Düsseldorf 40 Jahre U-Dax: das freche Gesicht der Baustelle

Düsseldorf · Seit vier Jahrzehnten muss einer den Ärger über Lärm, Schmutz und Staus wegen der vielen Baustellen ausbügeln: der U-Dax. Das Maskottchen der Düsseldorfer U-Bahn-Baustellen ist in der Stadt beliebt. 15-mal wurde es als Gummifigur aufgelegt. Der U-Dax gilt als äußerst fleißig – und er ist nicht käuflich.

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Seit vier Jahrzehnten muss einer den Ärger über Lärm, Schmutz und Staus wegen der vielen Baustellen ausbügeln: der U-Dax. Das Maskottchen der Düsseldorfer U-Bahn-Baustellen ist in der Stadt beliebt. 15-mal wurde es als Gummifigur aufgelegt. Der U-Dax gilt als äußerst fleißig — und er ist nicht käuflich.

Die Baustellen der U-Bahn haben nicht nur den Düsseldorfer Erdboden aufgewühlt, sondern stets auch die Gemüter der Bürger. Als Anfang der 1970er Jahre mit dem Bau der ersten U-Bahn-Strecken in der Landeshauptstadt begonnen wurde, machten sich die Verantwortlichen der Stadtverwaltung Gedanken darüber, wie man den lästigen Baustellen einen sympathischen Botschafter an die Seite stellen könnte. Im Jahr 1972 kam man auf die Idee, ein möglichst freundliches Maskottchen zu entwerfen.

Die Wahl fiel auf einen Dachs. Er galt den Vätern des U-Bahn-Baus als bester Begleiter für die Arbeiten tief unter der Erde. Aber warum wählte man keinen Maulwurf? "Der Maulwurf ist neben seiner tollen Eigenschaften als Tunnelgräber leider bekanntlich auch sehr kurzsichtig.

Das hätte nicht zu einem so weitsichtigen Bauprojekt wie der Düsseldorfer U-Bahn gepasst", sagt Manfred Blasczyk vom Amt für Kommunikation. Außerdem, vermutet U-Dax-Fan Blasczyk, haben die schwarzen Streifen auf dem weißen Dachs-Fell einen sympathischen Eindruck erweckt. Blasczyk war damals, als der U-Dax entwickelt wurde, selbst neu bei der Stadt. Er gehört zu den wenigen Menschen, die von jeder je produzierten U-Dax-Figur ein Exemplar besitzten.

Seinen Job tritt der U-Dax am 24. März des Jahres 1973 an. Anlass ist der Baubeginn für die U-Bahn-Linie an der Fischerstraße. Entworfen hat ihn der Hildener Grafiker Joka Friedrich. Der noch ausgeruhte U-Dax hat einen ordentlichen Bauch und muskulöse Oberarme. Die sind für einen Tunnelbauer zu dieser Zeit auch notwendig. "Damals musste der U-Bahnbau noch in offenen Gruben erfolgen. Harte Arbeit", sagt Manfred Blasczyk. Als Arbeitsgerät hat der Ur-U-Dax einen Presslufthammer, das richtige Gerät für die Baustelle in der Grube.

U-Dax als Schwanenretter

Der zweite U-Dax aus von 1975 und 1976 kommt mit einer Schaufel daher. "Damals wurde an der Unterfahrung des Hofgartens gearbeitet. Da war feineres Werkzeug als der Presslufthammer notwendig", so Blasczyk. Die passende Hartgummifigur gab es in zwei Varianten, eine mit dunkelblauer, die andere mit hellblauer Latzhose. Die Latzhose ist das Lieblingskleidungsstück des U-Dax. Nicht mal Blasczyk hat ihn je ohne gesehen.

