Papierfabrik in Düsseldorf 16-Jähriger schwebt in Lebensgefahr
Düsseldorf · Am Samstag sind drei Jugendliche in die Papierfabrik im Hafen eingebrochen. Einer stürzte acht Meter in die Tiefe. Er schwebt in Lebensgefahr. Es ist der zweite derart schwere Unfall in der Ruine, deren Eigentümer sie längst abreißen wollte.
Die Pläne sind fertig, die Gutachten liegen vor. Nur die Unterschrift unter dem Erbpachtvertrag, den Investor Markus Mertens seit mehr als anderthalb Jahren mit den Neuss-Düsseldorfer-Häfen abschließen will, fehlt. Deshalb steht die alte Papierfabrik noch immer, und sie lockt Abenteuerlustige und Leichtsinnige noch immer an. Auch am Sonntag, keine 24 Stunden nach dem Absturz eines 16-Jährigen, zogen etliche junge Leute auf der Suche nach Einstiegslöchern um das riesige Areal. Eindeutige Geräusche aus dem Inneren des alten Gemäuers ließen darauf schließen, dass andere bereits Zugang gefunden — oder sich verschafft — hatten.
Die Feuerwehr hatte am späten Samstagabend eine der Stahltüren der alten Fabrik selbst aufgeflext, um mit den Höhenrettern so schnell wie möglich dem Verunglückten zu Hilfe zu kommen. Dessen Begleiter hatte völlig aufgelöst den Notruf gewählt, während ein zweiter, ebenso fassungslos an der Stelle hockte, an der der Freund abgestürzt war.
Zugänge werden immer wieder aufgebrochen
Nur mit Hilfe der Höhenretter, die das Arbeiten am Seil trainieren, konnte der 16-Jährige in einer Spezialtrage erst nach oben gebracht werden. Der Notarzt behandelte ihn noch auf der Fahrt in die Neurochirurgie der Uni-Klinik. Sein Zustand sei weiter kritisch, hieß es am Sonntag. Wie die drei Jugendlichen in das Fabrikgebäude eingedrungen waren, ließ sich nicht klären. Der Investor hatte alle möglichen Zugänge im Erdgeschoss mit schweren Stahlplatten gesichert, die in den Mauern verankert sind. Doch sie werden regelmäßig aufgebrochen, auch ein Wachdienst kann das nicht verhindern.
Über die jeweils neu geschaffenen Zugänge informieren sich nicht nur Jugendliche übers Internet. Auch Film- und Fotokünstler mit Vorliebe fürs Marode tummeln sich in der Ruine. Die bietet auf rund 45.000 umbauten Quadratmetern auch Obdachlosen und Drogenabhängigen gelegentlich ein stilles Eckchen. Im selben Gebäudetrakt, in dem am Samstagabend das Unglück geschah, war schon vor einem Jahr ein Jugendlicher schwer verunglückt. Er hatte mit Freunden Videos in der Fabrikruine gedreht, war für die richtige Perspektive ein paar Schritte rückwärts gegangen und vor den Augen seiner Freunde zwölf Meter in die Tiefe gestürzt. Der 15-Jährige verletzte sich schwer, hat sich davon bis heute nicht vollständig erholt.
Feuerwehrmann stürzte ab
Feuerwehr und Polizei haben den Dauereinsatz an der Ruine langsam satt. Ohne die geschulten Höhenretter geht keiner der Beamten mehr in das Gemäuer, das seine Baufälligkeit vor allem auch den zahllosen, von Eindringlingen gelegten Bränden verdankt. Bei einem der Löscheinsätze war ein Feuerwehrmann selbst abgestürzt, die Objektpläne der Feuerwehr, die aus der Betriebszeit der Papierfabrik stammen, stimmen mit denen der Ruine längst nicht mehr überein.
Vor über einem Jahr schon hatte die Feuerwehr gewarnt, es sei "nur eine Frage der Zeit, bis es in diesem Gebäude Tote gibt." Die städtische Bauaufsicht kontrollierte am Sonntag das Gebäude und ließ die Tür, die der Rettungsdienst am Samstagabend geöffnet hatte, verschweißen.