Dormagen Zeitreise ins Mittelalter

Dormagen · Zons Gar viel fahrend Volk war am Wochenende in die alte Zollfeste unterwegs. Die Bergischen Lehensritter aus Düsseldorf (!) hatten dort vor den Toren von Zons ihr Lager aufgeschlagen und zum Turnier geladen. Mit dabei ein französischer Edelmann, der wegen diverser Unbotmäßigkeiten und seiner Sympathie zu Köln gefangen genommen und zur Eröffnung des Marktes durch Herold Orlando von Gans vorgeführt worden war. Er erhielt die letzte Chance zur Bewährung im Turnier.

Matthäusmarkt in Zons. Das bedeutet auch: Die Zollfeste ertrinkt in Besuchermassen. Weit mehr als 50 000 sollen es am Samstag und Sonntag gewesen sein, so Jürgen Waldeck, Vorsitzender des veranstaltenden Heimat- und Verkehrsvereins (HVV). Und obwohl die beiden Parkplätze an der Wiesenstraße und ein dichtes Netz an Ordnern die Park-Situation entspannten und die Autoströme lenkten, war das mittelalterliche Städten diesem Ansturm nicht gewachsen. Vor allem weil es nur eine enge Zu- und Abfahrt zu den Park-Wiesen gibt, kommt es immer wieder zu Störungen. Im Ort selbst waren Mitarbeiter des Ordnungsamtes unterwegs.

Der Ansturm ist verständlich. Es wurde zum 29. Matthäusmarkt wieder ein tolles Programm geboten. Rund 150 Stände zeigten mehr oder weniger alte Künste und Zünfte, Kunsthandwerk und auch manchen Kitsch. Das Spektrum reichte vom Zinngießer mit einem eindrucksvollen Stand bis zum Besenmacher, vom Korbflechter bis zum Kerzendreher, vom Seifenmacher bis zum Schmied.

Darüber hinaus boten viele Kunsthandwerker ihre Waren feil, Schriftsteller der Gruppe "Kleeblatt" und Maler verkauften ihre Werke, Schmuck, bunt bedruckte Tücher, Anhänger — das Angebot schien schier unerschöpflich. Auch in kulinarischer Hinsicht: Zahlreiche Stände boten Spezialitäten, darunter auch edle Speisen vom Koch-Club Zons.

Die Bergischen Lehensritter, wie stets prächtig mittelalterlich gewandet, hatten das Eröffnungsschauspiel kurzerhand in das Jahr 1309 vorverlegt. Bekanntlich hatte Friedrich III. von Saarwerden erst 1373 Zons zur Zollfeste erhoben und ihr das Marktrecht verliehen. Aber da waren die Bergischen das Feindbild. Kein Wunder, dass sie den Spieß jetzt umkehrten. Vielleicht sollte sich der Heimat- und Verkehrsverein einmal nach Kölnern Rittern umsehen, um die historische Linie zu wahren.

Dem munteren Spektakel vor dem Kreismuseum tat das keinen Abbruch. Insbesondere mit dem widerspenstigen und renitenten französischen Grafen am Pranger hatten der Herold und sein Tross ihre liebe Mühle. "Duivelspack" und das Korschenbroicher Bundes-Fanfarenkorps sorgten für den entsprechenden musikalischen Rahmen ehe stellvertretender Bürgermeister Gerhard Woitzik und Waldeck das Spektakel freigaben und den Besuchern viel Freunde wünschte.

Wenige Minuten vor der Eröffnung war es mitten im Trubel auf dem Wall nahe der Mühlenstraße zu einem tödlichen Zwischenfall gekommen. Eine 58 Jahre alte Frau aus Wuppertal, schwer krebskrank im Endstadium, wollte noch einmal den Matthäusmarkt sehen. Auf dem Wall musste sie plötzlich Rast auf einer Bank machen. Es kam zu inneneren Blutungen. Sie verstarb. Der Notarzt versuchte sie noch zu reanimieren, jedoch ohne Erfolg. Es sei erwähnt, dass — im Gegensatz zu früheren Jahren — der Notarzt dabei keine Schwierigkeiten hatte, zu dem Notfall zu kommen.

(RP)
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