4500 Düsseldorfer Schüler besuchen jedes Jahr den Zentralschulgarten Wo Stadtkinder in der Natur lernen können

Düsseldorf · Ohne seinen Förderverein würde es den Zentralschulgarten wohl nicht mehr geben. 4500 Schüler lernen im Jahr dort Wissenswertes über die Natur. Auch wer kein Mitglied ist, kann sich in dem Garten engagieren.

 Den Zentralschulgarten am Räuscherweg nutzen vor allem Grundschüler im Offenen Ganztag dazu, in der Natur aktiv zu sein.

Den Zentralschulgarten am Räuscherweg nutzen vor allem Grundschüler im Offenen Ganztag dazu, in der Natur aktiv zu sein.

Foto: Endermann, Andreas (end)

Die OGS-Gruppe der KGS im Dahlacker fühlt sich sichtlich wohl im Zentralschulgarten am Räuscherweg. Endlich können die Schüler, nachdem sie den ganzen Morgen gesessen haben, ihrem Bewegungsdrang nachkommen, herumrennen, Pflanzen untersuchen oder einfach das Gelände erkunden. Gerade haben sie lange Weidenäste abgeschnitten, die sie auf unterschiedliche Weise verarbeiten. Einige schnitzen, andere versehen die Äste mit Mustern und manche flechten Kränze aus den biegsamen Zweigen. „Was kann man denn so alles mit dem Kranz machen“, fragt Marc Remmert, der die Kinder gerade betreut. Einen Wurfring, einen Adventskranz, einen Heiligenschein, die Antworten sind vielfältig. „Eigentlich mache ich das nur so aus Spaß“, gibt Ben zu. Tammo hat sich lieber in den Unterrichtsraum zurückgezogen und untersucht unter dem Mikroskop Samen und Blätter. „Ich mag die Wissenschaft. Später möchte ich Astronaut werden, damit ich noch mehr Experimente machen kann“, erklärt der Schüler.

Die Bilker AG ist eine von 15 Gruppen, die nachmittags in den Schulgarten kommen und dort lernen verantwortlich mit der Natur umzugehen. Vormittags besuchen rund 4500 Schüler jährlich das 3,5 Hektar große Areal, machen bei Führungen mit und lernen spielerisch alles über die Natur. Betreut werden sie dabei von freien Mitarbeitern des Gartens. „Die kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen, wie Biologie oder Hauswirtschaft, das ist uns sehr wichtig“, sagt Sascha Grünewald, Leiter des Zentralschulgartens. Remmert ist Grafiker und zeichnet viel mit den Kindern. „Ich wollte mal was Anderes machen und mit Kindern arbeiten“, erzählt der Grafiker.

Möglich macht das Ganze unter anderem der Förderverein des Schulgartens, der die Anlage finanziell, mit Lehrmitteln und auch personell unterstützt. Ohne ihn würde die Institution in dieser Form wohl nicht mehr existieren.

Als 1995 Pläne aufkamen, Teile des Schulgartens zu bebauen und den Garten dafür zu versetzen, bildetet sich schnell eine Bürgerinitiative, um dies zu verhindern. Keiner konnte sich vorstellen, wie ein ganzer Garten, umziehen könne. Mit einer Demo vor dem Rathaus machte die Initiative auf sich aufmerksam und war erfolgreich. Aus dieser Bewegung gründetet sich 1996 der „Förderverein historischer Schulgarten Räuscherweg Natur- und Begegnungszentrum e.V.“. Seitdem setzen die Mitglieder sich dafür ein, die Bekanntheit des Schulgartens, der 1913 von Christoph Steinmeyer gegründet wurde, in die Stadt zu tragen und zur Weiterentwicklung beizutragen.

In den Jahren danach ist viel passiert. „Unser größtes Projekt war wohl die Schafsherde. Wir haben einen Vertrag mit einem Schäfer. Der bringt uns im Frühjahr Mutterschafe mit ihren Lämmern und holt sie im Herbst wieder ab. So können die Kinder hier sehen, wie Streuobstwiesen traditionell bewirtschaftet wurden“, berichtet Vorstandsmitglied Petra Tacke-Hilgers.

Der Verein hat einen Barfuß-Tastpfad konstruiert und ein Heilkräuterbeet und einen Gartenteich angelegt. „Der ist toll“, findet Tienush, der gerne schaut, was im Wasser so alles lebt. Das große Highlight für den Verein war die Veranstaltung „Natur im Licht“, bei der der Garten anlässlich seines 100. Geburtstages illuminiert wurde. Für das nächste Jahr sind Kräuterwanderungen, Workshops und Kochen am offenen Feuer geplant. „Mein größter Traum wäre ein Permakulturgarten“, verrät die 60-Jährige. „Toll wäre es, wenn uns mehr Leute unterstützen würden.“ Etwas Unkraut jäten, Fallobst aufsammeln, bei Projekten helfen, Arbeit gibt es immer. Dafür muss man auch kein Mitglied sein. „Wir freuen uns aber auch sehr über Nachwuchs im Verein. Wir laufen Gefahr, zu überaltern. Unser Vorstand hat sich seit der Gründung nicht verändert. Es wäre schön, wenn wir jemandem unser Baby übergeben könnten.“

Die Schüler lieben es, sich im Garten auszutoben. Gerade der Mitmachgarten lädt zu viel Aktion ein. „Wir möchten eine Mischung aus Erlebnispädagogik und Wissensvermittlung anbieten und gleichzeitig die sozialen Kompetenzen der Schüler stärken“, sagt Grünewald. Und gerade das gemeinsame Erleben scheint bei den Kindern gut anzukommen. Fragt man sie, was ihnen bisher am besten gefallen hat, sind sie sich einig. Aktivitäten wie Grillen, Kastanien rösten, Stockbrot machen und Apfelsaft herstellen, stehen ganz oben auf der Liste. „Dabei vermitteln wir immer auch Wissen“, betont Grünewald. „Wenn wir Stockbrot machen, sprechen wir beispielsweise über Getreide.“

Manchmal könne man auch witzige Geschichten erleben, erzählt der Leiter der Anlage. „Letztens fragte ein Kind, wo denn der Dönerbaum stände“, lacht er. Das sei mal was Neues gewesen. Vorher gab es immer Spinat-Missverständnisse. „Wenn wir Schülern frischen Spinat gezeigt haben, waren einige erstaunt. Schließlich sei Spinat doch eckig und mit einem Blubb versehen.“ Der Weg von frischen Produkten bis zur Verarbeitung sei häufig gar nicht mehr bekannt. Darum wollen die Mitarbeiter des Gartens die Kinder an den gesamten Prozessen von der Aussaat bis zur Verarbeitung teilhaben lassen.

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