U-Dax Nummer drei hätte auch für heutige Zeiten noch die richtigen Utensilien: Er hält ein Umleitungsschild — allgemeines Symbol für die zahlreichen Baustellen der Landeshauptstadt. Er wird zum ersten Mal beim Spatenstich für den U-Bahnhof an der Heinrich-Heine-Allee am 13. Januar 1979 gezeigt.

Als großer Tierfreund zeigt sich der U-Dax im Herbst desselben Jahres. "Im September 1979 wurde der Kö-Graben trockengelegt und als Lagerfläche für die U-Bahn-Baustelle genutzt. Besondere Aufmerksamkeit galt den Tieren im Kö-Graben, die vorübergehend umziehen mussten", sagt Manfred Blasczyk. Daran ist der 1979er U-Dax tatkräftig beteiligt. Er trägt einen Schwan auf dem Arm. Der Vogel schmiegt seinen langen Hals an den Grimbart. Apropos Grimbart. Der Dachs in der Fabelwelt gilt als ruhig und bedächtig. Das ist auch der U-Dax.

Es ist nicht bekannt, dass er je grölend in einer Altstadtkneipe gesichtet wurde. Hektik und Ausgelassenheit sind ihm fern. "Der U-Dax ist vor allem fleißig", bescheinigt ihm aber der langjährige Weggefährte Blasczyk. In der Tat gibt es in den vierzig Jahren keine U-Dax-Figur, die sich in der Sonne räkelt oder anderweitig auf der faulen Haut liegt. Der U-Dax wirkt immer beschäftigt. Ein "Pack-An-Typ", eben. Und grimmig wie der Dachs in der Fabel ist der U-Dax auch nie. Er blickt stets freundlich, ist ein echter Rheinländer und strahlt Optimismus aus — sicherlich einer der Gründe, die ihn bei den Düsseldorfern und seinen vielen Sammlern so beliebt gemacht haben.

In den frühen 1980ern allerdings scheint der U-Dax etwas nachlässiger zu werden, zumindest was den Arbeitsschutz angeht. Als die U-Bahn-Baustelle 1981 den Hauptbahnhof erreicht, legt der U-Dax erstmals seinen blauen Bauhelm ab. Stattdessen trägt er eine rote Bundesbahnmütze und reckt eine Schaffnerkelle in die Höhe. Das steht symbolisch für die Verbindung von U- und S-Bahn-Netz.

1981 hebt der starke Vierbeiner mit nur einer Hand das Wilhelm-Marx-Haus. Damals wurde unter den Mauern des Gebäudes eine weitere Tunnelröhre vorgetrieben. Das älteste Hochhaus der Stadt musste aufwendig abgestützt werden. Dass die Wahl eines Dachses die richtige für ein U-Bahn-Maskottchen war, zeigt ein Blick in die echte Tierwelt. Ein Dachsbau kann über Jahrzehnte oder vermutlich sogar Jahrhunderte genutzt werden. Jede Dachs-Generation dehnt ihn weiter aus und fügt Gänge und Kammern. hinzu. Ein in Großbritannien untersuchter Rekord-Dachsbau umfasste 50 Kammern und 178 Eingänge, die durch insgesamt 879 Meter Tunnel miteinander verbunden waren.

U-Dax 16 Jahre älter als der DAX

Warum der U-Dax mit X am Ende geschrieben wird ist heute ein Rätsel. Vermutlich passte das kürzere Wort besser in eine Zeitungsüberschrift. Vom Frankfurter Börsenindex DAX jedenfalls stammt die Verkürzung nicht. Der wurde nämlich erst 1988 erfunden, da war der U-Dax bereits 16 Jahre alt. Mitte der 1980er Jahre macht der U-Dax erstmals Fremdwerbung. Die Figur, die zum Bau der Bahnhöfe Steinstraße und Oststraße vorgestellt wird, trägt auf dem Bauhelm das Logo des Baukonzerns Strabag. Ob dafür Geld an den Baustellen-Dachs geflossen ist, ist unklar. Manfred Blasczyk aber unterstellt dem fleißigen Tier Unbestechlichkeit: "Der U-Dax ist nicht käuflich!" Das gilt im Übrigen für sein ganzes bisheriges Leben. Denn den U-Dax kann man nirgendwo offiziell gegen Geld erwerben. Zu besonderen Anlässen wird er an Kinder und Erwachsene verschenkt.

