Dormagen Vom Schläger zum Vorbild

Dormagen · In seiner Heimatstadt Berlin ist Fadi Saad bekannt als "der große Bruder von Neukölln". Im Jugendzentrum "Die Rübe" erzählte der 31-Jährige Palästinenser, wie er den Wandel vom Schulschwänzer zum Sozialarbeiter schaffte.

 Ein Trumpf von Fadi Saad ist seine Glaubwürdigkeit. Er hat den Ausstieg aus einer kriminellen Karriere geschafft. In der "Rübe" erzählte er von diesem schwierigen Weg.

Ein Trumpf von Fadi Saad ist seine Glaubwürdigkeit. Er hat den Ausstieg aus einer kriminellen Karriere geschafft. In der "Rübe" erzählte er von diesem schwierigen Weg.

Foto: h. jazyk

"Der ist einfach der Knaller, weil er das Gleiche erlebt hat, wie wir", erzählt Ibo begeistert. Der 17-jährige Deutschtürke ist mit seinen Freunden extra aus Hackenbroich gekommen, um den Auftritt von Fadi Saad in Horrem nicht zu verpassen. Saad, heute Quartiersmanager in Berlin-Reinickendorf, ist als Sohn einer palästinensischen Flüchtlingsfamilie in Deutschland geboren und aufgewachsen.

Mit seinem Buch "Der große Bruder von Neukölln" tourt der 31-jährige derzeit durch ganz Deutschland. Er erzählt darin seinen Lebensweg vom kriminellen Schulschwänzer zum engagierten Sozialarbeiter und ist inzwischen zum Vorbild für viele Jugendliche mit Migrationshintergrund geworden. Auf Einladung der Buchhandlung "seitenweise" war er jetzt auch in Dormagen auf Lesereise.

Viele aus ähnlichen Verhältnissen

Im Schulzentrum in Hackenbroich, in der Hermann-Gmeiner-Hauptschule sowie in der Raphaelsschule trat er vor mehreren hundert Schülern auf. Am Mittwochnachmittag war er schließlich zu Gast im Kinder- und Jugendtreff des Diakonischen Werks "Die Rübe". Viele junge Besucher dort kommen aus ähnlichen Verhältnissen wie der Autor. Die meisten von ihnen sind in Deutschland geboren, haben aber türkische oder arabische Wurzeln. Saad spricht ihre Sprache, deshalb respektieren sie ihn. "Der erzählt die Wahrheit, weil er das ja alles selber erlebt hat, und das finde ich korrekt", sagt Harun (15).

Fadi Saad führt den Jugendlichen ihre eigenen eingefahrenen Verhaltensmuster vor Augen und zeigt andere Wege auf. Als er erklärt, Respekt im Umgang mit anderen müsse man sich verdienen, nicken seine jungen Zuhörer zustimmend – auch die, die wenige Minuten zuvor noch zugegeben haben, dass Prügeleien bei ihnen nichts ungewöhnliches sind.

Fadi Saad sei die bessere Alternative zu Bushido und Co, sagt Stefen, Leiter der "Rübe": "Ich will das Lernen am Modell fördern und dazu brauche ich hier Vorbilder." Sein Konzept geht an diesem Nachmittag auf: Die Jugendlichen belagern Fadi Saad nach seinem Vortrag wie einen Popstar. Sie lassen sich mit ihm fotografieren und Autogramme auf den Arm schreiben.

Auf so viel Begeisterung hatte Stefen im Vorfeld kaum zu hoffen gewagt. "Wir haben mit den Jugendlichen über den Lebensweg von Fadi Saad und sein Buch gesprochen. Eine Lesung anzubieten war aber für uns etwas Neues." Am Ende der Veranstaltung kaufen sogar viele der jungen Gäste das Buch.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort