Düsseldorfer Kunstberater im Gefängnis Achenbach, schillernde Kunst-Figur und Star der Schicki-Micki-Szene

Düsseldorf · Der jetzt wegen Betrugsverdachts verhaftete Kunstberater ist in Düsseldorf auch als Gastronom und Ex-Fortuna-Präsident bekannt. Mit seiner Strand-Bar Monkey's Island wurde er zum Star der Schicki-Micki-Szene.

Kunstberater und Ex-Fortuna-Präsident: Das ist Helge Achenbach
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Kunstberater und Ex-Fortuna-Präsident: Das ist Helge Achenbach

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Foto: Endermann, Andreas

Helge Achenbach zu beschreiben, ist ungefähr so schwierig wie die Deutung eines Kunstwerks von Jörg Immendorff oder Neo Rauch. Der Mann ist so verwirrend vielschichtig wie manche der Kunstwerke, die er sehr erfolgreich vermarktete. Sein Kundenkreis war meist illuster, vor allem finanziell leistungsfähig. Schon vor über 20 Jahren verkaufte Achenbach der damaligen Victoria-Versicherung (heute Ergo) für die Eingangshalle ihres neuen Gebäudes an der Fischerstraße zwei Werke eines Künstlers namens Gerhard Richter. Sie kosteten einige hunderttausend Mark - heute sind sie Millionen Euro wert. Die Versicherung schätzt den Berater daher sehr. Ähnlich mit Andreas Gursky: Als nur wenige an Fotografien als Kunstwerke glaubten, handelte Achenbach bereits mit den Fotos - jene, die ihm damals vertrauten, freuen sich heute über enormen Wertzuwachs. Auch Neo Rauch erkannte Achenbach als aufgehenden Stern früher als andere. Die Liste ließe sich fortsetzen.

Ein Stück Genie also, aber auch viel Talent. Und Cleverness. Achenbach hatte früh begriffen, dass Kunst am Bau auch kulturell wertvoll und wirtschaftlich interessant sein kann. Immer mehr Firmen kamen zu ihm und ließen sich maßgeschneiderte Konzepte liefern. Die Unternehmen gaben das Geld, Achenbach lieferte die Werke. Wie hoch die Provision war, hat er ungern verraten - wie das sonst so ablief, auch nicht. Das hat Neider auf den Plan gerufen, weil er viel Geld verdiente.

 Helge Achenbach in seinem früheren Büro im Hafen - mit Blick auf die Gehry-Bauten und die Hafenspitze, wo er 2003 Monkey's Island gründete.

Helge Achenbach in seinem früheren Büro im Hafen - mit Blick auf die Gehry-Bauten und die Hafenspitze, wo er 2003 Monkey's Island gründete.

Foto: Endermann

Achenbach kennt und kannte sie alle - Cragg, Mack, Immendorff, Lüpertz, Richter, Gursky, Ruff. Sein fotografisches Gedächtnis war gespickt mit Namen, Eigenheiten, Kontaktdaten. Mit den meisten war er per Du, viele verdankten ihm viel. Vor allem Geld.

Als Immendorff seinerzeit wegen Kokain-Missbrauchs vor Gericht stand und verurteilt wurde, tauchte auch Achenbachs Name auf. Viel später musste er zugeben, die Laster des Künstlers finanziert zu haben - unwissentlich, wie er betonte. Immendorff sei in sein Büro gekommen, wollte fünfstellige Summen geliehen - und die hat "der Jörg" dann auch bekommen. Achenbach war großzügig, ließ sich zur Sicherheit eine Quittung ausstellen. Auch wenn er gerne sagte "Easy come, easy go", gemeint war damit das Geld.

Wie umfangreich sein persönlicher Kunstbesitz ist, hat Achenbach bestenfalls andeutungsweise preigegeben - aber Kenner der Szene zweifeln nicht daran, dass er Millionenwerte in einem sicheren Lager irgendwo im Großraum Düsseldorf hütet. Mit Werken von Richter, Gursky, Warhol, Liechtenstein und anderen Berühmtheiten.

 Vater und Sohn vor dem Restaurant Monkey's - Helge Achenbach mit seinem Sohn Benni, der das Restaurant zuletzt leitete.

