Düsseldorf Armenisches Temperament am Piano

Düsseldorf · Klaviermusik der russischen Romantik liegt der Pianistin Nareh Arghamanyan aus Armenien offenbar am Herzen. Im Mendelssohn-Saal der Tonhalle bot sie ihre virtuosen Künste auf. Allerdings standen auch deutsche Romantiker auf dem Programm. Und gerade da zeigte sich ihre Gestaltungsfähigkeit in besonderer Weise.

Brahms' Balladen op. 10 verschmolz sie mit Schumanns Faschingsschwank aus Wien zu einer Einheit. Langsame und leise Passagen kamen bei Brahms als geflüstertes Geheimnis daher. Später behaupteten sich pochende Rhythmen, die wiederum in lyrisches Strömen mündeten. Aber schon in Brahms' Intermezzo warfen die gespenstischen Gesten und Lichtverhältnisse ihre Schatten auf Schumann voraus. Dieser Schumann hatte Energie. Wie aus der Dämmerung schälten sich Klänge in der Romanze heraus, im Scherzo schienen Derwische zu tanzen. Die letzten drei Sätze gerieten zu einer bewegten und bewegenden Erzählung.

Als die Pianistin für die russische zweite Programmhälfte die Bühne in einem roten Etwas betrat, das mehr Rücken- und (verhüllte) Beinfreiheit aufwies als das blaue Abendkleid zuvor, raunte das Publikum. Bei Tschaikowskis "Dumka" und zwei Sätzen aus Rachmaninows Fantasiestücken - darunter der Pianisten-Hit schlechthin, das cis-moll-Prélude - siegten die gestaltenden Kräfte Nareh Arghamanyans über ihre frappierende Technik. Bei Balakirews "Islamey" bot sie ein irrsinniges Tempo auf. Noch weiter ging sie bei der Zugabe, einer überfrachteten Paraphrase über einen Johann-Strauß-Walzer. Der Saal kochte. Norbert Laufer

(RP)
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