Düsseldorf/Köln Als Tourist in der verbotenen Stadt

Düsseldorf · Eine Kölner Reisegruppe besuchte die Landeshaupstadt, Touristen aus Düsseldorf besichtigten die Domstadt. Wem was gefiel und was die einen über die anderen lernten: Die RP-Redakteure Thorsten Breitkopf und Andreas Bretz (Fotos) waren dabei.

Düsseldorfer besuchen Köln - Kölner kommen nach Düsseldorf
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Düsseldorfer in Köln: "Köln ist der Dom ist Köln"

Die Düsseldorfer Touristen stranden am Kölner Hauptbahnhof. Von Jens Meifert, dem Vize-Lokalchef der Kölnischen Rundschau, werden sie mit einer kurzen Rede im Schatten des Doms begrüßt. Es wirkt ein bisschen, als würde man sie für die Delegation eines fernen, fremden Staates halten, die willkommen geheißen wird. Nur der Dolmetscher fehlt. Fremdenführerin Ute Fendel fühlt mit den Düsseldorfern. "Ich kann selbst nie echte Kölnerin werden. Meine Familie lebt seit vier Generationen auf der falschen Rheinseite."

Die Kölner nehmen so was sehr genau. Der alte Spruch: "Zum Kölner musst du geboren sein, Düsseldorfer bist du nach 14 Tagen", er hat etwas Wahres. Die Düsseldorfer lernen schnell, dass es nicht reicht, den Dom zu lieben und am Rhein zu leben. In Köln sind die Zugezogenen immer nur "Immis", die Rechtsrheinischen sind Kölner zweiter Klasse und bei dem Rest muss man sehen, seit wie vielen Jahrhunderten die Familie in Köln zu Hause ist. Ein Trost für Düsseldorf: Bei dieser Zählweise ist Köln keine Millionenstadt, und wahrscheinlich sogar ärmer an Bürgern als die ewige Rivalin im Norden.

Doch viel wichtiger als das Ding mit der Million ist den Kölner etwas anders: der Dom. Die Tour beginnt zu seinen Füßen. Neu ist er für die Düsseldorfer natürlich nicht. Er ist das bekannteste Haus der Republik, und außerdem gehört ja auch die Landeshauptstadt seit ewigen Zeiten zum Erzbistum Köln. Dennoch fremdeln die Tagestouristen aus dem Norden ein wenig. Ingrid Havermann hat sich sicherheitshalber Proviant mitgebracht, Butterbrote, etwas zum Trinken. Dass die Wegzehrung in einer Killepitsch-Tüte untergebracht ist, und dass sie sich damit für jeden Kölner von weitem als Düsseldorfer outet, stört sie nicht im Geringsten.

Die zweite Station führt die Reisegruppe zur Straße "Burgmauer". Sie führt direkt auf das Portal des Doms zu. "Das sollte vor 140 Jahren mal die Kaiserstraße werden — eine Prachtmeile, aber das passt nicht zu uns", sagt Ute Fendel. Am Ende wurde die Prachtmeile nur knappe 50 Meter lang. Kölsche Bescheidenheit! Die Düsseldorfer haben dafür wenig Verständnis: Erst ein paar hundert Jahre an einem monströsen Dom arbeiten, und dann eine ordentliche Zufahrt vergessen.

Michael Backhaus kommt aus Wersten und ist an Köln sehr interessiert. Er lauscht jedem Wort der Fremdenführerin. Hat der Düsseldorfer Vorurteile gegenüber Köln? "Aber ja, die Stadt ist verplant und natürlich viel zu dreckig", sagt er ohne Umschweife. "Dafür ist Köln touristisch besser aufgestellt, außerdem können die Kölner besser Karneval feiern." In Düsseldorf sei das doch eher ein Krawattenfest. Backhaus ist hart im Urteil mit beiden Rhein-Städten. Der Dom, der sei natürlich unübertroffen. Braucht Düsseldorf auch einen? Nein, meint Backhaus, und zögert: "Touristen würde es natürlich schon anlocken."

Die Tour geht weiter, der Dom ist stets nur einen Steinwurf entfernt. Ute Fendel doziert vor einer Wasserleitung aus der Römerzeit. Die Düsseldorfer machen artig Fotos. Römer-Trümmer hat in der Landeshauptstadt noch niemand gefunden. Anschließend geht es zu einem Brauhaus. Wie alles in Köln steht es neben dem Dom. Die Düsseldorfer ziehen ihr Fazit. Köln ist nicht schön, aber kultig. Köln ist der Dom. Und umgekehrt. Ohne die Riesenkirche wäre die Stadt undenkbar.