Vater und Sohn vor dem Restaurant Monkey's - Helge Achenbach mit seinem Sohn Benni, der das Restaurant zuletzt leitete.

Foto: Thomas Busskamp

Abseits von Kunst jedoch lernten ihn die meisten Düsseldorfer zunächst als Präsidenten von Fortuna Düsseldorf kennen, dieses Amt hatte er von 1997 bis 2000. Fan war er schon lange gewesen, auch und gerade zu den schlechten Zeiten des Klubs. Er holte in den Neunzigern Klaus Allofs als Trainer. "Unsere Lichtgestalt", schwärmte er und sah die Fortuna schon "in drei Jahren in der Champions League". Als er nach dem Niedergang hinwarf, bilanzierte Achenbach selbstkritisch: "Wir waren alle Dilettanten." Eine chaotische Zeit, die ihm heute noch nachhängt - eingefleischte Fortuna-Fans hatten ihn nie akzeptiert, und sie werfen ihm noch heute Fehler vor.

Eher zufällig startete Achenbach Jahre später eine Karriere als Gastronom. Weil er von seinem Büro im oberen Stockwerk eines Hochhauses an der Kaistraße auf ein Brachgelände an der gegenüberliegenden Speditionstraße schaute, dachte er Tage lang über eine mögliche Nutzung dieses Areals auf einer Landzunge im Rheinstrom nach. Die schließlich entstandene Idee: Dort eine Bar zu errichten, mit Sandstrand und Körben, das müsste doch funktionieren.

Im Frühsommer 2003 eröffnete er Monkey's Island - benannt nach den Affen, die Immendorff so gern in allen möglichen Posen gegossen und die Achenbach für ihn verkauft hatte. Mehrere von ihnen, zwei Meter hoch, standen dort, sehr dekorativ, auf weißem Sand und zwischen Palmen und Cocktail-Bar. Das Gelände hatte Achenbach für einen Spottpreis von der Stadt gepachtet, was den damaligen OB Joachim Erwin später vor Zorn schäumen ließ, als er miterlebte, welche Umsätze gemacht wurden.

Denn die Affeninsel wurde zum "place to be" für Tausende von Menschen aus Düsseldorf, aber auch aus der Umgebung: Im Jahrhundertsommer 2003 pilgerte, wer auf sich hielt, zur Insel, genoss den Sonnenunter- manchmal bis zum -aufgang. Der Sandstrand in der City wurde berühmt, noch heute gibt es bundesweit zahlreiche Nachahmer. Der Versuch, auch im Winter mit szenigem Ambiente zu locken, funktionierte nicht - die Energiekosten waren zu hoch. Leider war es in Düsseldorf schnell vorbei mit dem Bacardi-Feeling mitten in der Stadt: 2006 musste die Insel geräumt werden, dort steht heute das Hyatt-Hotel.

Nicht nur in dieser Zeit legte sich Achenbach oft mit Erwin an, stichelte, wo er konnte. Am Ende war das Tischtuch mit dem Mächtigen im Rathaus zerschnitten. Achenbach, übrigens seit Jahrzehnten SPD-Mitglied, spielte sogar mit dem Gedanken, gegen Erwin als OB-Kandidat anzutreten. Aber er ließ es und startete das nächste Gastronomie-Projekt: die Monkey's-Plaza am Graf-Adolf-Platz mit drei Restaurants, üppig mit Kunst ausgestattet. Fotos von Struth und Gursky, Leuchter von Nam Jun Paik. Ein Projekt, das immer teurer wurde, Achenbach schulterte das. Easy come, easy go, sagte er auch da.

Das jedoch klappte dieses Mal nicht wirklich, und der älteste Sohn des Düsseldorfer Kunst-Kenners, Benni, übernahm die Leitung des Restaurants und hatte anfangs sogar Erfolg, nicht zuletzt wegen des Sterne-Kochs Christian Penzhorn. Aber auch unter einem Stern war das Restaurant schließlich nicht mehr profitabel. Man versuchte neue Konzepte, und nun ist die Zukunft des Monkey's offen. Aber in diesen Tagen wird es eine Entscheidung geben, heißt es.

(RP)
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