Dormagen Scholten gibt Straftäter nicht auf

Dormagen · Im Gefängnis in Iserlohn werden drei jugendlichen Straftäter weiter von Dormagener Pädagogen aus dem Raphaelshaus betreut. Die Jungen wurden verlegt, nachdem der Justizminister das Pilotprojekt gestoppt hatte.

 Zum Abschied aus dem Raphaelshaus legen am Freitag Gruppenleiter Björn Hoff, Pädagogin Barbara Decker, Direktor Hans Scholten (r.) und die drei Jungen ihre Hände übereinander.

Zum Abschied aus dem Raphaelshaus legen am Freitag Gruppenleiter Björn Hoff, Pädagogin Barbara Decker, Direktor Hans Scholten (r.) und die drei Jungen ihre Hände übereinander.

Foto: privat

Im neuen Anbau des Raphaelshauses ist es still. Die hellen Räume, in denen noch bis Freitag drei Jungen der Horst-Wackerbarth-Gruppe gearbeitet haben, liegen verwaist da. Denn nachdem das Justizministerium nach drei geflohenen Straftätern und Kritik der NRW-CDU das Pilotprojekt "Jugendvollzug in freien Formen" vorerst gestoppt hatte, wurden die drei jugendlichen Straftäter von Dormagen in die Justizvollzugsanstalt Iserlohn gebracht. Jetzt hofft Raphaelshausdirektor Hans Scholten, dass es sich nur um eine vorläufige Unterbrechung des Projektes handelt. "Die drei haben eine Chance verdient", sagt er und will weiter für die Jugendlichen kämpfen.

Gestern besuchte Scholten die Jungen im Alter von 15 und 16 Jahren, die wegen Diebstahls verurteilt worden sind, im Gefängnis in Iserlohn. Dort werden sie auch von Dormagener Pädagogen weiter betreut. Das war Scholten wichtig, wie er betont: "Ich habe mit Karl-Heinz Bredlow, dem Leiter der Justizvollzugsanstalt Iserlohn, abgestimmt, dass die drei Jungen die Arbeit mit meinen Mitarbeitern fortführen." Denn die drei verbliebenen Straftäter, denen es in Iserlohn "recht gut" gehe, seien sehr kooperativ. Jetzt schreiben die drei Jungen einen Brief an den Justizvollzugsbeauftragten, um darauf hinzuweisen, dass sie das Projekt fortführen möchten. "Sie fühlen sich ungerecht behandelt", so Scholten.

Das Risiko, dass einer der jungen Straftäter wegläuft, sei einkalkuliert worden, erklärte Peter Marchlewski, Sprecher des NRW-Justizministeriums, das die Jugendlichen ausgewählt hatte: "Damit muss man rechnen." Gestern kritisierte Erich Rettinghaus, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft: "Die in der Einrichtung tätigen Pädagogen lassen die Jugendlichen laufen und die Polizei muss sie wieder einfangen." Der Anstaltsleiter sei mit dem Fahrrad hinter den Flüchtenden hergefahren, um sie zur Umkehr zu bewegen. Aus dem Justizministerium hieß es, der Anstaltsleiter sei Pädagoge und kein Vollzugsbeamter. Eine Festnahme der Straftäter auf eigene Faust könne von ihm nicht erwartet werden. Er habe sich bemüht, die jungen Gefangenen aufzuhalten.

Scholten weist die Vorwürfe zurück. Er sei nicht den zwei 17-Jährigen, sondern am 1. September dem dritten geflüchteten Jungen (16 Jahre), der eine Woche darauf gefasst wurde, mit dem Fahrrad hinterhergefahren und habe ihm hinterhergerufen, zurückzukommen. Noch vom Rad aus habe er den Notruf 110 gewählt. "Doch die Polizei konnte mir aus Mangel an Einsatzkräften, die mit Randalierern beschäftigt waren, nicht helfen", sagt Scholten, der den über Hecken Springenden nicht mehr einholte.

(NGZ/url/top)
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