaten haben die beiden Frauen viel Zeit und Energie in ihr „Herzensprojekt“ eingebracht. Dass sie persönlich so gut harmonieren, eine positive Lebenseinstellung teilen und sich fachlich sehr gut ergänzen, habe vieles erleichtert: Denn die Herausforderungen, ein solches Start-up zu gründen, seien immens gewesen. So mussten etwa ein eigener Internet-Auftritt gestaltet, ein Online-Shop aufgebaut und Kursleiter akquiriert werden, die wie sie mit ganzem Herz bei der Sache sind. Prozesse wurden automatisiert, damit die Teilnehmer zum Beispiel kurz vor dem Live-Kurs einen Link per Mail erhalten und Rechnungen an sie verschickt werden. Fotos wurden für die Webseite gemacht, Marketingmaßnahmen entwickelt und umgesetzt.

„Ramona ist in technischen Fragen wie dem Programmieren sehr versiert, sie hat auch die Datenbanken aufgebaut, führt die Gespräche mit den Kursleitern und gibt Meditationskurse. Und ich kümmere mich zum Beispiel um die Vorauswahl der Trainer, um das ganze Marketing, betreue die Social-Media-Kanäle und die Fotos“, sagt Besic-Krüger. Um die Finanzen kümmern sich die Freundinnen und Geschäftspartnerinnen gemeinsam.

Fast alles haben die Gründerinnen in Eigenregie gestemmt. Am Ende brauchten die beiden Düsseldorferinnen nur etwas Hilfe von Entwicklern, weil es nicht so einfach gewesen sei, einen Online-Shop mit dem Videokonferenztool Zoom für die Live-Kurse zu verbinden. Dass die Kurse live stattfinden und nicht nur vorgefertigte Videos gezeigt werden wie bei einigen anderen Anbietern, war den beiden aber wichtig: Denn trotz des virtuellen Charakters ihres Fitnesscenters wollen sie Menschen verbinden und keine Qualitätsverluste.

Bei einem Personal Training sei es zum Beispiel wichtig, dass der Trainer sehen kann, ob sein Schüler die Übungen richtig macht. Und Familienangehörige oder Freunde, die es aus Zeit- oder Ortsgründen niemals zusammen in einen Kurs schaffen würden, können so zum Beispiel zusammen meditieren und dieses Erlebnis teilen. In Planung sind zurzeit auch Kurse, die Eltern mit ihren Kindern zusammen absolvieren können. 

Dass für die Kursteilnehmer und -leiter möglichst alles einfach und unkompliziert ist: Das war den Unternehmerinnen von Anfang an wichtig. Deswegen gibt es zum Beispiel keine verpflichtende Mitglied­schaft. „So kann jeder ein paar Kurse ausprobieren und schauen, was ihm liegt“, sagt Merima Besic-Krüger. Meditation zum Beispiel für zehn Euro oder einen mehrstündigen Workshop zu Qi Gong für 55 Euro. Bezahlt wird per Paypal oder Kreditkarte, die Kurse auf der Webseite können wie in einem Online-Shop einfach angeklickt und ausgewählt werden.

Kursleiter könnten sich wiederum ganz auf ihren Kurs konzentrieren, müssen keine Rechnungen schreiben, Kunden akquirieren, eine eigene Webseite aufbauen, sich mit technischen Fragen beschäftigen oder die Miete für einen Raum bezahlen. Und sie würden eine Jobperspektive bekommen – unabhängig davon, ob zum Beispiel ein Fitnessstudio wegen Corona gerade geschlossen ist. Für die Aufnahme müssen Kursleiter keine Gebühr bezahlen, erst nach Buchung ihres Kurses zahlen sie eine Provision an die Start-up-Gründerinnen, die zurzeit noch Trainer und Kursleiter suchen, etwa für Zumba. 

Die Bankerinnen glauben an die langfristige Perspektive ihres virtuellen Fitnessstudios und die besonderen Möglichkeiten, die es ihnen sogar gerade deswegen bietet. „Wir wollen unser Kursprogramm weiter ausbauen und internationaler gestalten. Zurzeit konzentrieren wir uns auf den deutschsprachigen Raum, haben zum Beispiel einen Kursleiter in der Schweiz. Doch es gibt keine Grenzen, denkbar ist auch ein Kurs mit einem Yoga-Trainer in Indien“, sagt Besic-Krüger.

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