Bußgeldbescheide 10.000 Knöllchen an Ausländer

Düsseldorf · Wenn Besucher aus dem Ausland in Düsseldorf über Rot oder zu schnell fahren, schickt ihnen die Stadt einen Bußgeldbescheid zu. Doch das Verfahren, das eigentlich europaweit vereinheitlicht werden sollte, hat Tücken.

 Ordnungs- und Verkehrsdezernent Stephan Keller

Ordnungs- und Verkehrsdezernent Stephan Keller

Foto: Endermann

Viele Holland-Urlauber haben schon erlebt, dass Wochen später ein besonderes Urlaubs-Andenken im Briefkasten liegt: das Schreiben eines von der niederländischen Justiz beauftragten Inkasso-Unternehmens, das das Strafgeld für Verkehrssünden eintreiben soll. Das Nachbarland ist nicht zimperlich. Mehr als 100 Euro für 14 Stundenkilometer über dem Limit sind üblich. Auch für Falschparken liegt der Satz deutlich höher als in Deutschland.

Düsseldorf bittet Verkehrssünder aus dem Ausland ebenfalls zur Kasse: Im vergangenen Jahr hat das Rathaus 10 000 Bußgeldbescheide in andere Länder geschickt — davon 8800 an Holländer und Schweizer — und damit 350 000 Euro eingenommen. Die Stadt stößt jedoch an Grenzen, denn nur von den Niederlanden, der Schweiz und Österreich bekommt das Rathaus die Daten der Fahrzeughalter. Wenn die Halter dann nicht zahlen, kann die Stadt ein Vollstreckungsverfahren einleiten. Es ist aber nicht leicht, an das Bußgeld zu kommen, wenn der Verkehrssünder ein Ausländer ist. Es gilt ohnehin — wie in den meisten EU-Ländern — eine Bagatellgrenze von 70 Euro, ab der ein Verfahren gestartet wird. Andernfalls ständen Aufwand und Ertrag in keinem Verhältnis.

Eigentlich wollte die EU eine europaweit einheitliche Regelung schaffen. Doch in den einzelnen Ländern werden Verkehrsvergehen nach wie vor unterschiedlich bewertet und geahndet. Auch der Rahmenbeschluss zur "grenzüberschreitenden Vollstreckung", der in Deutschland seit Ende 2010 in Kraft ist, hat Tücken: Demnach kann das Land, in dem das Delikt begangen wurde, jenes Land (bzw. Stadt), in dem der Verkehrssünder lebt, darum bitten, die Sanktion zu vollstrecken. Nachteil: Das Geld bleibt dann aber beim Vollstrecker und nicht dort, wo tatsächlich gegen Regeln verstoßen worden ist. Der Anreiz, eine Vollstreckung gegen Ausländer zu starten, ist also nicht sehr hoch. "Ich würde mir wünschen, dass es automatisiert wird und das Bußgeld bei der Kommune bleibt, in der das Vergehen begangen wurde", sagt Ordnungs- und Verkehrsdezernent Stephan Keller.

13 Millionen durch Verkehrssünder

Insgesamt nimmt die Stadt pro Jahr durch Verstöße gegen Verkehrsregeln knapp 13 Millionen Euro ein. Im ersten Halbjahr 2012 hat das Rathaus 225 000 Strafzettel verteilt, 98 000 Verstöße gegen rote Ampeln und Tempolimits gezählt sowie 2100 gegen die Auflagen der Umweltzone (40 Euro, unabhängig vom Fahrzeugtyp, und ein Punkt in Flensburg). "Die Zahlen sind im Vergleich zum vergangenen Jahr annähernd konstant geblieben", sagt Keller. 2011 hatte das Rathaus alleine durch Tempo- und Rotlicht-Verstöße insgesamt 4,7 Millionen Euro eingenommen. Rund 200 000 Euro kamen zusammen, weil Autofahrer ohne die grüne Plakette im innerstädtischen Bereich der Umweltzone erwischt wurden. Die soll ab kommendem Jahr fast auf das gesamte Stadtgebiet ausgeweitet werden. Dann dürften die Einnahmen noch höher ausfallen.

(RP/jco/top)
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