Wolfram Brecht "Azubis benötigen preiswertes Wohnheim"

Düsseldorf · Der Vorsitzende des Düsseldorfer Ausbilderkreises sorgt sich um den Nachwuchs. Der Kampf um gute Azubis ist deutlich härter geworden.

 Wolfram Brecht ist Vorsitzender des Düsseldorfer Ausbilderkreises. Darin sind 120 Firmen, Wirtschaftsinstitutionen und Privatpersonen vereint.

Wolfram Brecht ist Vorsitzender des Düsseldorfer Ausbilderkreises. Darin sind 120 Firmen, Wirtschaftsinstitutionen und Privatpersonen vereint.

Foto: A. Bretz

Was will der Ausbilderkreis DAK?

Brecht Er unterstützt seine Mitglieder in allen Belangen der betrieblichen Aus- und Weiterbildung und Personalentwicklung durch - einmalig in Deutschland - ein Netzwerk von vielen Unternehmen aller Branchen der Region, aber auch Schulen, Hochschulen, Wirtschaftsorganisationen, Bildungseinrichtungen und Trainern - also der gesamten Wertschöpfungskette von Bildung. Diese Plattform hat sich für alle Beteiligten als außerordentlich produktiv erwiesen, auch in der gegenseitigen Hilfe und Unterstützung. Inzwischen ist die Region in und um Düsseldorf, Köln, Krefeld, Mönchengladbach, Essen, Wuppertal, Kreis Mettmann sein Nutzerkreisbereich.

Ihre Mitgliedsunternehmen berichten davon, dass es immer schwerer wird, ausreichend Azubis zu finden. Wie könnte man Abhilfe schaffen?

Brecht Die Probleme sind vielfältig. Ein zentrales und Düsseldorf-spezifisches Problem ist das Wohnen. Das trifft zwar alle Arbeitnehmer, die Azubis aber besonders hart. Mit ihren niedrigen Einkommen ist es nahezu unmöglich, in Düsseldorf eine Wohnung zu finden. Wer von weiter her kommt und folglich nicht bei seinen Eltern wohnen kann, hat ganz klar das Nachsehen. Was wir brauchen, ist ein Azubiwohnheim in Düsseldorf, und zwar dringend.

Würde es nicht reichen, die bestehenden Studentenwohnheime für Lehrlinge zu öffnen?

Brecht Sicher, aber diese Wohnheimplätze sind ja selbst auch sehr knapp. Das würde das Problem nur verschieben und die Lage der Studenten verschärfen, das ist wohl keine Lösung. Ein echtes Azubiwohnheim würde einerseits die Lehrlinge und andererseits die Betriebe, die fairerweise ausbilden, entlasten.

Hat sich bei der Auswahl der Azubis etwas geändert?

Brecht Rein theoretisch können sich die Bewerber ja ihre Stelle aussuchen, da es mehr Ausbildungsplätze in der Landeshauptstadt gibt als Kandidaten. So berichtete mir unser Mitgliedsunternehmen Schweitzer Fachinformationen aus Heerdt, dass man heute den Lehrlingen für das folgende Jahr bereits im November zusagt, früher hat man sich bei der Auswahl bis März Zeit gelassen. Diese Zeiten sind definitiv vorbei.

Bedroht die Digitalisierung die Ausbildung?

Brecht Man darf nicht nur die Riesenvorteile sehen, sondern muss auch Sicherheitsprobleme und Risiken thematisieren und verantwortlich lösen. Sie ist also Bedrohung und Chance, auf jeden Fall verändert es die Ausbildung. Um beim Buchhandel zu bleiben: Früher ging es bei den Bewerbern darum, dass sie selbst gerne lesen. Heute entspricht die berufliche Realität eher einem IT-Beruf. Die Kandidaten müssen sich sehr gut in Online-Dingen auskennen.

Wie reagieren Sie darauf?

Brecht In erster Linie geht es darum, das Schlagwort "lebenslanges Lernen" mit Leben zu füllen. Dabei unterstützt der DAK seine Mitglieder tatkräftig mit Workshops, Vorträgen, Business-Frühstücken, Thementagen. Wir müssen weg von einer Fokussierung auf Berufseinsteiger in der betrieblichen Fort- und Weiterbildung, hin zu Maßnahmen, die sämtliche Mitarbeitergenerationen fördern und fordern. Das sagte mir kürzlich mit aller Deutlichkeit zum Beispiel Nils Hubert, Personaldirektor bei unserem Mitglied Heitkamp & Thumann.

THORSTEN BREITKOPF FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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