Dormagen Senior am Snooker-Tisch

Dormagen · Aloys Engels steht mit 81 Jahren noch jeden Tag mit ruhiger Hand am Snooker-Tisch. Die bewegte Geschichte des Billard-Saals an der Johannesstraße – er war Tanzsaal und Box-Arena – hat der gebürtige Delrather miterlebt.

 Hoch konzentriert, mit der nötigen Ruhe, stößt Aloys Engels die Kugel mit dem Queue in die gewünschte Richtung.

Hoch konzentriert, mit der nötigen Ruhe, stößt Aloys Engels die Kugel mit dem Queue in die gewünschte Richtung.

Foto: HANS JAZYK

Er steht am Ende des Raums im Schummerlicht und kneift die Augen zusammen. Dann schiebt Aloys Engels das Queue ruhig über Daumen und Mittelfinger, und beugt sich über den Snooker-Tisch, bevor er die weiße Kugel wuchtig über den grünen Filz schießt. Aloys Engels ist nicht groß, aber drahtig, er sieht fit aus. Der Delrather kommt im Alter von 81 Jahren noch jeden Tag an die Johannesstraße, um drei Stunden lang zu spielen. Etwa vier Partien sind das. "Früher habe ich Carambolage gespielt, aber Snooker macht mir mehr Spaß", sagt er.

1945 das erste Mal am Tisch

"Früher", das ist 1945, das Jahr, in dem Aloys Engels das erste Mal an einem Billard-Tisch stand. Im Gasthof Linnartz sei das gewesen, erinnert sich der 81-Jährige, aber er klingt dabei nicht, als sei die Vergangenheit besser gewesen. Es ist eine Zeit, als Aloys Engels in die Lehre geht, er wurde Schneider bei Franz Davertzhofen. "Ein Meister, sieben Gesellen", erinnert sich Engels.

Der 81-Jährige hat sich inzwischen einen soliden Vorsprung herausgespielt. Erst muss eine rote Kugel versenkt werden, dann eine farbige, sieben Punkte bringt die schwarze Kugel. Ruhe zählt, es komme beim Anspielen der Kugel auf jeden Millimeter an. Aloys Engels schaut sich Snooker auch im Fernsehen an. "Ja, den O'Sullivan!", sagt er fast ein wenig bedächtig.

Aloys Engels kommt jetzt seit drei Jahren an die Johannesstraße, seitdem ist er Mitglied in der "Billardgemeinschaft Dormagen-Delrath". Der Weg ist nicht weit. In ein paar Minuten ist der Delrather in dem düstren Raum mit der wechselvollen Geschichte – auch die kennt der 81-Jährige: "Früher war das hier ein Tanzsalon." Er stand selbst als Mitglied des Vereins Sangeslust auf der Bühne, auf der heute die Carambolage-Tische stehen. Als zweiter Tenor habe er dort Volkslieder geschmettert.

Auch kennt Aloys Engels eine dunkle Geschichte des Raums an der Johannesstraße. "Später haben hier auch Boxkämpfe schwarz stattgefunden", sagt er. Die Männer von der Zinkhütte hätten die Begegnungen organisiert. Für einen Zentner Kartoffeln seien die Männer des Vereins für Faustkämpfer aus Neuss angereist. Seine Frau, erzählt er, habe er indes beim Dormagener Schützenfest kennengelernt. Einen Tag vor dem "Wunder von Bern" 1954.

Aloys Engels ist vielseitig, Handwerker von Herzen, er hat auch als Maurer gearbeitet. Klar, dass er bei der Gründung der Billardgemeinschaft fleißig mitgeholfen hat. "Ich habe die Gardinen gemacht und die Lampen aufgehängt", sagt der Vater eines Sohnes und zweier Töchter. Sein Spielpartner lächelt über den Tisch und sagt ein wenig ironisch: "Ich nenne ihn nur Lehrmeister."

(NGZ)
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