Von jeder der bisher produzierten Hartgummi-Figuren wurden zwischen 5000 und 10 000 Exemplaren produziert. Unter Sammlern sind vor allem die älteren U-Daxe heiß begehrt. Allein auf dem Internet-Portal Kalaydo wird zurzeit ein halbes Dutzend der kleinen Dachse angeboten. Den schwersten U-Dax aller Zeiten haben neben Manfred Blasczyk nur ganz wenige in ihrer Sammlung. Eine polnische Gießerei fertigte eine sehr kleine Serie von Figuren aus Bronze. Zum Umweltaktivisten wurde der U-Dax in den frühen 1990er Jahren. Symbolisch machte er sich für den Schutz der Bäume entlang der entstehenden U-Bahn-Strecke Erkrather Straße/ Ronsdorfer Straße stark. Die Figur trägt einen grünen Baum, dessen Wurzeln sorgsam in ein Tuch gehüllt wurden. Über das Privatleben des U-Dax ist in der Öffentlichkeit wenig bis nichts bekannt. Insider sagen, er sei ein ewig junger Kerl, der unentwegt arbeite. Außerdem ist er ein Frauentyp, weil er als handwerklich begabt gilt. Er hat den Ruf als "Macher". Sein Auftritt ist ruhig aber selbstbewusst.

Allerdings hat ihm offenbar über die Jahre das viele Arbeiten zugesetzt. Der 2004er U-Dax und die folgenden sind deutlich magerer als noch die ersten Figuren. Die Gesichtszüge wurden ausgeprägter, wohl auch ein Ausdruck von Reife.

Beim Bau des Arena-Bahnhofs blickt der U-Dax in das geöffnete Dach der damaligen LTU-Arena. Eines der wenigen Male, dass man den U-Dax in entspannter Pose sehen kann. 2007 präsentiert er sich wieder voller Energie mit einem Spaten neben dem Hochhaus GAP 15 zum Bau der Wehrhahnlinie. 2010 in seiner bislang letzten Pose steht er in freudiger Erwartung neben der Tunnelbohrmaschine Tuborine. Im Internet gibt es ein vielfältiges digitales U-Dax-Angebot. Auf der Seite der Stadt kann man kostenlos elektronische Grußkarten mit diversen U-Dax-Motiven verschicken.

Solange die Wehrhahn-Linie gebaut wird, ist sein Konterfei an vielen Stellen in der Stadt zu sehen. So etwa heute an der Kö, wo er mit seinem wohl berühmtesten Zitat ("Eine Stadt verändert ihr Gesicht") abgebildet ist. Dass der U-Dax inzwischen zu den Größen in der Stadt zählt, zeigt der Besuch, den ihm Bilfinger Berger-Chef Roland Koch und Oberbürgermeister Dirk Elbers im November abstatteten. Der nächste U-Dax soll noch in diesem Jahr aufgelegt werden.

Das fleißige Tier widmet sich der Vereisung des Erdreichs unter dem Kaufhof an der Kö. U-Dax-Fans sind gespannt, wie die Grafiker das wohl umsetzen. Ab 2015, nach Fertigstellung der Wehrhahnlinie, könnte es ruhig werden um den U-Dax, der die Düsseldorfer dann mehr als vier Jahrzehnte durch die U-Bahn-Baustellen begleitete. "Dann macht der U-Dax erst mal Pause", sagt Blasczyk. Doch wer weiß, vielleicht ist seine Hilfe wieder gefragt, wenn irgendwann die U 81 bis zum Flughafen ausgebaut wird.

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