Mieter von LEG-Wohnungen beunruhigt Angst vor der Heuschrecke

Düsseldorf · Die Mieter in den gut 3100 LEG-Wohnungen in Düsseldorf hoffen auf die Zusagen des neuen Eigentümers, des Immobilienfonds Whitehall. Trotzdem gibt es Unruhe unter den Bewohnern. Widerstand formiert sich gegen die neuen Besitzer. Kaum einer könnte eine höhere Miete zahlen, notwendige Sanierungen sind gestoppt.

 Anne Künstler und Herbert Spiller wohnen in Vennhausen.

Anne Künstler und Herbert Spiller wohnen in Vennhausen.

Foto: RP, Werner Gabriel

In den vergangenen Wochen unterstützte die LEG die Feste der Mieter in Garath und Grafenberg. Spendabel gab sich da der Immobilienkonzern. "Bei Kaffee, Kuchen und frisch Gegrilltem verbrachten die Mieter einen harmonischen Nachmittag miteinander, an dem sie sich gut unterhielten und vor allem miteinander feierten", heißt es in einer LEG-Erklärung. Vielen der fast 10 000 Mieter in Düsseldorf ist die Feierlaune längst vergangen. Seitdem die 3100 Wohnungen in Düsseldorf (51.000 in NRW) verkauft wurden, haben viele Mieter Angst vor einer "Heuschrecke". Die Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) ist zum 31. August mehrheitlich an den amerikanischen Investmentfonds veräußert worden. Die LEG bleibt aber noch weiter Ansprechpartner für die tausenden Mieter.

Heuschrecke — ein Wort, das auch Herbert Spiller über die Lippen geht. Der 89-Jährige pflegt in einer kleinen Wohnung in Vennhausen seine 86-jährige Partnerin. Die ist nach zwei Schlaganfällen bettlägerig. "Wir beide wollen hier nicht mehr wegziehen", sagt er. Seit 27 Jahren wohnt er mit ihr In den Kötten. Die Häuser hier, in den 50er Jahren hochgezogen, sind schmucklos grau. Allein hier, am Kamper Weg und an der Lassallestraße, gehören der LEG ganze Häuserreihen- und -blocks. Jahrelang hat Herbert Spiller sich bei der LEG gut aufgehoben gefühlt. "Reparaturen oder Modernisierungen wurden gemacht. Ich kann nicht klagen." Nach dem Verkauf an Whitehall habe er anfangs schon Befürchtungen gehabt, ob der Immobilienhai die vertraglichen Zusagen einhält. Über-60-Jährige zum Beispiel haben ein lebenslanges Wohnrecht — das steht so im Vertrag. "Doch Dürfen und Machen sind ja zwei Dinge", sagt der alte Mann. Mehr Miete zahlen kann er kaum. "Dafür reicht die Rente nicht. Gegen eine Mieterhöhung würde ich mich deshalb wehren."

Widerstand, der sich ein paar Türen weiter bereits formiert hat. Anne Künstler ist Mitglied im Aktionsbündnis "Zukunft der LEG". Aufmerksam registriert sie jede Regung ihres neuen Besitzers. "Ich bin gewöhnt, zu kämpfen und mich zu wehren", sagt die alleinerziehende Mutter, die seit zwölf Jahren In den Kötten wohnt. "Viel mehr Nachbarn müssten sich engagieren, damit es nicht zu Nachteilen kommt", meint sie. Künstler ärgert, dass in dem Haus, in dem sie eine 59-Quadratmeter-Wohnung hat, die geplante neue Außenisolierung nicht mehr drin ist. Der Grund: Die Instandhaltungskosten sind nach dem Verkauf gekürzt worden. "Dabei hätte es die Wand dringend nötig", sagt sie. Sie will aber erst mal abwarten. 515,47 Euro Warmmiete zahlt sie. Würden es mehr, ginge die Hörbuchberaterin zum Anwalt. Den können sich viele Mieter in Garath kaum leisten. Adam-Stegerwald-Straße, Carl-Friedrich-Goerdeler-Straße, Carl-von-Ossietzky-Straße: Immer gleiche Bauriegel bieten hier den nicht so Wohlhabenden eine Wohnung. "Die Vermieter dürfen nächstes Jahr wieder erhöhen. Und ich bin sicher: Die werden draufschlagen", sagt eine ältere Frau. Wehren heißt in dieser Gegend eher Warten. Warten darauf, was die Heuschrecke tun wird. "Sie haben keine Chance gegen die. Die werden Leuten einfach kündigen, wenn sie die nicht wollen", sagt die Frau und zieht die Gardine zu.

Herbert Spiller ist da optimistischer. Noch. "Ich verlass mich auf die LEG." Das tun viele dort. Wer in die Hauseingänge und Flure schaut, entdeckt zahlreiche Rollatoren. Etliche ältere Menschen können und wollen nicht mehr umziehen. Würde Whitehall seine verbrieften Zusagen nicht einhalten, begänne für nicht wenige ein Drama. Auch für Herbert Spiller.

(RP)
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