Rotlicht-Prozess in Düsseldorf Abhörgeräte im Auto des Angeklagten

Düsseldorf · Mit Verlesung der Anklage am dritten Prozesstag und einer scharfen Kontroverse zwischen Verteidigern und Staatsanwaltschaft wurde am Montag der Landgerichtsprozess um angeblichen Bandenbetrug von Bordellmitarbeitern fortgesetzt. Neun Angeklagte, darunter vier Frauen, sollen über Jahre hinweg mindestens 27 Bordellkunden betäubt, deren Bankkarten heimlich bis ans Limit belastet und 300 000 Euro erbeutet haben.

Zugleich haben einige Verteidiger schwere Vorwürfe gegen die ermittelnde Staatsanwältin Julia Hartmann erhoben. Sie habe Beweismittel unterdrückt und im Zusammenhang mit einer verdeckten Polizeiaktion und einem durchstochenen Autoreifen sogar Strafvereitelung und Rechtsbeugung begangen. In einer Erklärung hat sich die Leiterin der Staatsanwaltschaft nun aber schützend vor die Ermittlerin gestellt.

"Ich würde gerne mal vorankommen in der Sache", seufzte der Vorsitzende Richter Markus Fuchs zu Verhandlungsbeginn. Doch erst nach einer Prozessstunde konnte die Verlesung der Anklage beginnen. Zuvor waren (von einer anderen Strafkammer) Befangenheitsanträge der Verteidiger gegen das Gericht zurückgewiesen worden.

Und in einer Erklärung stärkte die Chefin der Staatsanwaltschaft ihrer hart angegriffenen Staatsanwältin Julia Hartmann den Rücken. Angeblich soll diese Anklägerin, so trugen es mehrere Verteidiger gestern vor, bei den Ermittlungen Straftaten begangen haben und müsse nun abgelöst werden.

So wurden im Rahmen der damaligen Ermittlungen im Rotlichtmilieu auch Abhörgeräte im Auto des Hauptverdächtigen Thomas M. (48) installiert. Monatelang sollen die Ermittler auf diese Chance zum heimlichen Einbau gewartet haben. Dann zerstach einer der Beamten bei einem anderen Auto kurzerhand einen Reifen, damit die Lauschgeräte endlich in den Wagen von M. eingeschmuggelt werden konnten.

Ermittlungen wegen Sachbeschädigung des Reifens durch Polizisten soll die Staatsanwältin eigenmächtig an sich gezogen und illegal eingestellt haben, so der Vorwurf der Verteidigung.

Dem widersprach aber die Leitende Oberstaatsanwältin als Behörden-Chefin per schriftlicher Erklärung. Demnach sei alles korrekt verlaufen, einen Grund zur Ablösung jener Staatsanwältin in diesem Verfahren gebe es nicht.

Für den Prozess, der heute am Landgericht fortgesetzt werden wird, haben die Verteidiger gestern schon eine weitere Formalrüge angekündigt.

Diesmal geht es um die Besetzung der Richterbank und darum, ob der Vorsitzende Richter, seine beiden Berufskollegen sowie die Laienrichter korrekt ausgewählt wurden.

Ein Urteil wird frühestens im kommenden Jahr erwartet — nach insgesamt 93 Prozesstagen.

(RP)
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