Serie Eltern und ihre Sorgen "2000 Kita-Plätze werden fehlen"

Düsseldorf · Ab August 2013 haben Kinder unter drei Jahren einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. Kommunen, Eltern und Erzieher stehen vor großen Herausforderungen. Die RP lässt in einer Serie die Beteiligten zu Wort kommen.

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Foto: Stadt/ dpa/ Radowski

Mit dem Bau von 38 neuen Kindertagesstätten in den kommenden 24 Monaten, der Erweiterung von Spielgruppen und Tagespflege-Einrichtungen wappnet sich die Landeshauptstadt für den Sommer 2013. Dann greift der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für unter Dreijährige. Zumindest auf dem Papier. Denn dass wirklich alle Düsseldorfer Kinder, die einen Platz benötigen, auch tatsächlich einen bekommen, ist selbst im überdurchschnittlich gut versorgten Düsseldorf unwahrscheinlich.

"Die Stadt wird den einklagbaren Rechtsanspruch möglicherweise nicht erfüllen können", sagt Oberbürgermeister Dirk Elbers. Die Bundesregierung müsse Klarheit schaffen, wie sie mit diesem Rechtsanspruch umgehen wolle. Die Kommunen dürften "bei der nun drohenden Klagewelle nicht allein gelassen werden".

Johannes Horn, Leiter des Jugendamtes, wagt für die RP eine "vorsichtige Prognose". Er schätzt, dass im Verlauf des gesamten Kita-Jahres 2013/14 im U3-Bereich unter dem Strich "rund 2000 Plätze" fehlen werden. Trotz eines Ausbau-Programms, bei dem laut Horn selbst stillgelegte Sakralbauten, wie die Christus-Kirche am Pastor-Busch-Weg künftig als Tagesstätte genutzt werden sollen.

Die wichtigsten Eckdaten im Überblick:

Bestand/Lücken Zum Stichtag 1. März 2012 gab es laut Stadt in Düsseldorf im U3-Bereich exakt 5535 Betreuungsangebote: 3221 Plätze in Kitas, 1258 in der Tagespflege, 576 in privat-gewerblichen, nicht staatlich geförderten Einrichtungen, 480 in Spielgruppen. Am 1. August 2013 sollen es 6721 Plätze sein. Die U3-Betreuungsquote läge dann bei knapp 39 Prozent. Bis August 2014 sollen noch einmal rund 1200 Plätze hinzukommen.

Zum Vergleich: Über den neu geschaffenen Kita-Navigator erhielten für den Stichtag 1. August 2012 etwa 3400 Eltern eine Absage. Überwiegend traf es jene, die einen U 3-Platz suchten. Wann sich die Schere zwischen Angebot und Nachfrage genau schließt, wollen weder Horn noch der städtische Jugenddezernent Burkhard Hintzsche vorhersagen. Zu viele Unbekannte spielten dabei eine Rolle - darunter auch das für 2013 geplante Betreuungsgeld.

Kita-Neubau Die Zahl der Kindertagesstätten in der Landeshauptstadt soll in den kommenden zwei Jahren von derzeit 312 auf 350 wachsen. "23 neue Kitas gehen im laufenden Kindergarten-Jahr 2012/2013 ans Netz. Voraussichtlich im November 2013 werden wir im U3-Bereich eine Betreuungsquote von 45 Prozent, in Garath und Hellerhof sowie in einigen Stadtteilen des Nordens sogar von 60 Prozent erreichen", sagt Horn. Dagegen gebe es in den Stadtbezirken I bis IV "Nachholbedarf".

Kosten Den Neubau der Kitas finanziert Düsseldorf über Investoren-Modelle. Hierbei zahlen Investoren den Bau der Kitas und holen sich die Kosten über eine langfristige Vermietung an die Stadt zurück (public private partnership/ppp-Modell). Angesichts des massiven Ausbaus steigt der städtische Aufwand für die Kinderbetreuung. Hintzsche nennt Details: "2013 liegt der Aufwand für die Betreuung aller Düsseldorfer Kinder von null bis sechs Jahren bei 201,6 Millionen Euro. Nach Abzug von Landeszuschüssen und Elternbeiträgen in Höhe von 82,5 Millionen bleiben für die Kommune 119,1 Millionen Euro. 2014 steigt dieser städtische Anteil auf 128,6 Millionen Euro, 2015 auf 130,1 Millionen Euro."

Überbelegung Um Spitzen abzufangen, hält Horn es für möglich, dass beispielsweise in den T 1-Gruppen (sechs Zweijährige, 14 Drei- bis Sechsjährige, zwei Fachkräfte) vorübergehend ein bis zwei Kinder zusätzlich betreut werden. Damit stiege die Kinderzahl dort von 20 auf bis zu 22.

Personal Noch gibt es nach Einschätzung der Stadt genügend Bewerber für die ausgeschriebenen Stellen. Freilich könnte der Markt bald enger werden. Deshalb sollen Kinderpflegerinnen zu Erzieherinnen weitergebildet werden. "Auch über den Einsatz von Sozialarbeitern mit Bachelor-Abschluss denken wir nach", sagt Horn.

Morgen lesen Sie: Eltern und ihre Sorgen.

(ila)
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