Reinhard Glöder aus Dormagen Bildhauer dreht Film über Musiker

Dormagen · Faszinierendes Porträt des Neussers Jürgen Hille über den bekannten Dormagener Jazzmusiker Reinhard Glöder. Ein Dokumentarfilm, der jetzt als Videobuch im Buchhandel erhältlich ist.

 Bildhauer Jürgen Hille aus Neuss und Jazzmusiker Reinhard Glöder (r.) aus Dormagen haben das Projekt eines Videobuchs umgesetzt.

Bildhauer Jürgen Hille aus Neuss und Jazzmusiker Reinhard Glöder (r.) aus Dormagen haben das Projekt eines Videobuchs umgesetzt.

Foto: Hille

  Nach der erfolgreichen Filmpremiere in der Jazzschmiede in Düsseldorf Anfang des Jahres macht die Corona-Pandemie die Präsentation im Düsseldorfer Filmmuseum unmöglich. Jetzt gibt es – ohne Ansteckungsgefahr – den Dokumentarfilm von Jürgen Hille über den Dormagener Jazzmusiker Reinhard Glöder als Video-Buch.

Als Glöder (74), eine über Jahrzehnte hinweg prägende Gestalt als Kontrabassist, Orchesterleiter, Komponist und Pädagoge in der deutschen Jazzszene, im Januar des vergangenen Jahres nach 28 Jahren Lehrtätigkeit an der Dormagener Musikschule verabschiedet wurde, spielte natürlich die Bigband auf. Seit 1991 war Glöder dort Lehrer für Kontrabass und Keyboard, seit 2003 leitete er die Bigband. Damals wurde der 1945 im Weserbergland geborene Musiker auch Dormagener und wohnte zunächst in Zons. Erst studierte er Klavier an der Musikhochschule Berlin, für den Kontrabass zog es ihn an das Robert Schumann-Konservatorium nach Düsseldorf. Zeitgleich mit seinem Engagement an der Musikschule war er Lehrbeauftragter an der Universität Duisburg und leitete bis 1999 die Uni-Big-Band. Davon zeugt eine wunderbare CD-Aufnahme mit Bill Smith und Dave Brubeck (1995).

Gut 20 Jahre vorher begann aber seine internationale Karriere als Bassist in der Fusionband „Virgo“. Auch für diese Zeit gibt es ein heute noch gültiges Dokument, die LP „Four Seasons“ (1977). Der Kontrabassist gründete und leitete seine eigene Formation, das „Reinhard-Glöder-Quartett (1975-1985), tourte zehn Jahre mit dem Krefelder Musiker und Kabarettisten Achim Konejung durch die Republik. Für ihr Programm „Das Original Alptraum Duo“ erhielten sie 1997 den Deutschen Kabarettpreis.  Auch mit dem Parodien-Jazzer Helge Schneider war er auf Tournee. Der bedankte sich, indem er Glöder in zwei seiner Filme eine Rolle gab: Im Film „00 Schneider – Im Wendekreis der Eidechse“ spielte der Musiker einen Fotografen (2013). Eine der berühmtesten Kompositionen ist „Walking the Blues“, für sein Quartett geschrieben. Und genau das ist der Titel eines Filmes, den der Neusser Bildhauer und Videokünstler Jürgen Hille über den Musiker, Komponisten und Pädagogen geschaffen hat, dessen Premiere im Januar in der Düsseldorfer Jazzschmiede gefeiert wurde. „Als ich ihn erstmals sah, weil meine Schwester, die Fotografin Ute Hille, in seiner Dormagener Bigband Saxofon spielte, war ich sicher: Der hat eine unglaubliche Aura“, erzählt der Videokünstler. Seit zwölf Jahren beschäftigt sich Hille mit Dokumentarfilmen, die zugleich Klangbilder sind. Musik spielt demgemäß eine große Rolle. Glöder-Titel werden im Film ungekürzt wiedergegeben, „obwohl ich den Musiker zu meiner Überraschung dazu überreden musste“, sagt der Regisseur.

Der Film enthält eine fast viertelstündige Session, in der Helge Schneider und Reinhard Glöder kongenial improvisieren. Viele Weggefährten des Dormageners, die zu den „European Jazz Legends“ auch zählen, kommen zu Wort. Wolfgang Engstfeld (69) etwa, der Düsseldorfer Saxofonist. Der Schlagzeuger Peter Weiss (71) ist heute künstlerischer Leiter der Düsseldorfer Jazzschmiede. Der Dortmunder Matthias Nadolny (63) gehörte am Saxofon bis 1982 zum Quartett von Reinhard Glöder und schwärmt von „erfrischend vitalen und ungemein akustischen Zeiten“. Der Neusser Jazzbassist Konstantin Winstroer (50) berichtet von der praktischen und offenen Wissensvermittlung seines ehemaligen Lehrers Glöder.

Nun hat Jürgen Hille den Film in Schwarz-Weiß gedreht:  „Ich wollte das Klangporträt aus dem farbigen Realismus herausholen“, sagt er. Tatsächlich wirken die Bilder keineswegs antiquiert, sondern vielmehr zeitlos. Wunderbare Landschaftsaufnahmen, etwa vom Rhein bei Zons, bilden mit der Musik eine faszinierende Symbiose.  Jürgen Hille ist ein überzeugendes Gesamtkunstwerk gelungen, das zugleich Hommage für einen berühmten Dormagener Musiker ist, der im November 75 Jahre wird.

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