Rad-Serie im Rhein-Kreis Richtig Fahrradfahren lernen

Rhein-Kreis · Sich mit dem Rad fortzubewegen, will als Kind erst gelernt werden. Fahrradfahren können ist – nach Laufen- und Sprechenlernen – der dritte Meilenstein in der kindlichen Entwicklung. Den richtigen Zeitpunkt dafür gibt es nicht.

 Fahrradfahren lernen ist gar nicht so einfach: Noch hilft Sabrina Blume ihre Tochter Alisa (3,5 Jahre) dabei, auf dem Fahrrad die Balance zu halten. Aber die Stützräder konnte die Familie schon abmontieren.

Fahrradfahren lernen ist gar nicht so einfach: Noch hilft Sabrina Blume ihre Tochter Alisa (3,5 Jahre) dabei, auf dem Fahrrad die Balance zu halten. Aber die Stützräder konnte die Familie schon abmontieren.

Foto: Dieter Staniek

Maximilian war viereinhalb, als er mit dem 16-Zoller-Puky-Rädchen zum ersten Mal ganz ohne elterliches Festhalten über den Garagenhof flitzte. Heute ist der Sechsjährige auf seinem nagelneuen Zweirad kaum mehr zu bremsen. Alisa (3,5) fährt seit Ostern erst Fahrrad, Kaliber 12 Zoll, und noch etwas wackelig, aber „sie hat darauf bestanden, dass wir die Stützräder schon abmontieren“, sagt Mutter Sabrina Blume lachend. Fahrradfahren – nach Laufen- und Sprechenlernen der dritte Meilenstein in der kindlichen Entwicklung.

Den einen, allgemeingültig richtigen Zeitpunkt dafür gibt es nicht, sagt Kinderärztin Sonja Vatheuer, selbst dreifache Mutter. „Wir sehen eine breite Spanne bei motorischen Entwicklungen, jedes Kinds hat seinen eigenen Moment, wann es soweit ist“, berichtet Vatheuer. Motivation und Interesse des Kindes seien ausschlaggebend dafür, ob der Einstieg ins Radeln gelingt – meist im Alter von drei oder vier Jahren. Die Grundlagen aber werden schon früher gelegt, denn motorische Geschicklichkeit und Gleichgewicht gewinnen Kleinkinder schon beim Rollern und Laufradfahren.

 Maximilian Schenk (6) zeigt, wie er auf seinem neuen Fahrrad mit den Füßen auf den Boden kommt. Beim richtigen Radeln kommt es auch auf die richtige Einstellung von Sattel und Lenker an.

Maximilian Schenk (6) zeigt, wie er auf seinem neuen Fahrrad mit den Füßen auf den Boden kommt. Beim richtigen Radeln kommt es auch auf die richtige Einstellung von Sattel und Lenker an.

Foto: Dieter Staniek

Letzteres, meint Marcus Blum, erleichtere den Umstieg aufs erste eigene Fahrrad und mache den Einsatz von Stützrädern häufig überflüssig. „Firmen wie Puky liefern heute keine Stützräder mehr mit, weil die meisten Kinder vom Laufrad her schon Koordination und Gleichgewicht mitbringen“, schildert Blum seine Beobachtungen über die vergangenen Jahre. Der Inhaber des Fahrrad-Fachmarkts Rufa Sport rät zum Rad-Einstieg in der kleinsten verfügbaren Größe, 12 Zoll: „Die Kinder kommen dann mit der kompletten Fußsohle auf den Boden, und das gibt Sicherheit, auch wenn die Fahrweise aussieht wie der berühmte Affe auf dem Schleifstein.“ Das kleine Rad, sagt Blum, sei „ein Spielzeug, kein ernstzunehmendes Fahrrad, mit dem man Strecke macht“. Sportlich unterwegs seien Kinder etwa ab dem Schulalter, „dann ist der motorische Lernprozess abgeschlossen“.

 Der richtige Sitz von Alisas Fahrradhelm wird überprüft.

Der richtige Sitz von Alisas Fahrradhelm wird überprüft.

Foto: Dieter Staniek

Und dann reicht es aus, wenn die Kinder – ganz wie Erwachsene – nurmehr mit den Fußspitzen den Boden berühren, wenn sie im Sattel sitzen. Wichtigste Ausstattung jedes kindlichen Radlers ist natürlich der Helm, unterstreicht der Experte. Der muss sitzen: Im Idealfall waagerecht auf dem Kopf, mit genug Platz zwischen Kinn und Riemen, das Ohrdreieck individuell eingestellt. „Nicht nach Preis oder Optik kaufen, sondern vom Fachmann anpassen lassen, damit der Kopf wirklich gut geschützt ist“, rät Blum.

 Gar nicht so einfach: Maximilian fährt souverän durch den Slalom-Parcours.

Gar nicht so einfach: Maximilian fährt souverän durch den Slalom-Parcours.

Foto: Dieter Staniek

Nun ist die Beherrschung des Rads nur die halbe Miete – jetzt geht es ans sichere Bewegen im Straßenverkehr. Treten, lenken, bremsen, geradeaus schauen, rechts und links – all dies gleichzeitig zu tun, überfordert Kinder im Verkehr noch häufig bis weit ins Grundschulalter hinein. Grundlegende Erfahrungen im Umgang mit anderen Verkehrsteilnehmern machen Kinder schon von dem Moment an, in dem sie laufen können. „Wir raten Eltern deswegen dazu, mit Kindern viel zu Fuß unterwegs zu sein, damit sie lernen, Geschwindigkeiten abzuschätzen“, sagt Kinderärztin Sonja Vatheuer.

Schon Kindertagesstätten integrieren die Verkehrserziehung in den Alltag, zum Beispiel bei Ausflügen. So richtig los geht’s dann in der Grundschule, wo die Radfahrausbildung laut Landesschulministerium „in NRW das Kernstück schulischer Verkehrserziehung“ ist. „Wo sind kritische Stellen im Umfeld der Schule, was bedeuten die Verkehrsschilder“, nennt Renate Zündorf, Leiterin der Zonser Friedrich von Saarwerden-Grundschule, einige der Inhalte, die im Sachunterricht behandelt werden. Über die gesamte Grundschulzeit sei „die Erziehung zur Verkehrssicherheit fest im Lehrplan verankert“, so die Rektorin. Dabei unterstützt die Verkehrspolizei.

Das Ziel ist, dass alle Kinder vor  dem Übergang zur weiterführenden Schule die Radprüfung in der vierten Klasse bestehen. Neben der abgefragten Kenntnis von Verkehrszeichen und -regeln ist die praktische Prüfung mit Umfahren von Hindernissen, Anfahren im Verkehr, Rechtsabbiegen eine Hürde. „Es ist nicht selbstverständlich, dass ein Kind besteht“, so Zündorf. Tendenziell beobachtet sie eine wachsende Gruppe von Kindern, die „motorisch unsicher sind“. Aufgabe der Eltern, zu fördern und nachzuarbeiten.

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