Umstrittenes Werk Welches Buch 1983 für einen Skandal sorgte

Dormagen  · „Unweit des Dorfes Dormagen, einer Ansammlung kleiner, sich duckender, zumeist rostrot-dunkler Häuser an der Straße, die links des Rheins auf Köln zuführt, liegt, für den Wanderer, der nur Augen für die Schönheiten der Natur hat, kaum sichtbar, die verwitternde, von Unkraut und wildem Baumbestand umwucherte Ruine einer einstigen Fabrikanlage, „das Werk“ geheißen.“

Mit diesem Satz beginnt das Buch „Der Dormagener Störfall von 1996 – Eine Legende“, das 1983 nicht nur in der Stadt am Rhein für einen Skandal sorgte. Was war damals in der Stadt geschehen?

Die Stadt Dormagen hatte den Literaturpreis „Dormagener Federkiel“ geschaffen. Im Oktober 1980 wurde er an den damals 50 Jahre alten Schriftsteller Klas Ewert Everwyn verliehen. Das Preisgeld beinhaltete eine literarische Auftragsarbeit. Das Manuskript übergab Everwyn im April 1981 der Stadt. Sein Science-Fiction-Roman beschrieb ein vom Bayer-Werk in Dormagen verursachtes Unglück. Der Autor griff eine tatsächliche Beinahe-Katastrophe auf, bei der am 7. November 1979 ein hochgiftiges Pestizid ausgetreten war und die Menschen am Niederrhein in Angst und Schrecken versetzte. Die Stadt wollte den Text ihres Preisträgers jetzt doch nicht veröffentlichen. Aus diesem Grund gründete sich die „Dormagener Verlagsinitiative“, die das Werk drucken wollte.

Der Bayer-Konzern sah sich diffamiert und ging vor Gericht. Everwyn erhielt eine einstweilige Verfügung. Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ und andere überregionale Medien berichteten über den Fall. In der ersten Aprilwoche 1983 wurde das Buch „Der Dormagener Störfall von 1996 – Eine Legende“ ausgeliefert. Aufgrund der großen Nachfrage im In- und Ausland druckte die Verlagsinitiative nach. Am 20. April 1983 fand am Landgericht Düsseldorf eine Verhandlung statt, die mit einem Vergleich endete. Autor Everwyn musste im Text unter anderem das Wort „Bayer“ durch die Bezeichnung „das Werk“ ersetzen

Wer sich selber ein Urteil bilden möchte: Der umstrittene Roman erschien 1997 in einer Neuausgabe, die in der Stadtbibliothek am Willy-Brandt-Platz ausgeliehen werden kann.

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