Dormagen Zwischenlösung für Gohr

Dormagen · Gohr Es wäre eine wirklich gute Nachricht für die Gohrer, die im Unterdorf des Ortes leben, wenn sie nicht durch mehrere kleinere und größere Einschränkungen gleich wieder relativiert werden müsste: "Eine Kappung von Grundwasserspitzen ist auch in Gohr möglich", sagt Landrat Dieter Patt.

 Von Dezember bis Ende Mai pumpt diese Anlage auf dem Herrenshoffer See die Grundwasserspitzen ab. Eine ähnliche Lösung in Gohr könnte bis zur Mitte des Jahrhunderts gut der Hälfte der Betroffenen helfen.

Von Dezember bis Ende Mai pumpt diese Anlage auf dem Herrenshoffer See die Grundwasserspitzen ab. Eine ähnliche Lösung in Gohr könnte bis zur Mitte des Jahrhunderts gut der Hälfte der Betroffenen helfen.

Foto: L. Berns

Er hatte das Thema bereits vor Jahren zur Chefsache in der Kreisverwaltung erklärt und gestern den Ehrgeiz, an seinem letzten Arbeitstag im Amt zumindest einem Teil der betroffenen Bürger in Gohr zumindest für eine bestimmte Zeitspanne eine echte Perspektive zu bieten.

Vor einem Jahr hatte der Rhein-Kreis Neuss den Erftverband gebeten zu untersuchen, ob — ähnlich wie in großen Teilen von Korschenbroich — auch in Gohr den Menschen, die vom steigenden Grundwasser bedroht sind, geholfen werden kann, wenn in besonders regenreichen Perioden lediglich ein Bruchteil des Grundwassers (die Spitze) abgepumpt wird. Antwort: Ja, aber...

Der große Vorteil der Spitzen-Kappung-Lösung: Weil nur wenig Grundwasser abgepumpt wird, kann es einfach über den Gohrer Graben abgeleitet werden. Der Nachteil: Nur 53 Prozent der betroffenen 234 Häuser können bis etwa zur Mitte des Jahrhunderts zuverlässig vor Nässe von unten geschützt werden.

Wenn der Tagebau dann ab 2050 ganz weggewandert ist, profitieren nur noch acht Prozent der Gohrer von dieser Lösung. "Die Spitzenkappung kann daher in Gohr eine nur vorübergehende Hilfe für die Betroffenen sein", betont Patt. Das heißt konkret: In spätestens 40 Jahren muss für alle Gohrer im Unterdorf eine andere Lösung her, für knapp die Hälfte der Betroffenen deutlich früher.

Trotzdem ist es für die Gohrer eine Chance, Zeit zu gewinnen, meint auch Stefan Simon, der beim Erftverband für das Thema Grundwasser zuständig ist. "Man kann davon ausgehen, dass sich die Technik in den nächsten Jahrzehnten weiterentwickelt — und entsprechende Lösungen 2050 nicht mehr so teuer sind wie heute", betont er. Außerdem könne die Zeit genutzt werden, um zu prüfen, welche Alternativen in Frage kommen, um das Problem langfristig in den Griff zu bekommen. "Den Stein der Weisen hat bislang noch niemand gefunden", gibt Simon zu.

Gegen bautechnische Lösungen, bei denen die Häuser durch nachgerüstete Wannen geschützt werden, hatte sich die Bürgerinitiative "Arche Gohr" bislang deutlich ausgesprochen. Bei der so genannten großen Pumpenlösung, bei der erhebliche Wassermengen entnommen werden müssen, die aber allen Betroffenen auf einen Schlag helfen könnte, gibt es nach Darstellung des Erftverbandes Probleme, die die Technik teuer machen: Das Wasser müsse wieder im Boden versickert werden — und das sei aus Gründen des Trinkwasserschutzes nicht überall ohne eine entsprechende Aufbereitung (Entnahme von Eisen und Nitrat) möglich.

Nach neuen Erkenntnissen des Verbandes wäre dies offenbar nicht notwendig, wenn das Wasser über den alten Hauptgraben östlich des Gohrer Grabens eingeleitet würde. "Dort stehen jetzt weitere Detail-Untersuchungen an", so Simon. — Noch vollkommen offen ist, was die einzelnen Lösungsvarianten kosten werden und wer diese Kosten übernimmt.

Der Kreis will parallel mehrere Ansätze verfolgen. Bautechnische Vorschläge sollen im Kooperation mit einem Forschungsprojekt an der RWTH Aachen entwickelt werden. Gleichzeitig sollen neue Systeme zur Grundwasserabsenkung geprüft werden. "Das Problem ist noch nicht gelöst", sagt Patt. "Wir haben aber schon viel erreicht und sind auf guten Wegen."

Arno Neukirchen, Sprecher der "Arche Gohr" wollte sich gestern zum Ergebnis des neuen Gutachtens noch nicht äußern. "Ich habe dieses Papier erst seit wenigen Stunden und will es erst genau lesen und verstehen, bevor ich meine Meinung sage", erklärt er.

(RP)
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