Dormagen Prozess um Tod im Hotel ohne Publikum fortgesetzt

Dormagen · Unter Ausschluss der Öffentlichkeit hat das Landgericht gestern den Prozess gegen einen Marketing-Berater (41) fortgesetzt. Laut Totschlags-Anklage soll er im Januar ein Callgirl (25) in der Suite eines Nobel-Hotels im Hafen erstochen haben, weil die Frau seinem Drängen zu einer Abkehr vom Rotlicht-Milieu und einer gemeinsamen Zukunft nicht folgte.

Als gestern die 39-jährige Ex-Freundin des Angeklagten als Zeugin auftrat, schickte das Gericht mit Rücksicht auf ihr Privatleben alle Zuschauer vor die Tür. Und bis zum nächsten Verhandlungstag sollen die Prozessteilnehmer große Teile der Gerichtsakte insgeheim durchlesen. Auch daraus wird die Öffentlichkeit kein Wort erfahren.

Der Angeklagte, der sich bei dem umschwärmten Callgirl als millionenschwerer, krebskranker Gönner ausgegeben haben soll, war in der Tatnacht in die Türkei geflüchtet, hatte sich Tage später den Behörden gestellt und sagt seitdem kein Wort mehr. Zuvor hatte er in Mails an Polizei und Presse beteuert, er habe in der Tatnacht einen Einbrecher in der Suite überrascht, der habe die Frau tödlich verletzt, 25 000 Euro gestohlen und sei trotz Gegenwehr des Angeklagten entkommen. Da der Angeklagte nun auch zum Lebenslauf keine Angaben macht, ist das Gericht auf Zeugen aus seinem früheren Umfeld angewiesen. Seine Ex-Freundin, die einst angeblich ebenfalls im Rotlicht-Milieu tätig gewesen sein soll, durfte gestern zum Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte hinter verschlossenen Türen aussagen. Sie soll über den Angeklagten, dem sie zutiefst dankbar sei, kein böses Wort verloren haben.

Im Selbstleseverfahren müssen alle Berufs- und Laienrichter bis zum 10. August erhebliche Teile der Gerichtsakte durchlesen, den übrigen Prozessbeteiligten wurde dies empfohlen. Bekannt wurde gestern, dass der Angeklagte eine Vorab-Überweisung von 500 000 Euro aus seinem versprochenen Erbe an den Vater des Callgirls einst beim Sparkassen-Verband Rheinland über einen "Thomas Muster" abgewickelt haben will. Ermittlungen ergaben, dass es diesen Zeugen nie gab. Das dem Callgirl versprochene Geld kam nie auf dem Konto ihres Vaters an. Der Gerichtsvorsitzende Rainer Drees erklärte, dass diese kurz vor der Tat behauptete Überweisung für die Richter zum zentralen Punkt werden könnte. Am 10. August geht der Prozess weiter.

(NGZ/url)
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