TSV Bayer Dormagen Dieser Punkt zählt doppelt für die Moral

Kreuztal · In einem irren Spiel erkämpfen sich die Handballer des TSV Bayer Dormagen im Zweitligaduell beim TuS Ferndorf ein 28:28-Unentschieden, dabei schienen die Gäste angesichts eines 13:20-Rückstandes nach 35 Minuten schon geschlagen.

 Der Unglücksrabe: Zehn Sekunden vor dem Schlusspfiff passt Alexander Kübler in der Vorwärtsbewegung den Ball nach rechts - doch da ist keiner. Es wäre die Chance gewesen, die Aufholjagd mit dem Siegtreffer zu krönen.

Der Unglücksrabe: Zehn Sekunden vor dem Schlusspfiff passt Alexander Kübler in der Vorwärtsbewegung den Ball nach rechts - doch da ist keiner. Es wäre die Chance gewesen, die Aufholjagd mit dem Siegtreffer zu krönen.

Foto: H.J. Zaunbrecher

Punktgewinn, Punktverlust - diese Frage ist nach einem Unentschieden im Handball oft schwierig zu beantworten. Erst recht nach einem solch irren Spiel, wie es 1095 Zuschauer am Abend es zweiten Weihnachtsfeiertages in der ausverkauften Sporthalle Stählerwiese zu sehen bekamen.

Nach 35 Minuten schien der TSV Bayer Dormagen im Zweitliga-Duell mit dem TuS Ferndorf angesichts eines 13:20-Rückstandes und der bis dahin gezeigten, streckenweise indiskutablen Leistung mausetot. Nur 17 Minuten später schienen die Gäste angesichts einer 26:24-Führung auf dem besten Wege zum sechsten Saisonsieg. Am Ende schien das 28:28-Unentschieden (Halbzeit 17:12 für die Gastgeber) das gerechte Resultat einer intensiven und - in Anbetracht der Tabellensituation der Kontrahenten - auf durchaus gutem Niveau stehenden Auseinandersetzung.

Zumal in der Schlussminute beide Teams noch die Möglichkeit zum Siegtreffer besaßen. Die größte eröffnete sich den Gästen knapp 15 Sekunden vor dem Schlusspfiff. Mit noch 23 Sekunden auf der Spieluhr hatte TuS-Trainer Michael Lerscht - bei angezeigtem "Zeitspiel" - eine Auszeit genommen. Den Ballvortrag der Hausherren durch den Ex-Dormagener Marijan Basic unterbricht Robin Doetsch, passt das eroberte Spielgerät auf Alexander Kübler. Der Kreisläufer prellt sich unbedrängt in die gegnerische Hälfte - und als ihm Florian Baumgärtner entgegentritt, legt er den Ball einfach nach rechts ab, wo er gemächlich ins Seitenaus dümpelt.

Pech für die Dormagener, die sich über das 28:28 trotzdem mehr freuen als die Ferndorfer. Und das aus drei Gründen. Zum einen, weil nach 35 Minuten keiner mehr einen Pfifferling auf die Gäste gab. "Ferndorf war bis dahin klar besser und leidenschaftlicher", gab selbst Bayer-Trainer Jörg Bohrmann zu, dessen Schützlinge sich bis dahin vor allem im Angriff haarsträubende Fehler geleistet hatten und auf der anderen Seite nicht das rechte Mittel gegen ihren ehemaligen Mitspieler Marijan Basic, dessen Einzelaktionen und Pässe auf den anderen Ex-Dormagener Daniel Mestrum auf Linksaußen fanden. Erst als alles verloren schien, stellte Bohrmann um, ließ Basic - vielleicht ein wenig spät - durch Sebastian Damm in Manndeckung nehmen - und siehe da, jetzt waren es die Hausherren, Fehler über Fehler produzierten, acht Minuten ohne Torerfolg blieben und sich plötzlich mit 24:26 (52.) im Hintertreffen sahen. Und wäre nicht Mikk Pinnonen zwei Mal in Folge an Ferndorfs Torhüter Lucas Puhl gescheitert, das wohl auch bis zur Schlusssirene geblieben wären.

Den zweiten Grund, warum sich die Gäste mehr freuten, offenbart der Blick auf die Tabelle. Der TSV Bayer hat mit dem einen Punkt bei den heimstarken Siegerländern (mit 15:9 Zählern auf Rang sieben der "Heimtabelle") den Abstand zum rettenden Ufer gewahrt, teilweise sogar verkürzt. Und die Dormagener haben nach der sechswöchigen EM-Pause nur noch acht Auswärts-, aber elf (!) Heimspiele vor sich, darunter sechs gegen Mannschaften, die selbst um den Ligaverbleib kämpfen.

Grund Nummer drei: In diese Pause gehen die Bayer-Handballer - im Gegensatz zu den meisten Konkurrenten - mit einem positiven Erlebnis, denn ein solches war das "Comeback des Jahres" in den letzten 25 Minuten allemal. "Das zeigt, dass die Mannschaft intakt ist", sagt Co-Trainer Tobias Plaz, "wir müssen jetzt den Schalter auf Null drehen und eine seriöse Vorbereitung hinlegen, die wir hoffentlich mal komplett bestreiten können."

Die beginnt am 10. Januar. Baustellen hat Jörg Bohrmann genug. Die größte dürfte sein, endlich Konstanz in die Leistungen seiner Schützlinge zu bringen. "Warum sie immer erst anfangen, guten Handball zu spielen, wenn alles schon verloren scheint, weiß ich auch nicht", sagt der Trainer. Die zweitgrößte betrifft die Regieposition. Weder Johnny Eisenkrätzer, wie schon in Friesenheim Fehlerquelle Nummer eins im Dormagener Angriff, noch Mikk Pinnonen scheinen in der Lage, den Ausfall des mit bandagierter frisch operierter Schulter zuschauenden Dennis Marquardt kompensieren zu können.

Doch externe Verstärkungen sind offenbar so schwer zu finden wie die berühmte Nadel im Heuhaufen - in dem halben Dutzend Importspieler, das in der Weihnachtswoche am Höhenberg vorspielte, "war keiner dabei, der uns weitergeholfen hätte", sagt Plaz. Am Aschermittwoch (10. Februar) geht es weiter - die letzten 25 Minuten von Samstag haben gezeigt, dass noch längst nicht alles vorbei ist für den TSV Bayer Dormagen.

(NGZ)
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