Sprecher der Altstadt-Wirte "Altstadt braucht Alkoholverbot"

Düsseldorf · Tobias Ludowigs, Sprecher der Düsseldorfer Altstadt-Wirte, über neue Ballermann-Lokale, die Kritik am Niveau des Viertels und Lösungen für die Sicherheitsfragen.

 Tobias Ludowigs plädiert dafür, dass nach 24 Uhr in der Altstadt kein Alkohol mehr verkauft und auf öffentlichen Flächen getrunken werden darf.

Tobias Ludowigs plädiert dafür, dass nach 24 Uhr in der Altstadt kein Alkohol mehr verkauft und auf öffentlichen Flächen getrunken werden darf.

Foto: Bußkamp, Thomas

Wenn Ende des Monats die "Villa Wahnsinn" an der Bolkerstraße eröffnet und Sie eine Einladung erhalten, gehen Sie hin?

Tobias Ludowigs Als Sprecher der Altstadtwirte natürlich. Das ist schließlich ein Kollege. Wenn sich jemand verspricht, mit solch einem Konzept ein Stück vom Kuchen zu erhalten, ist das völlig legitim.

Damit widersprechen Sie vielen Altstadt-Freunden, die auch im Leserforum der Rheinischen Post ihre Sorge über die Altstadt geäußert haben.

Ludowigs Ich glaube nicht, dass dieses neue Lokal noch mehr Leute aus der Ballermann-Zielgruppe nach Düsseldorf holt. Ich denke, dass das Angebot breiter wird.

Aber das Niveau der Bolkerstraße sinkt weiter.

Ludowigs Dagegen wehre ich mich entschieden. Wir reden von bisher fünf und dann sechs, zugegeben ziemlich großen und ziemlich auffälligen Lokalen. Aber wir vergessen die Brauereien am Anfang der Bolkerstraße und die Lokale am Ende. Vom Sauftourismus allein könnte kein einziges Lokal überleben. Alle haben ihr Stammpublikum in und um Düsseldorf.

Warum sagen dennoch mehr und mehr Leute, dass sie nicht mehr in die Altstadt gehen wollen?

Ludowigs Diese Einstellung verstehe ich nicht. Kann man nicht mehr in die Brauhäuser gehen? Kann man nicht mehr zum Essen auf die Berger Straße gehen? Kann man nicht mehr in die Studentenkneipen und Bars an der Kurzen Straße gehen?

Die Düsseldorfer scheint es eher zur Ratinger Straße zu ziehen. Was können andere Straßen von der Ratinger lernen?

Ludowigs Wollen Sie, dass die Altstadt nur noch aus Ratinger Straße besteht? Die Altstadt lebt von ihrem besonderen Mix: alteingesessene Lokale und gut gemachte neue Lokale, Kunst, Kultur, Party, Wohnen und Einkaufen. Das ist das pralle Leben. Das ist in der Form und der Dichte einmalig in Deutschland.

Neben dem sinkenden Niveau sind es auch die regelmäßigen Polizeieinsätze wegen Schlägereien und Schlimmerem, die die Leute abschrecken.

Ludowigs In den Kneipen passiert nichts. Wenn die Polizei mehrmals in ein Lokal müsste, weil der Wirt die Sicherheit nicht im Griff hat, würde sehr bald die Gewerbeaufsicht kommen und der Wirt seine Konzession verlieren. Viele Wirte haben einen eigenen, guten Sicherheitsdienst, der die Polizei unterstützt.

Wo liegt dann das Problem?

Ludowigs Auf der Straße. Es gibt Menschen, die kommen schon mit dem Vorsatz sich zu streiten in die Stadt. Und es gibt Menschen, die auf der Straße unkontrolliert trinken, bei denen jemand fehlt, der sagt ,Jetzt ist Schluss?. Wenn solche Leute dann aufeinanderprallen, gibt es Stress. Auf der Bolkerstraße gibt es häufiger Stress, weil das die breiteste und am besten frequentierte Straße ist. Dann kommen zig Tausende Menschen durch.

Was schlagen Sie vor, um diese Probleme in den Griff zu bekommen? Mehr Polizei?

Ludowigs Ich bin mir sicher, dass der Leiter der Altstadtwache gerne mehr Polizisten zur Verfügung hätte. Die Sicherheitslage hat sich enorm verbessert. Aber die Polizei hat eben andere Dinge zu tun, als auf die kleinen Dinge zu achten. Da gibt es Leute, die Flaschen fallen lassen, an Wände urinieren oder pöbeln, und niemand greift ein. Das schreckt natürlich ab. Uns wäre sehr geholfen, wenn die Politik die geeigneten Maßnahmen ergreift.

Was schwebt Ihnen da vor?

Ludowigs Alkoholkonsum muss auf öffentlichen Flächen zu bestimmten Zeiten verboten werden. Sehen Sie: Die Terrassen müssen um 24 Uhr schließen wegen des Lärmschutzes. Die Leute können sich aber bei den Büdchen weiter mit Alkohol eindecken, auf der Straße trinken und Lärm machen. Wo ist da der Effekt? Wir erleben hier Fälle, da gehen Ordnungskräfte gegen Wirte vor, weil ein Gast zum Rauchen ein Glas Bier nach draußen mitnimmt, weil der Wirt dann angeblich seine Terrasse bewirtschaftet. Direkt daneben stehen Leute mit Bier vom Büdchen, und keiner hat eine Handhabe.

Hilft es, Terrassen länger zu öffnen?

Ludowigs 24 Uhr ist eine gute Zeit, das ist ja schon länger als an vielen anderen Orten, wo 22 Uhr gilt. Aber dann muss um 24 Uhr eben auch ein Alkoholverbot in der Öffentlichkeit bestehen.

Müssen die Büdchen dann schließen?

Ludowigs Nein. Sie dürfen dann nur keinen Alkohol mehr verkaufen. So wie sie im Karneval zu bestimmten Zeiten keine Glasflaschen mehr verkaufen dürfen.

Was passiert mit den Altstadt-Besuchern, die Getränke mitbringen?

Ludowigs Auch hier lässt sich das gut mit dem Glasverbot vergleichen. Wer gegen das Verbot verstößt, wird von den Ordnungskräften aufgefordert, den Alkohol abzugeben, andernfalls wird ein Platzverbot erteilt.

Wie reagieren Sie darauf, dass die CDU gerade mit ihrem Vorstoß für ein solches Alkoholverbot im Landtag wenig positive Resonanz fand?

Ludowigs Enttäuscht, dass wieder nichts geschieht. Jeder erkennt, dass grade hier ein akuter Handlungsbedarf besteht, und die Politik kann sich nicht dazu durchringen, ein Zeichen zu setzten. Wir können nur hoffen, dass das Thema nicht in der Versenkung verschwindet, sondern weiterhin diskutiert wird. Allerdings wird das schon seit Jahren getan, viele Lippenbekenntnisse wurden abgegeben, aber ohne Resultate. Wir brauchen endlich Entscheidungen und keine weiteren Verzögerungen.

Wie wird sich die Altstadt weiter entwickeln?

Ludowigs Die Altstadt erlebt von je her Wellenbewegungen. Mal ist es ganz angesagt, in die Altstadt zu gehen, dann wieder total verpönt. Ich denke, in dieser Entwicklung befinden wir uns schon wieder auf dem aufsteigenden Ast.

Was macht Sie so optimistisch?

Ludowigs Es tut sich einiges. Im ehemaligen Stadthaus und im ehemaligen Theresienhospital wird gebaut, das Andreasquartier entsteht. Das bringt eine andere Klientel in die Altstadt und wird auch das gastronomische Angebot verändern.

Wird es nach der ,Villa Wahnsinn? noch weitere Ballermann-Lokale geben?

Ludowigs Ich würde es mir nicht unbedingt wünschen. Irgendwann geht es um einen bestehenden Markt. Und wenn dort alles nur noch über den Preis bestimmt wird, dann macht das Ganze keinen Spaß mehr.

Christian Herrendorf führte das Gespräch

(jco)
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