Dormagen Rock-Poetin bietet ein Konzert der Extraklasse
Dormagen · Früher waren ihre Hosen schwarz und meist aus Leder. Heute trägt sie weißes Leinen. Aber Ulla Meinecke ist sich treu geblieben und hat nichts von ihrer Kraft verloren. Das Publikum in der Kulturkirche mochte sie am Ende des Abends gar nicht gehen lassen.
Viele waren gekommen, um ihre Jugend noch einmal wach werden zu lassen. "Ihre Lieder haben mich in den Achtzigern durch eine sehr intensive Zeit begleitet. Auf der Suche nach mir selbst", sagt eine Zuhörerin. Sie hat eine CD mitgebracht aus jener Zeit. Die will sie später signieren lassen.
In den 1980er Jahren war Ulla Meinecke eine der erfolgreichsten deutschen Rock- und Pop-Sängerinnen. Ihre Lieder von damals singt sie heute noch gern - und sich damit immer wieder in die Herzen ihrer Fans: "Schlendern ist Luxus", "Süße Sünden", "Die Tänzerin" natürlich. Aber die 62-Jährige lieferte in der Kulturkirche nicht nur ein Potpourri aus Altbekanntem. Sie servierte dazu frische, zum Teil gerade erst auf ihrer Live-CD veröffentlichte Songs - und sie erzählte Geschichten, Anekdoten, Alltagsbeobachtungen. Sie war poetisch und charmant, nachdenklich und komisch. Ihre Schuhe musste sie aber erstmal wechseln, kaum dass sie auf der Bühne war. "Neue Schuhe - ich bin sicher, der sie gemacht hat, hasst Frauen", sagte sie und tauschte Pumps gegen Keilabsatz.
Das Phänomen Selfie war eins ihrer Themen. Die Handy-Selbstporträts und die Selbstinszenierung im Netz, brächten die Jugend dazu, den dreißigsten Geburtstag für eine Nahtoderfahrung zu halten. "Und ran geht's ans Anti Aging. Aber das hat ein schmutziges Geheimnis: Es hilft nicht! Anti-Aging ist ungefähr so sinnvoll wie eine Katzenklappe im U-Boot", stellte sie fest.
Dann sang sie ihren kernigen Blues: "Ich bin zu alt. Zu alt für das Showgeschäft. Zu alt für die Bühne." Das allerdings war glatt gelogen. Ulla Meinecke begeisterte mit ihrer samtigen Stimme und ihrer poetischen Sprache und war keineswegs "zu alt mir den Text zu merken", wie es im Lied heißt. Begleitet wurde sie von den Multi-Instrumentalisten Ingo York und Reinmar Henschke. In Soli zeigte jeder Einzelne, was er drauf hat: Gitarrist York und Henschke am Keyboard begeisterten das Publikum mit Instrumental-Passagen. Meinecke an der Front sowieso.
Sie outete sich als Fan des Singer-Songwriters Marc-Cohen und lieferte eine wunderbar locker-lässige Interpretation seines Welthits "Walkin' in Memphis". Ulla Meinecke und Band lieferten ein Konzert der Extraklasse und man möchte sie zum Bleiben anhalten - "wenn schon nicht für immer, dann wenigstens für ewig".