Dormagen Schellack-Hits erklingen im Phonomuseum

Dormagen · Morgen holt Volkmar Hess Raritäten aus seinen neuesten Aufkäufen und die Besucher können Musik und Abspielgerät bestimmen.

 Schellack-Experte Volkmar Hess (r.) freut sich auf das morgige "Schellack-Fest", bei dem reichlich Raritäten auf den Plattenteller gelegt werden.

Schellack-Experte Volkmar Hess (r.) freut sich auf das morgige "Schellack-Fest", bei dem reichlich Raritäten auf den Plattenteller gelegt werden.

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Für Volkmar Hess war es ein gefühlter "Secher im Lotto" als ihn der Anruf eines Bekannten erreichte. "Der bot mir seine komplette Sammlung mit Schellack-Schallplatten an", sagt der Inhaber des Internationalen Phono- und Radiomuseums an der Bahnhofstraße. "So etwas passiert einem ausgesprochen selten." Denn es ging immerhin um 2000 schwarze Scheiben, von denen sich der Mönchengladbacher Sammler aus privaten Gründen trennen wollte. "Ich habe sofort zugeschlagen", so Hess. Seine eigene Sammlung allein für den Bereich der Schellack-Platten umfasst inzwischen rund 30 000 Exemplare. Hinzu gekommen sind nun Raritäten aus den Bereichen Jazz, Swing und Rock'n'Roll. Eine ganze Reihe von ihnen will Hess nun morgen im Musikmuseum auflegen.

Eigentlich war ein Auftritt des Nievenheimer Sängers Michael Stamm geplant. "Er musste leider kurzfristig absagen", so Hess, weil sein neues Programm mit Chansons noch nicht ganz steht. Da kam der Blitz-Ankauf der Schellack-Sammlung gerade recht. So steigt morgen spontan ein "Schellack-Fest", das nach dem Motto funktioniert: "Die Gäste suchen die Platten aus, wir legen sie auf", erklärt Hess, der zusammen mit Helmut Dietsch das besondere Museum seit Jahren führt.

Als Hess die Sammlung durchstöberte, fand er Einmaliges: "Unter anderem hundert Platten von Louis Armstrong." Dem amerikanischen Star-Trompeter, der mit "What a wonderful world" einen Riesen-Hit landete. "Dabei sind Erstaufnahmen von ihm aus den 1920er-Jahren. Die sind noch ohne Mikrofon aufgenommen worden, weil es die noch nicht gab. Die Musiker spielten in einen Trichter hinein." Zu den Schätzen zählen auch Aufnahmen der Comedian Harmonists, der wohl ersten "Boy-Group" der Geschichte, die in den 1920/30er-Jahren Erfolge mit Liedern wie "Mein kleiner grüner Kaktus" oder "Veronika, der Lenz ist da" feierten, die noch heute bekannt sind. Hess fand auch eine Aufnahme des legendären italienischen Tenors Caruso ("La donna e mobile") oder Aufnahmen von Lilian Harvey, Willy Fritsch oder Heinz Rühmann. Aus dem Jazz-Bereich Schellacks von Glenn Miller und Benny Goodman - "Live aus der Carnegie-Hall" - und auch 40 Platten von Elvis Presley.

Was das Besondere an diesen Schellacks ist, erklärt Hess so: "Man muss die Technik dabei berücksichtigen. Wenn man eine seltene Caruso-Platte auf einem gut klingenden Grammophon hört, zum Beispiel von "His Masters Voice", dann ist das ein Genuss." Das Grammophon läuft ohne Strom, vielmehr muss das Federwerk aufgezogen und der Plattenteller per Hand bedient werden. "Ein sehr authentisches Hörvergnügen." Länger als drei Minuten dauert es allerdings auch nicht. Morgen Nachmittag können die Besucher im Phono- und Radiomuseum nicht nur die Musik auswählen, sondern auch, auf welchem Gerät die Scheiben abgespielt werden: auf einem solchen Grammophon oder einer elektrischen Anlage mit speziellem Saphir.

Für Hess ist es immer wieder erstaunlich, wie viele gerade auch jüngere Leute sich für diese Schellackplatten und die zum Teil 80, 90 Jahre alte Musik interessieren. Vor kurzem hat er den "Club der Grammophoniker" gegründet: "Der hat schon 600 Mitglieder, im Alter von 20 bis 55 Jahren."

(NGZ)
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