Düsseldorf Absurdes über Hermann Harry Schmitz

Düsseldorf · Feierabend in der Stadtsparkasse zu Ehren des Düsseldorfer Satirikers, der vor 100 Jahren starb.

 Konrad Beikircher auf den Spuren von Hermann Harry Schmitz – im Forum der Stadtsparkasse,

Konrad Beikircher auf den Spuren von Hermann Harry Schmitz – im Forum der Stadtsparkasse,

Foto: Andreas Endermann

Im Publikum ist man schon leicht besorgt, als Klaus Lehmann seine Begrüßung spricht. "Wo ist denn der Dritte", fragt eine Zuschauerin ihre Sitznachbarn. Allgemeinem Umgucken folgt dann die Erleichterung: "Da hinten steht er." Olli Dittrich ist also auch angekommen.

"Meister der Groteske" hatte die Hermann-Harry-Schmitz-Societät versprochen, und eigentlich war schon das Arrangement dieses Abends ein wunderbarer Witz. Denn die Lesung wurde von WDR 5 mitgeschnitten, und weil man den Anforderungen des Mediums gerecht zu werden versuchte, integrierte man das radiophone Element direkt ins Programm: Nachdem er ihnen gleich viel Vergnügen gewünscht habe, erklärt Eröffnungsredner Lehmann den Anwesenden, werde er seine Begrüßung wiederholen. Denn erst dann schalte der WDR die Aufnahmegeräte ein.

Also dann: "Viel Vergnügen." Applaus. Kann jetzt losgehen. Und wieder Lehmann: "Herzlich willkommen hier im Forum der Sparkasse Düsseldorf." Das ist der erste große Lacher heute Abend.

Weil sich 2013 der Todestag des Düsseldorfers Satirikers Hermann Harry Schmitz zum 100. Mal jährt und er nach wie vor als "berühmter Geheimtipp" gilt, lud die Societät in die Stadtsparkasse. 300 Zuhörer werfen da lachend den Kopf in den Nacken, wenn Kabarettist Frank Meyer die "Fabel ohne Moral" rezitiert. "Verzeihen Sie, ich bin eine Stricknadel", lässt ein Regenwurm den gefräßigen Hahn wissen. "Ach so, dann entschuldigen Sie bitte." Ende.

So geht das hier zu, immer einen Tick neben der Spur, nie ohne den feinen Sinn fürs Absurde. Auch Konrad Beikircher kennt diesen Harry-Schmitz-Irrsinn. Er liest eine Erzählung, da geht es mit der Tante ins Kaufhaus, zum Blusenkauf. "Der Bart wächst mir in die Stiefel", liest Beikircher, dem Wahnsinn nahe, der Einkauf dauert nun schon mehrere Jahre. Zum Schluss verendet der Erzähler in der Drehtür – und damit nicht genug, das Kaufhaus stürzt mit der Tante ein. Schmitz-Humor. "Wir bleiben auf WDR 5", sagt Beikircher zum Abgang. Er sei angehalten, das öfter zu sagen, sonst schalteten die Hörer um.

Im Foyer steht nun Wilfried Pesch von der Schmitz-Societät. Er blättert in einem Band über Hermann Harry Schmitz, der hier zum Kauf ausliegt. "Das ist das Kaufhaus, von dem Konrad Beikircher eben sprach", sagt er und zeigt auf ein Foto in Sepiatönen. Ein paar Seiten weiter sieht man Schmitz im Sommerurlaub, im weißen Dreiteiler, dazu eine Notiz: "Für die Kakteen im Hintergrund kann ich nichts." "Es gibt einen Hunger nach echter Satire", sagt Schmitz-Bewunderer Pesch, "wir merken das. Im Fernsehen gibt's ja auch nur noch Ballaballa." Dann legt er das Buch zurück auf den Stapel. Man kann die Vorfreude spüren, als es zurück in den Saal geht. Aber sie wäre auch gekommen, hätte Olli Dittrich nicht zugesagt, betont eine Dame. Nun aber steht er am Mikrofon, er liest nicht Harry Schmitz, sondern aus dem Nachlass von Heino Jaeger. Manches wurde ihm zugesteckt, anderes hat er selbst transkribiert, erzählt er. Heino Jaeger ist Dittrichs Passion, und auch so ein Geheimtipp. "Viele Ukrainer sind einfach hierher gekommen, als wollten sie sagen, wir kommen einfach hier her", parodiert Dittrich einen Sportmoderator, so wie es Heino Jaeger gemacht hätte: hysterisch, voll am Anschlag, ohne erkennbaren Sinn. Jaeger und Schmitz, das sind Brüder im Geiste.

Später stehen sie gemeinsam am Büchertisch, Frank Meyer, Konrad Beikircher und Olli Dittrich. Fotos werden geschossen, dass es nur so blitzt. Wer weiß, wann man die drei wieder gemeinsam vor die Linse bekommt. "Geben Sie den Namen mal im Internet ein", rät Dittrich einem Gast, immer noch ganz bei Jaeger. Und: "Sie müssen das hören!" Societäts-Mann Pesch verabschiedet sich, langsam leert sich die Sparkasse. Nur einer rührt sich nicht vom Fleck: Olli Dittrich ist immer noch da.

(RP)
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