Düsseldorf Bahn lässt Fünfjährige stehen

Familie Fischbock ist mit der U74 unterwegs, als sich beim Aussteigen die Tür der U-Bahn schließt. Die Eltern kommen nicht mehr raus, während die Tochter allein auf dem Bahnsteig steht. Trotz Notrufs hält der Fahrer nicht an.

 In dieser nachgestellten Szene winkt Kathrin ihren Eltern in der Bahn zu. Am vergangenen Sonntag hat sie allerdings furchtbar geweint.

In dieser nachgestellten Szene winkt Kathrin ihren Eltern in der Bahn zu. Am vergangenen Sonntag hat sie allerdings furchtbar geweint.

Foto: Lothar Berns

Für Carina und Marcell Fischbock müssen es die schlimmsten Minuten ihres Lebens gewesen sein. Die Gewissheit, dass die gerade einmal fünfjährige Tochter mutterseelenallein auf einem Bahnsteig in einer völlig fremden Stadt steht, ist für Eltern wahrscheinlich kaum zu ertragen. Den Fischbocks aus Vogelsang ist genau das am vergangenen Wochenende in Düsseldorf passiert. Dabei sollte der 24. Januar eigentlich ein schöner Sonntag werden.

Gemeinsam wollte die vierköpfige Familie — Vater Marcell, Mutter Carina, Tochter Kathrin (5) und Baby Joséphine (14 Monate) — den "Aquazoo" besuchen. Mit der Bahn fuhren die Fischbocks zum Oberkasseler Barbarossaplatz, dort stiegen sie um 13.58 Uhr in die Linie U74 der Rheinbahn um.

Die fünfjährige Kathrin war die erste, die an der Haltestelle Kaiserswerther Straße den Bahnsteig betrat. Als die Eltern ihr samt Kinderwagen folgen wollten, schloss sich die Tür. "Auch das erneute Drücken des Türöffners", sagt Marcell Fischbock, "änderte nichts. Als sich der Zug in Bewegung setzte, habe ich den Notrufknopf gedrückt. Unsere Tochter stand voller Panik und den Tränen nahe alleine auf dem Bahnsteig in Düsseldorf, aber der Fahrer hat erst einmal nicht reagiert."

Minuten später — so schildert der Familienvater aus Neuss die Geschichte — sei ein genervtes "Ja" aus dem Lautsprecher gekommen. "An der nächsten Haltestelle sind wir ausgestiegen. Meine Frau hat mit dem Kinderwagen auf dem Bahnsteig gewartet und die Polizei gerufen, während ich das nächstbeste Auto anhielt." Ein hilfsbereiter Mann fuhr den aufgeregten Marcell Fischbock schließlich zur Haltestelle Kaiserswerther Straße zurück.

Verängstigt und verheult

"Meine Tochter stand vollkommen verängstigt und total verheult am Bahnsteig", erzählt er. "Eine Frau, die ebenfalls an der Kaiserslauterner Straße ausgestiegen war, hatte sie an die Hand genommen und sich glücklicherweise ein wenig gekümmert." Was Carina und Marcell Fischbock auch drei Tage nach dem Vorfall besonders auf die Palme bringt, ist das Verhalten des U-Bahnfahrers. "Nicht nur, dass er auf den Notruf nicht reagiert hat", sagt der Neusser. "Er hat sich selber sofort in Schutz genommen und meiner Frau, ohne einen Funken von Mitgefühl oder Verständnis, vorgeworfen, sie habe ihre Aufsichtspflicht verletzt.

Bei der Rheinbahn hat Marcell Fischbock bereits offiziell Beschwerde eingereicht. Er will von den Verantwortlichen unter anderem wissen, warum der Fahrer nicht sofort auf den Notruf reagiert hat. Noch hat er keine Antwort bekommen. Auch für unsere Redaktion war das Verkehrsunternehmen am Mittwoch nicht zu sprechen.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort