Serie: Düsseldorfer im Ausland Autofahrer "gefährlicher als Terroristen"

Als Nahostkorrespondent berichtet er seit vielen Jahren für die Rheinische Post und andere deutsche Medien aus Israel. Doch aufgewachsen ist der Mediziner, Journalist und Autor Gil Yaron (34) in Düsseldorf. Mit 20 Jahren zog er nach Tel Aviv, denn schon damals war für ihn klar, in Deutschland kein vollwertiges jüdisches Leben führen zu können. Und mit einem Klischee räumt Yaron nach über zehn Jahren in Israel auf: "Wer glaubt, Terror sei hier die größte Gefahr, der kennt die israelischen Autofahrer nicht".

Impressionen aus Israel
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Foto: Pixelio, Helga

"Den ersten Schock bekommt man in Israel auf dem Weg vom Flughafen zum Wohnort", erzählt er, "Verkehrregeln gelten als Empfehlungen, die Dicke des Blechs und der Wagemut bestimmen, wer Vorfahrt hat". Den Blinker benutzen nur Ausländer, die Hupe ist das ultimative Kommunikationsmittel, um die eigene Männlichkeit ständig unter Beweis zu stellen.

Unbezwingbares Chaos herrscht nicht nur auf den Straßen. "Säuberlich und geduldig in der Schlange stehen ist ein unbekanntes Phänomen in diesem Land, ebenso wie Höflichkeitsfloskeln und Rauchverbot", erzählt Yaron. Doch im Gegenzug wird man mit erfrischender Offenheit und aufrichtiger Hilfsbereitschaft belohnt. Dafür hat er beeindruckende Beispiele parat. "Wenn eine Bombe hochgeht, laufen die Israelis immer in Richtung des Anschlags, nicht weg davon", berichtet er, "und Bankräuber werden oft von mutigen Kunden überwältigt."

Yaron ist in Israel in seiner Heimat angekommen. Es sei viel leichter, Teil einer gesellschaftlichen Mehrheit zu sein, als die eigene Besonderheit stets erläutern zu müssen, erklärt er. Auch die kulturelle Vielfalt und die Offenheit Fremdem und Neuem gegenüber gefallen ihm besser als in Deutschland. "Auf einzigartige Weise treffen hier West und Ost zusammen", sagt er. Opern mit orientalischem Anstrich, Wasserpfeifen zu Discosound, syrische Dattel-Schokoladenriegel neben Espresso, das ist für ihn Israel. "Sollte eines Tages Frieden herrschen, wird Tel Aviv zum Mekka aller Gourmets", so seine kulinarische Prognose für den widersprüchlichen Kulturenmix.

Auch touristisch lädt Israel zu Entdeckungsreisen ein. Obwohl das Land kleiner ist als Hessen, existieren fünf Klimazonen dicht nebeneinander. "Skifahren und im Meer planschen an einem Tag kann man schließlich nicht überall", so Yaron. Doch ganz hinter sich gelassen hat er Deutschland nicht. Er vermisst seine guten Freunde und den Wald. "Saftig grüne Rasenflächen sprießen in Deutschland, ohne dass jemand sich dafür anstrengt. In Israel wäre jeder einsame Bach schon eine große Attraktion".

Und erst als er Deutschlands verließ, wurde ihm bewusst, dass er einiges von diesem Land ich in sich trägt. Vom disziplinierten Hintenanstellen bis hin zum Umweltschutz. Der sei für die Menschen in Israel noch Esoterik, für ihn aber wichtiger Bestandteil des Alltags, sagt er. Auch wenn er sich in seiner neuen Heimat akzeptiert fühlt, bleibt ein kleines Gefühl der Fremdheit. Was ihn nicht von seinem Fazit abbringt: "Nicht einmal zehn Pferde kriegen mich hier weg."

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