Kölner in Düsseldorf: "Überall Männer in Anzügen"

Fröhlich und gut gelaunt besteigen die Kölner Touristen den so genannten Hop-on-Hop-off-Bus am Düsseldorfer Hauptbahnhof. Die Touristen haben die Fahrt als Leser der Kölnischen Rundschau gewonnen. Fremdenführerin Uta Pollmann ist geschult im Umgang mit Kölner Touristen. Als der Bus zunächst auf die Graf-Adolf-Straße einbiegt, erzählt sie die Geschichte vom gemeinsamen Kampf der Kölner und Düsseldorfer Bürger unter der Führung von Graf Adolf von Berg, der Düsseldorf schließlich vor 725 Jahren die Stadtrechte verlieh. Die Kölner freuen sich. "Köln und Düsseldorf ergänzen sich", sagt die Fremdenführerin — die Kölner klatschen. Und sie erkennen, dass die Düsseldorfer ihnen wohl ein bisschen schmeicheln wollen. "So lang Sie uns nit als Lück aus der verbotenen Stadt bezeischnen, is alles jut", meint Richard Berg.

Und die Kölner lachen sich "halb kapott". Er war noch nicht oft in Düsseldorf. Einmal mit dem Schiff, erinnert sich seine Frau Angela Berg, mit den anderen Pensionären der Fordwerke. Mit der Flotte der Köln-Düsseldorfer kann man sonst nicht von der einen in die andere Stadt am Rhein fahren. "Ein Riesenbetruch", findet der Berg. Insgesamt scheinen die angereisten Domstädter mehr Toleranz und Düsseldorf-Liebe mitzubringen, als man erwartet hätte. Beim Wort Altbier strahlen die Kölner Gesichter. Warum es im Bus nichts davon gebe, will einer wissen.

"Die Königsallee ist wirklich schön, da jüttet nix. Mir könne jönne", sagt Helga Lamsfuß ohne Neid. Die 76-Jährige ist mit ihrer Freundin Gisela Fuchs (79) angereist. Beide sind "im Schatten des Doms aufgewachsen", wie sie sagen. Und was fällt ihnen auf? "Überall Männer in Anzügen. Die gibt's bei uns nicht", sagt Helga Lamsfuß. Gar keine Anzugträger in Köln? "Nein", die Freundinnen sind sich sicher.

Der Touri-Bus passiert den Kaufhof an der Kö. Die Fremdenführerin erklärt mit vielen technischen Details, wie die Vereisung des Untergrunds dort beim Bau der U-Bahn funktioniert, damit nichts einstürzt. Sie spricht ohne Häme. Die Kölner aber lachen wieder laut los. Sie sagen nicht warum. Kölscher Humor ist, wenn man trotzdem lacht.

Fahrt zur St.-Andreas-Kirche. 400 Jahre sei der Sakralbau alt, sagt Pollmann stolz. Die Kölner lächeln milde. Bei ihnen ist gefühlt jede zweite Wasserleitung aus der Römerzeit und damit fünf mal so alt. Doch sie verkneifen sich den Spott.
Was ist der Unterschied der Rheinländer aus den beiden Städten? "In Köln kann man sofort mit jedem", meint Angela Berg. "Der Kölner kann das natürlich auch in Düsseldorf, aber umgekehrt..." Die Kölnerin lässt den Satz unvollendet.
Nach einer Stunde fährt der Bus in den Medienhafen, vorbei am WDR. "Ihr habt ihn auch, aber bei uns isser zu Hause", sagt Hilla Stahl — und die Kölner nicken zustimmend. Beim Barbarossaplatz sind sich die Kölner dagegen einig, ihrer ist größer, unserer aber viel schöner.

Als der Bus die Düssel kreuzt, und die Fremdenführerin ihren Gästen erzählt, dass Düsseldorf eine Zweistromstadt sei, können die Kölner ihr Lachen nicht mehr unterdrücken. Die Eheleute Berg stimmen "Viva Colonia" an, die anderen singen mit, wenn auch leise. Die Fahrt endet am Bahnhof. Bei den Kölnern kommt es gut an, dass die Adresse nach einem berühmten Kölner benannt ist: Vom Konrad-Adenauer-Platz geht es "noh Kölle", heute mit der Bahn, und nicht "ze Fooß".

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