Stadtfinanzen 100 Millionen Euro weniger Steuern

Düsseldorf · Im Finanzausschuss wird Kämmerer Manfred Abrahams berichten, dass das Rathaus dieses Jahr mit erheblichen Mindereinnahmen rechnen muss. Wie dies kompensiert wird, ist noch offen. Für Investitionen wie Kö-Bogen und die – wirtschaftliche – Schuldenfreiheit soll das keine Folgen haben.

 Vier Jahre und 281 Tage ist Düsseldorf frei von Schulden - das zeigte Dienstagnachmittag die Digitaluhr am Rathaus. Sie zählt die Zeit auf die Minute genau.

Vier Jahre und 281 Tage ist Düsseldorf frei von Schulden - das zeigte Dienstagnachmittag die Digitaluhr am Rathaus. Sie zählt die Zeit auf die Minute genau.

Foto: Endermann, Andreas

Im Finanzausschuss wird Kämmerer Manfred Abrahams berichten, dass das Rathaus dieses Jahr mit erheblichen Mindereinnahmen rechnen muss. Wie dies kompensiert wird, ist noch offen. Für Investitionen wie Kö-Bogen und die — wirtschaftliche — Schuldenfreiheit soll das keine Folgen haben.

Auch an der wirtschaftsstarken Landeshauptstadt geht die Krise in Europa nicht spurlos vorbei. Manfred Abrahams, Stadtdirektor und Kämmerer, wird der Politik am kommenden Montag im Haupt- und Finanzausschuss turnusmäßig seinen Controllingbericht vorlegen. Daraus geht hervor, dass die Einnahmen 2012 deutlich unter jener Summe liegen werden, mit der die Stadt gerechnet hat.

Bei der Gewerbesteuer geht Abrahams davon aus, dass Ende dieses Jahres 840 bis 870 Millionen Euro erreicht werden. Erwartet hatte man 948 Millionen Euro. Das Minus bei der Gewerbesteuer liegt laut dem Bericht vor allem an deutlich geringeren Abschlusszahlungen von Unternehmen der Kredit-, Versicherungs- und Energiebranche. Gründe seien die Euro-Krise und die von der Bundesregierung angestrebte Energiewende mit dem Ausstieg aus der Atomkraft.

Die Bilanz wird durch weitere Faktoren getrübt: Die Kosten für Personal liegen nach den jüngsten Tariferhöhungen um knapp zehn Millionen Euro höher als angesetzt. Dass es nicht sieben Millionen mehr sind, liegt an dem Sparkurs, den die Stadtspitze den einzelnen Fachbereichen (Dezernaten) beim Personal auferlegt hat. 1,8 Millionen Euro weniger fließen in die städtischen Kassen, weil Autofahrer in Düsseldorf offenbar weniger rasen: Die stationären "Blitzer" registrieren überwiegend leichte Verstöße gegen Tempolimits.

Wie die Mindereinnahmen kompensiert werden sollen, steht noch nicht fest. Vor einigen Tagen soll es ein Treffen der Dezernatsleiter mit OB Dirk Elbers (CDU) zu dem Thema gegeben haben. Demnach sollen die Dezernenten bis Herbst Vorschläge machen, wo in ihrem Bereich Ausgaben reduziert werden. Weder Elbers noch Abrahams wollten sich gestern auf Anfrage dazu äußern; sie verwiesen auf den Bericht im Finanzausschuss. "Mögliche Handlungsempfehlungen und Schlüsse werden in den Entwurf des Haushalts 2013, der am 20.9.2012 in den Rat eingebracht wird, einfließen", so Rathaus-Sprecherin Natalia Fedossenko.

Die Grünen stellen im Finanzausschuss eine Anfrage zum Thema, fragen nach zur Entwicklung der Gewerbesteuer — auch in den nächsten Jahren — und nach dem Konzept der tariflichen Mehrausgaben. Sie wollen aber auch Details zur Liquidität der Stadt wissen. Auch dazu gibt es im Controllingbericht eine Information: Ende 2012 sei "mit einem voraussichtlich gut 125 Millionen Euro höheren Liquiditätsbedarf zu rechnen". Der könne durch zusätzliche Mittelaufnahme bei der städtischen Holding gedeckt werden.

Bereits jetzt hat die Stadt über die Holding Kassenkredite in Höhe von 66 Millionen Euro. Der Steuerzahlerbund nimmt dies zum Anlass, Düsseldorf die seit 2007 bestehende Schuldenfreiheit abzuerkennen. Das Rathaus hatte nie bestritten, dass es noch niedrig verzinste Restkredite gibt. Da denen aber städtische Geldanlagen gegenüberstehen, spricht man von "wirtschaftlicher Schuldenfreiheit". Die soll, darin sind sich Stadtspitze und CDU-FDP-Ratsmehrheit einig, erhalten bleiben. Nicht auszuschließen ist ein weiterer Griff in die Ausgleichsrücklagen, das Sparpolster der Stadt, die fast 300 Millionen Euro betragen.

FDP-Fraktionschef Manfred Neuenhaus betont, dass die Mindereinnahmen nicht an der Stadt, sondern an der europäischen Situation liegen. Es handle sich um Branchen, die sich schnell erholten. "Wenn wir die Schuldenfreiheit erhalten wollen, wird es in den nächsten zwei Jahren ein harter Kampf", sagt Neuenhaus. Alles müsse auf den Prüfstand, manche Investition solle verschoben werden. Das Groß-Projekt Kö-Bogen zählt für ihn nicht dazu: "Den Boom der Stadt jetzt zu unterbrechen, wäre ein fataler Fehler." Anders sieht es die Opposition: "Besonders Großprojekte wie der Kö-Bogen gehen an die Substanz", sagt Peter Knäpper, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Der Einbruch der Steuereinnahmen sei ein weiteres ernstzunehmendes Signal.

(RP/jco/ila)
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