Lokalsport TSV Bayer stürmt die Emsland-Arena

Lingen · Von Anfang an geführt, am Ende kühlen Kopf bewahrt: Mit der besten Saisonleistung setzt sich Handball-Zweitligist TSV Bayer Dormagen mit 29:25 beim Tabellenvierten Nordhorn-Lingen durch und schöpft neue Hoffnung im Abstiegskampf.

 Am Ende war es einfach nur noch Jubel: Mit einem Tänzchen auf dem Parkett der Emsland-Arena feiern die Dormagener Handballer den Sieg, den die Ersatzbank ebenso bejubelt wie Sven Bartmann und Marijan Basic (u. v.l.).

Am Ende war es einfach nur noch Jubel: Mit einem Tänzchen auf dem Parkett der Emsland-Arena feiern die Dormagener Handballer den Sieg, den die Ersatzbank ebenso bejubelt wie Sven Bartmann und Marijan Basic (u. v.l.).

Foto: Michael jäger

Sechzig Minuten übten sie sich in nie gesehener Disziplin, doch am Ende gab es kein Halten mehr für die Handballer des TSV Bayer Dormagen: Der Schlusspfiff war noch nicht ganz verklungen im weiten Rund der Emsland-Arena, ein erklecklicher Teil der 3108 Zuschauer hatte sich bereits enttäuscht auf den Heimweg gemacht oder blieb mit versteinerter Miene auf seinem Sitz hocken, da brach der blau-weiße Jubelsturm los.

Erst ein Tänzchen auf dem Parkett, dann die nasse und klebrige Umarmung mit den gut hundert angereisten Fans - der Aufsteiger feierte den 29:25-Sieg (Halbzeit 13:9) beim Tabellenvierten HSG Nordhorn-Lingen so, als sei die Mission Verbleib in der Zweiten Liga bereits erfolgreich abgehakt.

Ist sie natürlich noch nicht. Doch nach der wohl besten Saisonleistung und der gleichzeitigen 22:29-Heimschlappe der nun wieder punktgleichen HG Saarlouis gegen Abstiegskonkurrent TuSEM Essen stehen die Chancen nicht mehr so aussichtslos schlecht wie drei Wochen zuvor, dass die Hoffnung in Erfüllung geht, die Linksaußen Sebastian Damm im Überschwang der Sieges- und Glücksgefühle gelassen aussprach: "Wir sind gekommen, um zu bleiben."

Wenn er und seinen Nebenleute Form, Einstellung und vor allem die taktische Disziplin jenes denkwürdigen Samstagabends hinüberretten können in die noch ausstehenden drei Punktspiele, spricht vieles für ein Happy-End am 7. Juni. Ein Klassenunterschied, wie man ihn gemeinhin erwartet in einer Auseinandersetzung zwischen dem Tabellenvierten und dem Viertletzten, war jedenfalls nicht zu erkennen. Im Gegenteil: Die Dormagener warfen nicht nur unbändige Kampfkraft in die Waagschale, sie zeigten auch die bessere Spielanlage, zwangen mit ihrer aufopferungsvollen Deckungsarbeit die Gastgeber immer wieder zu schlecht platzierten Würfen und ebenso schlecht getimten Anspielen. "Wir haben zu viele einfache und vor allem zu viele technische Fehler gemacht", gab HSG-Trainer Heiner Bültmann zu.

Der zog alle taktischen Register, versuchte angesichts des frühen Rückstandes (1:4 nach fünf, 5:9 nach 14 Minuten) zunächst mit einfacher, später sogar mit doppelter Manndeckung die Gäste ihrerseits zu Fehlern zu zwingen. Ein Konzept, das bei seinen Kollegen im bisherigen Saisonverlauf meist Früchte getragen hatte, wenn der Gegner TSV Bayer Dormagen hieß. Doch diesmal ließ sich der Neuling von nichts aus dem Konzept bringen, auch nicht, als nach einem kurzen Zwischenspurt der Gastgeber (11:17, 36. bis 14:17, 38.) die bis dahin eher verhaltenen HSG-Fans plötzlich laut wurden.

"Egal, was Nordhorn probiert hat, wir hatten immer die richtige Antwort", befand Johnny Eisenkrätzer, der nach schwacher Hinrunde auf gutem Wege ist, zum Turm in der Dormagener Abwehrschlacht zu werden. Imponierend, wie Marijan Basic mit enormer Laufarbeit versuchte, sich der Manndeckung zu entziehen, imponierend, wie vor allem die ganz jungen Sebastian Damm und Pascal Noll die sich dadurch bietenden Freiräume zu Toren nutzten, die selbst den Lingener Zuschauern Respekt abnötigten.

Auf der anderen Seite blieben die Hausherren im Positionsangriff blass, konnten meist nur durch Gegenstöße oder Einzelaktionen von Nicky Verjans verkürzen. Wenn überhaupt, denn "Sven Bartmann hat zu viele freie Bälle gehalten", lobte selbst Heiner Bültmann den Dormagener Torhüter, der endlich wieder zu konstant starker Leistung über 60 Minuten fand.

Wie überhaupt kaum ein Schwachpunkt auszumachen war im Dormagener Team, das im nur sporadisch eingesetzten Maximilian Bettin und dem von Nordhorn-Lingen umworbenen Peter Strosack auch noch auf zwei seiner gefährlichsten Angreifer verzichten musste. "Jeder hat seine Aufgabe übernommen, alle haben sehr diszipliniert gespielt und die vorgegebenen Laufwege eingehalten", lobte Trainer Jörg Bohrmann. Unter welchem Druck auch er in seinem ersten Zweitliga-Jahr steht, zeigte der Satz, mit dem er seine Ausführungen auf der Pressekonferenz beendete: "Ich freu' mich heute Abend einfach mal." Und das zu Recht.

(NGZ)
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