Dormagen Straftäter jetzt im Raphaelshaus

Dormagen · Seit drei Wochen wohnt die neue Gruppe im "Raphaelshaus". Erstmals sind es Straftäter im Alter von 14 bis 16 Jahren, die im Jugendhilfezentrum eine neue Chance erhalten. Künstler Horst Wackerbarth ist Pate.

 Im neuen Anbau des Raphaelshaus sind

Im neuen Anbau des Raphaelshaus sind

Foto: Lothar Berns

Zum ersten Mal sind im Jugendhilfezentrum Raphaelshaus Straftäter von 14 bis 16 Jahren untergebracht, bisher lag das Eintrittsalter für die Gruppen niedriger. Mit der zum 1. August gestarteten Horst-Wackerbarth-Gruppe setzt das Raphaelshaus ein Modellprojekt des Justizministeriums um, bei dem sieben straffällig gewordene Jugendliche mit einer Haftzeit zwischen einem Jahr und zwei Jahren eine neue Chance erhalten sollen. "Hier geht es um Erziehung, nicht um Therapie", erklärt Björn Hoff, der Bereichsleiter der neuen Gruppe wie auch der Otmar-Alt- und der Kurt-Hahn-Gruppe. Daher sind Sexualstraftäter ebenso ausgeschlossen wie Drogensüchtige.

Die neuen Räume im Anbau parallel zur B 9 sind hell und freundlich gestaltet, in allen Gemeinschaftsräumen und auf den Fluren hängt mindestens ein Foto des Künstlers Horst Wackerbarth: Genau 28 Exponate hat er als Dauerleihgabe dem Jugendhilfezentrum Raphaelshaus zur Verfügung gestellt, sogar die besten Stellen für die Bilder mit ausgewählt. Denn der Fotokünstler, der durch seine "Galerie der Menschheit" mit "Rote Couch"-Bildern berühmt geworden ist, hat nicht nur seinen Namen als Pate der neuen Gruppe gegeben, sondern er will mit den Jugendlichen auch Foto- und Filmprojekte umsetzen.

In den ersten drei Wochen haben sich die Jugendlichen der neuen Gruppe erst einmal an die neue Umgebung gewöhnen müssen, auch aneinander und an die Regeln im Raphaelshaus. "Einige haben bisher 23 Stunden am Tag stumpf in ihrer Zelle gesessen", berichtet Hoff. Jetzt haben sie sich beim Basketball- oder Fußballspiel getestet und auch Verantwortung beim Einkauf von Lebensmitteln übernommen. Rund um die Uhr ist mindestens ein Betreuer bei der Gruppe, so dass der Alltag strukturiert abläuft.

Neben Schulstunden sollen die jungen Männer auch handwerklich arbeiten lernen, dafür wird noch eine Zweiradwerkstatt eingerichtet. "Es geht darum, den Jungen eine Perspektive zu bieten, wie sie legal Geld verdienen können, damit sie nicht nach illegalen Wegen suchen", erklärt Björn Hoff. "Die Vorbereitung auf einen späteren Beruf ist ungemein wichtig, um Rückfälle zu vermeiden", betont Raphaelshaus-Direktor Hans Scholten. So sollen die Jugendlichen Lackierer, Schlosser, Maler, Industriekletterer oder Sanitäter lernen können.

Dabei komme es auch darauf an, dass die Jungen erfahren, dass ihre gute Arbeit und ihr Einsatz auch Wertschätzung erfahren. "Deshalb ist es für uns auch so wichtig, dass sich unsere Gruppen für die Gemeinschaft engagieren", weist Scholten zum Beispiel auf die Teilnahme des Raphaelshauses am Sauberhafttag und anderen Dormagener bürgerschaftlichen Aktionen hin.

Trotz aller Freiheiten, die die jugendlichen Straftäter erhalten, eins dürfen sie nicht: Das Haus selbst verlassen. "Das müssen sie lernen, auszuhalten", sagt Hans Scholten.

(NGZ)
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