Düsseldorf 19-Jähriger stirbt in aufgemotztem Golf - illegales Rennen?

Düsseldorf · Der Wagen prallte in der Nacht zu Dienstag vor dem Baumarkt in Gerresheim gegen einen Baum. Die Mitfahrer des Getöteten wurden schwer verletzt. Ein Fahrfehler oder ein verbotenes Rennen? Die Polizei ermittelt in alle Richtungen.

Kurz nach 2 Uhr verlor gestern früh ein junger Mann die Kontrolle über seinen Golf. Das mit einem starken Sechszylindermotor hochgerüstete Fahrzeug geriet auf der Straße Nach den Mauresköthen auf eine Verkehrsinsel, schleuderte über die Fahrbahn und prallte mit der Beifahrerseite gegen einen Baum.

Bekannte der Fahrzeuginsassen hatten auf dem Baumarkt-Parkplatz den Unfall mitangesehen, alarmierten die Rettungskräfte. Und sie holten die 17-Jährige, die auf dem Rücksitz gesessen hatte, aus dem Wrack. Der Fahrer klemmte reglos hinter dem Steuer. "Wir mussten ihn in einer Crashrettung befreien, weil es um jede Sekunde ging", so ein Feuersprecher. Doch es war zu spät: Der 19-Jährige starb im Rettungswagen. Während Notärzte um das Leben der Unfallopfer rangen, betreuten Notfallseelsorger die geschockten jungen Augenzeugen.

Erst nachdem der Fahrer aus dem Auto geborgen war, konnten die Retter den Beifahrer überhaupt sehen. Der 18-Jährige hatte auf dem Beifahrersitz gesessen und war durch die Wucht der Kollision unter den Fahrer geschoben worden.

Die Zerstörung des Fahrzeugs sage nichts über dessen Geschwindigkeit aus, sagt Polizeisprecher Michael Baum. Er wollte sich nicht zu der Frage äußern, ob die jungen Leute ein illegales Rennen gefahren sind. Die Unfallexperten der Polizei haben ihre Ermittlungen zur Ursache noch nicht abgeschlossen.

Der Baumarkt-Parkplatz gilt als Treffpunkt für Motorsportfreunde. Die Tuning-Szene, die sich vom Südring aus nächtliche Rennen in den Hafen lieferte und wegen verstärkter Polizeikontrollen auf andere Strecken auswich, habe sich in Gerresheim aber nicht etabliert, heißt es bei der Polizei. Im April war im Hafen ein Aachener ums Leben gekommen. In seinem Fall gilt als sicher, dass er mit einem Mietauto an einer Wettfahrt beteiligt war.

Jugendlicher Leichtsinn, eine - vor allem bei jungen Männern feststellbare - Neigung zur Selbstüberschätzung und fehlende Ängstlichkeit führen nach Ansicht von Verkehrspsychologin Karin Koch immer wieder zu derartigem Kräftemessen. "Das ist nicht unnatürlich, aber im Straßenverkehr lebensgefährlich." Ein Mittel dagegen hat sie nicht: "Je mehr schreckliche Unfallbilder man einem jungen Raser zeigt, desto sicherer wird er sich fühlen. In dieser Entwicklungsphase signalisiert das Gehirn ihm, es geschieht ständig und überall, aber nicht mir". Die Erlaubnis zum begleiteten Fahren schon mit 17 Jahren könnte helfen: "Die jungen Leute lernen von Anfang an, entspannt zu fahren und das Auto als Fortbewegungsmittel zu sehen - nicht als Werkzeug zur Selbstdarstellung."

Vielleicht, sagt die Psychologin, wäre ein PS-Limit für Fahranfänger gut, "mit einem Kleinwagen kann man sich kaum cool präsentieren." Um Coolness aber geht es den meisten jungen Rasern, die in ihrer verkehrstherapeutischen Praxis oft ein unterentwickeltes Selbstwertgefühl offenbarten. "Man darf diese jungen Leute nicht verdammen. Sie sind nicht roh oder böse, sie können nicht anders."

(RP)
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