Sechs Jahre nach der Brandstiftung Ab Samstag freie Fahrt über neue A57-Brücke

Dormagen · Der Landesbetrieb Straßen NRW gibt die neu gebaute A57-Brücke bei Dormagen frei, der Verkehr kann dann wieder ungehindert auf insgesamt vier Streifen laufen. Sechs Jahre nach der Brandstiftung fehlt von den Tätern jede Spur.

 Sechs Jahre nach dem Brand soll das Teilstück der Autobahn 57 bei Dormagen-Nievenheim am Wochenende wieder völlständig für den Verkehr freigegeben werden.

Sechs Jahre nach dem Brand soll das Teilstück der Autobahn 57 bei Dormagen-Nievenheim am Wochenende wieder völlständig für den Verkehr freigegeben werden.

Foto: Bauch, Jana (jaba) / Krebs, Andr

Vor allem für die Pendler, die täglich zwischen Krefeld und Köln diese Stelle passieren, ist es eine gute Nachricht, auf die sie lange warten mussten. Denn vor sechs Jahren, im Frühjahr 2012, wurde die A 57-Brücke bei Dormagen-Nievenheim komplett abgerissen, weil sie nach einer Brandstiftung stark einsturzgefährdet war. Für 8,5 Millionen Euro ist ein neues Brückenbauwerk entstanden, das auf die Zukunft hin gebaut wurde: Wenn der sechsstreifige Ausbau der A 57 diese Stelle erreicht, dann ist die Brücke mit jeweils drei Fahrspuren in Richtung Krefeld und Köln bereits darauf vorbereitet. Am Samstagmorgen gibt es letzte Fahrbahnmarkierungen, ehe danach "freie Fahrt" herrscht. "Außer wenn es regnet, dann können wir nicht markieren und wir werden später fertig", sagt Projektleiter Simon Wieler.

Über hundert Spuren

In die allgemeine Erleichterung über die Fertigstellung mischt sich aber auch Unzufriedenheit. Bis heute sind die Täter nicht gefunden, die in jener Nacht den Brand auslösten, in dessen Folge bei einer Massenkarambolage ein Mensch starb und 13 weitere zum Teil schwer verletzt wurden. Es wurde vermutet, dass es womöglich Jugendliche waren die unter der Brücke den Stapel mit Kunststoffrohren angezündet hatten, ohne sich über die Tragweite bewusst gewesen zu sein. Denn die schwarzen Rauchschwaden, die gegen Mitternacht vom 13. auf den 14. Februar 2012 in die Höhe stiegen, hüllten die Brücke komplett ein.

In diese Rauchwand fuhren 15 Pkw und sechs Lastwagen, die urplötzlich ohne jegliche Sicht waren und kollidierten. Ein 29-Jähriger aus Jüchen starb. Den Sachschaden - ohne Brücke - schätzte die Polizei auf 500.000 Euro. "Wir sind über hundert Spuren nachgegangen", sagt Staatsanwalt Matthias Ridder, "aber es hat sich leider kein konkreter Tatverdacht ergeben." Ihm zufolge wurde in dem Fall "ein Aufwand betrieben wie bei einem vollendeten Tötungsdelikt".

Über 100 Personen im Visier

Zwar konnten bei den Ermittlungen "im Fahrwasser ein paar Delikte aufgeklärt werden", aber einen durchgreifenden Erfolg landete die Ermittlungskommission "A 57" nicht, die vier Monate nach dem Brand wieder aufgelöst wurde. Der Aufwand für die Tätersuche war enorm: Fachleute stellten das Brandverhalten der Rohre nach, LKA-Experten zeichneten den Tatort mittels 3-D-Technik auf, nahmen jedes Detail unter die Lupe. Polizeibeamte verteilten mehr als 500 Fahndungsplakate in der näheren Umgebung und befragten Passanten und Anwohner. Auch Profiler des LKA waren involviert. "Über 100 Personen gerieten ins Visier der Fahnder, es wurden Alibis überprüft", so der Staatsanwalt.

Kritik gab es an der vermeintlich zu geringen Belohnung von 1500 Euro. "Diese Höhe ist in solchen Fällen üblich", sagt Ridder. "Ob eine höhere Summe etwaige Mitwisser dazu bewegen würde, etwas zu verraten, ist Spekulation." Die Behörden geben allerdings offen zu, dass sie lange geglaubt und gehofft haben, dass sich jemand aus dem Täter-Umfeld mit Blick auf die Belohnung melden würde. Auf den oder die Täter kämen beträchtliche finanzielle Forderungen in Millionen-Euro-Höhe zu, sagte der Staatsanwalt. "Zivilrechtlichen Forderungen könnte man sich auch durch eine Privatinsolvenz nicht entziehen."

Trauriger Rekordhalter

Der notwendige Neubau hat lange gedauert, weil das Projekt beim Landesbetrieb keine höchste Priorität hatte. Der Verkehr lief in den Jahren reibungslos, denn bereits zum Start in den Osterurlaub konnten die Autofahrer die zuvor sieben Wochen lang gesperrte Brücke dank zweier Behelfsbrücken ab Karsamstag 2012 wieder befahren. Bis heute wurde kein einziger relevanter Unfall in diesem Bereich notiert. Dabei floss reichlich Geld in die Kasse des Rhein-Kreises Neuss, der von den Einnahmen der Tempo-Kontrollen profitierte.

Genaue Zahlen gibt es keine, weil diese Einnahmen laut Aussage der Pressestelle nicht gesondert aufgelistet werden. Ein Beispiel: Bei 39 Messeinsätzen erwischte die Autobahnpolizei im Jahr 2016 die Rekordzahl von 8799 Autofahrern, die sich nicht an die Höchstgeschwindigkeit von Tempo 80 in Höhe der Autobahnraststätte Nievenheim gehalten haben, ein paar hundert Meter vor der Brücke selbst, die bis Samstag nur mit Tempo 60 befahren werden darf. Trauriger Rekordhalter ist ein Autofahrer, der mit Tempo 163 geblitzt wurde.

Unter dem Eindruck der Geschehnisse sprach der Landesbetrieb Straßen NRW kurz nach dem Brand zunächst von einem Brückenneubau noch im selben Jahr, korrigierte dieses Zeitfenster wenig später auf 2014. Beim Baubeginn im April wurde eine Fertigstellung im Herbst 2017 versprochen. Kosten: 8,5 Millionen Euro, inklusive der beiden Behelfsbrücken. Diese Kosten nennt der Landesbetrieb noch heute, trotz witterungsbedingter Bauverzögerungen und weil zwei Mal die Arbeiten unterbrochen werden mussten, da im Erdreich Weltkriegsbomben vermutet wurden. Diese Annahmen bestätigten sich aber nicht.

(schum)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Nix zu knöttern
Sprachforscher erklärt Kult-Begriffe aus dem Ruhrgebiet Nix zu knöttern